Dunkle Schatten (German Edition)
kroatische Inlandsgeheimdienst, haben sich bereits zu Wort
gemeldet und hängen sich rein. OLAF haben wir beide schon die längste Zeit an
der Backe.«
»Und was konnte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung bisher
herausfinden, geschweige denn uns ankreiden?« Schloimo bleibt weiterhin
gelassen und raucht genüsslich vor sich hin. »Nichts. Ich verstehe deine Unruhe
nicht, Adi. Mich interessiert vielmehr, wer dieses grauenhafte Morden in
Montenegro überlebt hat, ungeschoren herausgekommen ist und diese Fotos ins
Netz gestellt hat. Die Interpretation im Kommentar, als die Leiche in der
schwarzen Kampfmontur zu sehen war, es handle sich möglicherweise um eine
Abrechnung im internationalen Drogenbusiness, klingt glaubwürdig, zumal der
Junge vor seinem Tod noch El Chapo gesagt haben soll. Joaquin Archivaldo Guzmán
Loera ist ein Gemetzel dieses Ausmaßes jederzeit zuzutrauen, beantwortet aber
noch lange nicht meine Fragen. Ich glaube nicht, dass ein Angehöriger der
Nammoliti-Familie oder einer der Leibwächter es geschafft hat, am Leben zu
bleiben. Und wenn, weshalb sollte er Fotos veröffentlichen? Damit hätte er das
Schweigegelübde omertá gebrochen und wäre vogelfrei. Es würde keinen Sinn
ergeben.«
»Es ist sehr eigenartig«, wirft Mannsbergkh-Souilly ein, »dass diese
mysteriösen FNews in Österreich gestartet wurden. Der Beitrag ist nur
mit FNews -Redaktion gezeichnet, kein Name, kein Hinweis.«
»Auch im Impressum der Seite findet sich nichts«, stimmt Schloimo mit dem
Grafen überein, »außer einer Verarschung. Eine Firma namens Dummgelaufen mit
der Adresse Panama City Beach FL 36704 und eine Faxnummer, die andauernd
besetzt ist, zeichnet für den Webauftritt verantwortlich. Das ist getürkt, dort
steht nicht der Server. Sicherlich ist der irgendwo am anderen Ende der Welt zu
finden.«
»Vielleicht steckt diese Hackergruppe Anonymous dahinter?«
»Ich weiß es nicht, Adi. Zumindest haben sie offiziell dementiert, damit
nichts zu tun zu haben. Auch WikiLeaks ist aus dem Rennen.«
»Oder die Fotos wurden diesen FNews zugespielt?«
»Sicherlich eine Möglichkeit, aber ich glaube es nicht. Dahinter stecken
Journalisten, die etwas aufdecken wollen. Doch wie kommen Berichterstatter oder
ein Reporter an Salvatore Madeo heran? Die Mafia spricht eher mit dem Teufel
persönlich als mit solchen Leuten. Auch Daramci ć konnte kein Interesse haben. Außer vielleicht in einem Ausnahmefall, den
wir noch nicht kennen.«
»Siehst du, Markus, das meine ich doch die ganze Zeit. Verstehst du jetzt
meine Bedenken?«
»Adi, wir beide sind dermaßen abgesichert.« Schloimo legt Mannsbergkh-Souilly
die Hand auf dessen Arm. »Da ist alles wasserdicht. Nimm als Beispiel dich.
Alle, die bisher versuchten, dir etwas anzuhängen, sind gescheitert.«
»Allerdings saß ich bereits zweimal in Untersuchungshaft.«
»Und«, lächelt Schloimo hintergründig, »hat es dir tatsächlich geschadet?
Nein. Deine Reputation war nur kurzfristig angeschlagen, und die
Haftentschädigung war schließlich auch nicht von Pappe, oder? Heute genießt du
längst den Status des Unantastbaren.«
»Wo steckt eigentlich Tilman Hannover?«
»Auch er hat bereits diese Fotos gesehen und mich sofort angerufen. Er
wird in den nächsten Tagen nach Wien kommen. Wenn es so weit ist,
benachrichtige ich dich, und wir drei führen ein nettes Gespräch.«
»Gehst du zu Bortners Beerdigung?« Mannsbergkh-Souilly nippt an seinem
Cognac.
»Wenn ich eingeladen werde, sage ich wegen beruflicher Verhinderung ab.
Zu riskant. Journalisten werden bestimmt den Begräbnistermin herausfinden, und
die Polizei wird sicherlich auf dem Beobachtungsposten sein, um zu sehen, wer
kommt. Außerdem konnte ich Bortner nie leiden.«
»Ich habe, ehrlich gesagt, ziemliches Muffensausen, dass Midas nicht mehr
lange durchhält und umkippt«, wieder greift der Graf zum Glas, »dann gute Nacht
…«
»Ach«, wischt Schloimo sämtliche Bedenken vom Tisch, »der hält, weil er
muss. Das Bürschchen hängt an meiner Leine. Komm, jetzt genieße noch einen
Cognac, und dann mischen wir uns wieder unter die Leute. Genieße einfach den
Abend, und lass mal alle viere grade sein.«
*
Kokoschansky hält das Fernglas an seine Augen. »Schön musst du nicht
sein, blöd kannst du sein. Nur manchmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Und das sind wir, meine Herren.«
»Das glaube ich jetzt nicht.« Petranko ist völlig von der Rolle.
»Gib schon her das Ding«, fordert
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