Dunkle Schatten (German Edition)
verdienen möchten. Ein wohlgefülltes Kuvert da, eine lang gewünschte
Reise für einen anderen, und die Sache ist aus der Welt.«
»Und seine Familie?« Tilman Hannover ist ehrlich verblüfft.
»Denen war es nur recht«, klärt Schloimo ihn auf, »sie wollten ihre Ruhe
und waren nur daran interessiert, dass sehr schnell Gras über diese
Angelegenheit wächst. Die Geschäfte laufen weiter, wenn auch jetzt unter
anderen Voraussetzungen und Bedingungen.«
»Das verstehe ich alles«, der Berliner kann nur schwer sein Erstaunen im
Zaum halten, »aber es gibt genügend Journalisten, die noch immer heiß darauf
sind, Högers Tod lückenlos aufzuklären. In Österreich können sie zurückgepfiffen
werden, das ist nicht neu. Aber SPIEGEL- und FOCUS-Leute oder die Macher von
Monitor und anderen Magazinen lassen sich nicht gängeln. Schon gar nicht von
Ösis.«
»Wenn ihnen das Objekt ihrer Begierde abhandengekommen ist, können sie
auch nur wie alle anderen mit Wasser kochen und müssen sich mit allen möglichen
Verschwörungstheorien begnügen«, stellt Mannsbergkh-Souilly lakonisch fest,
»und mein Weiher ist tief genug.«
»Wer hat eurer Meinung nach für Högers spektakulären Abgang gesorgt?«,
will Hannover es genau wissen.
»Auf wen tippst du?«, lautet Schloimos Gegenfrage.
»Die al-Qatrs. Nazeem auf Befehl seines Vaters.«
»Salvatore Madeos Tod ist die große Unbekannte in unserem Spiel. Die
Nammoliti-Familie wird wer anderer weiterführen und nachdem wieder Ruhe
eingekehrt ist, können wir weiterhin mit der `Ndrangheta zusammenarbeiten. Das
Problem ist dieses Interregnum. Die italienischen Antimafia-Staatsanwälte
werden zusammen mit den Kroaten, die besonders an Daramci ć interessiert sind, mit meinen Landsleuten, aber sicherlich auch mit den
Österreichern alles umkrempeln, und da lege ich nicht meine Hand ins Feuer,
dass nicht einiges ans Tageslicht kommt, was uns kräftig in die Suppe spuckt.
Die `Ndrangheta steckt diesen unliebsamen Zwischenfall, mehr ist es für sie
nicht, locker weg. Diese Organisation wurde immer unterschätzt. Klammheimlich
ist sie zur mächtigsten Mafia in Europa aufgestiegen, zieht auch weltweit die
Fäden. Stärker als Camorra und Cosa Nostra jemals waren. Ausgenommen die
Triaden, die in einer noch höheren Liga spielen. Es wird auch für uns der Tag
kommen, an dem wir uns mit den Schlitzaugen an einen Tisch setzen müssen, wenn
unser Projekt eines Schatteneuropas weiterhin Bestand haben soll. Madeos Tod
ist mir im Grunde egal, aber dass jemand Fotos aus dem Innern schießen konnte
und sie auch noch ins Internet stellt, stinkt mir gewaltig. Eigentlich ist es
nur logisch, dass dieser Unbekannte auch hinter diesen ominösen FNews steckt.«
»Ich weiß«, sagt Schloimo, »es gibt inzwischen eine vielversprechende
Spur. Mehr kann ich noch nicht darüber verraten …«
*
Lena hält die Stellung bei Mitnick, während Kokoschansky zu Alfred Cench
aufgebrochen ist. Zwar hat der heute seinen freien Tag, aber nachdem er die
Nachricht erhielt, dass Erharter übel mitgespielt worden war, fuhr er sofort
ins Büro, um nachzuforschen, was wirklich Sache ist.
Lena blättert in den Unterlagen des Privatdetektivs Wolfram Panker, der
bald ihr neuer Chef sein wird. Tatsächlich ist der Name des geheimnisvollen
Auftraggebers, wie Panker es gesagt hat, auf unterschiedlichen Papieren sehr
sorgfältig geschwärzt. Natürlich plagt Lena die Neugier, hält das eine oder
andere Blatt gegen das Licht, doch vergebens. Je mehr sie sich einliest, umso
empörter wird sie, was hier schwarz auf weiß zu lesen ist, mit welcher
Unverfrorenheit Midas, Ährenbach und Sauslinger fuhrwerken, sich um keinerlei
Gesetze scheren und sich gebärden wie absolutistische Herrscher, denen das Land
gehört. Besonders Kurt-Friedrich Midas tritt mit einer Selbstherrlichkeit,
Arroganz und Selbstgefälligkeit auf, die geradezu krankhaft ist. Plötzlich
sticht ihr ein Papier ins Auge, bei dem Panker schlampig war. Im Gegensatz zu
den anderen geschwärzten Stellen, alle mit dem PC durchgeführt, ist der Name
nur oberflächlich mit einem dicken Filzstift durchgestrichen. Lena sucht nach
einer Lupe, zieht die Schreibtischlampe tiefer, und tatsächlich kommen
Buchstaben, wenn auch schwach, aber trotzdem erkennbar, zum Vorschein. Sie
buchstabiert vor sich hin und schreibt auf einen Notizblock: C, O, R, N, E, L,
I, U, S, R, Ü, G, G, E, L, E – Cornelius Rüggele.
Das ist also der geheimnisvolle Auftraggeber, der KFM
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