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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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Kokoschansky
ist ein fürchterlicher Morgenmuffel.
    »Sie sind da«, flüstert Lena.
    »Diese vertrottelten Arschlöcher wollen es tatsächlich wissen«, knurrt
Kokoschansky und rappelt sich hoch. »Von mir aus. Wenn sie Krieg haben wollen,
kriegen sie ihn auch. Öffne du ihnen. Halte sie ein bisschen hin. Ich muss noch
rasch telefonieren.«
    »Polizei! Aufmachen!«, brüllt draußen eine kräftige Männerstimme.
    »Ja doch! Komme schon!«, schreit der Journalist zurück.
    Lena wirft sich ihren Morgenmantel über, schlurft barfuß und mit
zerzausten Haaren zur Türe, guckt durch den Spion. Einige zivile und mehrere
uniformierte Beamte haben sich davor aufgepflanzt. Natürlich sind Lackner und
Erharter vom BKA dabei, doch keiner ihrer Kollegen von der Polizeiinspektion
ist darunter, was sie ein bisschen beruhigt. Es reicht, wenn diese Leute
wissen, wie sie und Kokoschansky wohnen. Sie sperrt die beiden Schlösser auf,
löst die Sicherheitskette und öffnet.
    »Hausdurchsuchung«, schnarrt Lackner bestimmt, »gehen Sie zur Seite und
lassen Sie uns rein!«
    »Ohne Durchsuchungsbefehl? Ohne richterlichen Beschluss, Kollege?«,
spielt Lena überrascht und zeigt sich völlig unbeeindruckt, verstellt der
Polizistenmeute die Tür und will dadurch Kokoschansky Zeit verschaffen.
Insgeheim kann sie sich denken, was er im Schilde führt.
    »Kollege?«, Lackner runzelt die Stirn. »Soviel ich informiert bin, sind
Sie eine Uniformierte, und ich gehöre dem BKA an.«
    Der Typ ist wahrlich keine Leuchte, denkt Lena, behält es aber
wohlweislich für sich. Diese lächerlichen Standesdünkel innerhalb der
Polizeihierarchie sind unglaublich, und keine Reform und keine Evaluierung
werden jemals diese kindischen Kinkerlitzchen ausräumen können.
    »Und haben Sie nicht auch einmal als Pflasterhirsch 15 angefangen?«, kann Lena es sich dennoch nicht verkneifen. »Oder sind Sie
aufgrund Ihrer außerordentlichen Qualifikationen sofort in den BKA-Olymp
berufen worden?« Es entgeht ihr nicht, wie hinterrücks ein paar Beamte grinsen
und somit bewiesen ist, dass Lackner zum einen nicht sonderlich beliebt zu sein
scheint, zum anderen genau das ist, wofür sie ihn hält. Nämlich einer dieser zahlreichen
Emporkömmlinge, die durch die letzte große und in weiten Teilen unglücklich
verlaufene Polizeireform hochgeschwappt worden sind, wobei nicht Fähigkeiten
ausschlaggebend waren, sondern die Posten aus politischen Gründen mit den
richtigen Parteifarben besetzt werden mussten.
    »Und?«, hakt sie nochmals nach. »Wo bliebt der Wisch?«
    »Wenn Gefahr in Verzug ist, bedarf es keines richterlichen Beschlusses«,
belehrt Lackner sie, »oder haben wir in der Polizeischule nicht aufgepasst?«
    Fast wäre Lena arroganter Scheißkerl herausgerutscht, doch sie
beißt sich nur auf die Lippen und macht Platz. Rund zehn Beamte und zwei
Beamtinnen nehmen die Wohnung in Beschlag. Kokoschansky kommt ihnen aus dem
Wohnzimmer in ausgeleierter Jogginghose und zerknittertem T-Shirt dreckig
grinsend entgegen.
    »Ah, die geballte Staatsmacht zu früher Morgenstunde in unserer
bescheidenen Hütte«, provoziert Kokoschansky, »habt ihr die WEGA auch gleich
mitgebracht? Ganz lieb, dass ihr uns nicht gleich die Türe eingetreten habt.
Schließlich steht ihr dem Staatsfeind Nummer eins gegenüber.«

 
    Kaum zieht einer der Beamten die erste Lade auf und beginnt darin zu
stöbern, weist Kokoschansky die Truppe auch schon wieder zurecht. »Wir wären
Ihnen sehr verbunden, meine Damen und Herren, wenn Sie sich in unserer Wohnung
nicht wie Elefanten im Porzellanladen benehmen, sonst sehen wir uns gezwungen,
jeden auch noch so geringfügigen Schaden der Republik Österreich in Rechnung zu
stellen. Ich denke, Sie wissen, wo Sie sich befinden, während Sie herumschnüffeln.
Trotzdem betone ich nochmals ausdrücklich, das ist die Wohnung eines
Journalisten, der hier mit einer Polizistin lebt. Ohne irgendeinen amtlichen
Schrieb krachen Sie zu früher Stunde bei unbescholtenen Leuten herein, einfach
auf Luft, und stecken Ihre Nasen in unsere Privatsphäre. Vielleicht lässt ein
einfacher Staatsbürger sich von Ihrem martialischen Auftreten einschüchtern.
Uns imponiert das überhaupt nicht, belustigt uns eher. Zum gegebenen Zeitpunkt
werde ich mit den Verantwortlichen für diese dümmliche Aktion Schlitten fahren
und sie zur Rechenschaft ziehen. Fürs Erste sind einmal einige
Dienstaufsichtsbeschwerden fällig, und die Presse ist immer sehr dankbar für
derartige Storys.

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