Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
wohliges ›Aaaaah‹ aus.
Jackie nippte an ihrem Becher, in dem sich ihrer Vermutung nach wohl eine Art Tee befand. Eine brennende Flüssigkeit, die um einiges stärker war, bahnte sich den Weg in ihre Kehle und ließ die Lippen beim Kontakt taub werden. »esLiHeYar « , brachte sie im Flüsterton heraus. »Was ist denn das …?«
»Man nennt es egeneh. Am besten ist es, wenn es warm serviert wird. Kann ich nachschenken?«
»Vielleicht in meinem nächsten Leben, Würdiger«, gab sie zurück.
»Genug davon«, sagte er. »Sonst werde ich mich noch verpflichtet fühlen, in jedem zweiten Satz ›mächtiger Qu’u‹ einzufügen. Sie haben das weiß esLi in den letzten Tagen oft genug zu hören bekommen. Ich sah, wie Sie mich vorhin beobachteten, se Commodore. ›Ein Alten, dachten Sie. ›Wie ungewöhnliche Nein, Sie müssen sich dafür nicht entschuldigen«, meinte er dann sofort und schenkte sich noch einen Becher egeneh ein. »Sogar bei meinem eigenen Volk ist man verblüfft über meine Langlebigkeit. Ich kann mich noch erinnern … ach nein, damit sollte ich besser gar nicht erst anfangen. Als ich jung war, gab es aus einem einfachen Grund keine Alten: Ihr Volk war damit beschäftigt, die Angehörigen meines Volks auszulöschen, bevor sie überhaupt alt werden konnten.« Seine Flügel nahmen eine andere Haltung ein, in der Jackie ein Symbol für Kummer sah, sich dessen aber nicht sicher sein konnte.
»Wie alt sind Sie? Falls eine solche Frage zulässig ist.«
»Ehe ich antworte, möchte ich Sie beruhigen. In meinem Zuhause können Sie mich alles fragen, was Sie wissen wollen. Ich muss Sie aber warnen, dass ich nur antworten werde, wenn ich dazu in der Lage bin. Wählen Sie Ihre Fragen sorgfältig, und seien Sie sich sicher, dass Sie wirklich die Antwort wissen wollen. Was Ihre soeben gestellte Frage angeht: Ich bin hundertvierundzwanzig Standardjahre alt, se Commodore.«
»Jackie«, erwiderte sie.
»Jackie.« Er dachte einen Moment lang über den Namen nach, als würde er ihn auf der Zunge zergehen lassen, »se Jackie, ich bin S’reth.«
»Es ist mir ein Vergnügen.« Jackie stellte den Becher auf der Armlehne ihres Sessels ab und beugte sich vor. »Sie werden wirklich alle meine Fragen beantworten? Kein Mystizismus, kein anderer Scheiß?«
Ch’k’te bewegte sieh unbehaglich auf seiner Sitzstange und sah zu ihr.
S’reth veränderte die Flügelhaltung. »Nachdem ich ein Leben lang die Menschheit studiert habe, glaube ich, dass ich verstehe, was Sie meinen. Ja, ich werde Ihre Fragen klar und direkt beantworten – ohne Mystizismus und ohne anderen ›Scheiß‹.« Es klang seltsam zu hören, wie ein Zor ein so unflätiges Wort aussprach. »Wo soll ich anfangen?«
»Ganz von vorn.«
»Wie Sie wünschen. Nun gut, lassen Sie mich überlegen. Es ist der … der Wunsch des Hohen Lords, dass Sie eine schwierige, vielleicht sogar desperate Mission für das Hohe Nest übernehmen. Natürlich kann das Hohe Nest diesen Dienst nicht von Ihnen einfordern, da Sie nicht zum Volk gehören. Selbst die recht plumpe Behelfslösung, Sie in unseren Flottendienst zu versetzen, ändert nichts an dieser biologischen Tatsache. Ihre Mission besteht darin, das gyaryu, die Reichskralle, für das Hohe Nest zurückzuholen. Irgendwie gelangte es während des Angriffs auf Cicero in die Gewalt der es- Ga’uYal. Wahrscheinlich ist es noch intakt, denn unsere … Feinde werden sicher die der Klinge innewohnende Macht erkannt haben. Wenn die esGa’uYal herausfinden, wie das gyaryu zu benutzen ist, wäre sein Einsatz gegen uns wahrscheinlich verheerend. Daher ist die Rettung von höchster Dringlichkeit. Der Hohe Lord träumte, das Schwert werde verloren gehen, und der größte Krieger der Legende würde es zurückholen: der erste Gyaryu’har, Qu’u.«
»Der Hohe Lord wusste, dass das Schwert verloren gehen würde?«
»Ja, es war Teil seines Traums.«
»Er schickte den alten Mann nach Cicero, obwohl er wusste …«
»Es war Teil des Traums, se Jackie«, wiederholte S’reth, als sei damit alles erklärt. »Der Hohe Lord wusste, man würde es entwenden, und er wusste, dass Qu’u auftauchen würde, um es wiederzubeschaffen. Das eine war notwendig, damit sich das andere ereignen konnte. In dieser schrecklichen Stunde, in der die Gefahr durch die esGa’uYal zum Greifen nah war, glaubte der Hohe Lord, dass wir die Kraft von Qu’u benötigen, um uns zu beschützen.«
»Und stattdessen bekamen sie mich.«
»Der Hohe Lord ist zwar
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