Dunkle Schatten (German Edition)
Gruß von Honsa.« Eine
Hand stopft ihm einen Fetzen in den Mund, und von allen Seiten prasseln
Schläge, Tritte und Hiebe auf den Wehrlosen ein. Binnen Sekunden wird Erharter
bewusstlos und stürzt in ein endloses schwarzes Loch. Der Spuk endet so rasch,
wie er begann. Niemand der übrigen Mieter bemerkt den heimtückischen Überfall.
Sonntag, 26. September 2010
Das anfängliche Aufsehen und der mediale Aufruhr, den die Massakerfotos
auf FNews ursprünglich ausgelöst haben, ebben kontinuierlich ab, was in
einer Zeit der totalen Überinformation und Reizüberflutung nicht verwunderlich
ist. Die Mehrheit in der öffentlichen Meinung und in der Mediengesellschaft ist
oft viel zu schnell besänftigt und wendet sich rasch anderen Themen zu. Im
Untergrund, unsichtbar für Außenstehende, gärt es dafür gewaltig.
Kokoschansky kann es nur recht sein, so gewinnt er Zeit, sich immer
tiefer in die Materie einzuarbeiten und einzulesen. In Mitnicks Refugium liegen
auf einem großen Tisch drei Stapel. Einer mit den Unterlagen aus Salvatore
Madeos Villa, einer mit Pankers Ermittlungsergebnissen und der Dritte mit den
Abhörprotokollen von Pointinger sowie von Konschak. Dazu noch die Videos aus
dem Wächterhaus in Montenegro, die der Journalist kurzerhand einsackte, als er
sich aus dem Staub gemacht hatte.
Lena, Kokoschansky und Mitnick schwirren die Köpfe, wobei es den Hacker
noch am besten getroffen hat. Er muss sich nur um seine Computer kümmern,
versuchen, Wege zu finden, um virtuell einbrechen zu können, und Passwörter
knacken, während die beiden aus dem Material, das sie bisher durchackern
konnten, die richtigen Zuordnungen und Verbindungen schaffen. Eine wahre
Sisyphusarbeit in einem Gewirr von Firmenverflechtungen, Tochtergesellschaften
und obskuren Stiftungen, die allesamt nur wegen optimaler Gewinnmaximierung für
die Betreiber und deren Hintermänner gegründet wurden, vorbei an der Steuer,
sämtliche Gesetzeslücken ausnutzend und mit hohem kriminellen Potenzial
ausgestattet.
»Für mich ergeben sich derzeit drei wesentliche Punkte«, denkt
Kokoschansky laut. »Wenn wir wissen, was es wirklich mit Bortners Tod auf sich
hat, sind wir wahrscheinlich einen großen Schritt weiter. Das Gleiche gilt für
die Vorgänge in Nazeem al-Qatrs Haus, und ich würde gerne das Autowrack von
Marius Höger sehen.«
»Pfff«, lässt Mitnick Dampf ab, »ich glaube, dass es wohl am einfachsten
ist, etwas über Bortner herauszubekommen. Bisher konnte ich nicht viel
zumindest für uns Brauchbares aus seinem PC in der Staatsanwaltschaft herausholen,
auch nichts Verwertbares im System des Justizministeriums. Auf der Suche nach
seinen privaten Rechnern bin ich bisher nur ins Leere gelaufen, aber ich bleibe
natürlich dran.«
»Auf keinen Fall, Koko, was immer du auch jetzt ausheckst«, wehrt Lena ab
und stemmt die Hände in die Hüften, »wirst du mir in die Araberbude eindringen.
Das ist viel zu gefährlich. Du hast gehört, was unsere Leute darüber für eine
Meinung haben. Und die Idee mit dem Wrack halte ich für absoluten Schwachsinn.
Das ist doch längst verschrottet.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, hält Kokoschansky dagegen. »Nimm doch
nur einmal das Unfallauto von Lady Di her. Wie lange liegt ihr Tod zurück? Bis
heute tauchen regelmäßig Gerüchte auf, das Auto wäre noch immer vorhanden und
wird irgendwo versteckt. Höger war doch in seinen Kreisen in Kärnten nahezu
gottgleich. Ich glaube, es wird sicherlich einen Menschen geben, der in einer
Scheune, Schuppen, wo auch immer, dieses Wrack noch aufbewahrt. Als Reliquie,
Devotionalie, mein Gott, es gibt doch genügend Verrückte. Ich halte das nicht
für besonders abwegig.«
»Mag sein«, Mitnick ist ebenfalls nicht überzeugt, »wahrscheinlich der
einfachste und vor allem nutzbringendste Weg ist, an Bortners Familie
ranzukommen, um vielleicht da einiges an Informationen holen zu können.« Der
Hacker steht auf, massiert seinen Nacken und drückt das Rückgrat durch. »Leute,
ich muss mal raus an die frische Luft, ein bisschen die Beine vertreten. Dann
fahre ich rüber zu McDonalds, mir hängt der Magen in den Kniekehlen. Soll ich
euch etwas mitbringen?«
Lena und Kokoschansky verziehen die Gesichter und lehnen dankend ab. Für
sie ist es unerklärlich, welche Unmengen Junkfood Mitnick in sich hineinstopfen
kann und dennoch schlank bleibt.
»Lass dir ruhig Zeit«, sagt Kokoschansky, »wir haben genug zu tun. Uns
wird bestimmt nicht
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