Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
ein Feind, und hier drinnen ist ein Feind. Dieser Feind hat die Kontrolle über Cicero, mein vormaliges Kommando.«
»Cicero? Die große Flottenbasis?«
»Ja, richtig. Cicero wurde vor einigen Wochen von diesem Feind eingenommen. Auf meinen Befehl hin wurde die Basis aufgegeben.«
Pyotr sah sich wieder um, dann lehnte er sich zurück und legte die Hände auf den Tisch. »Also gut, Commodore. Ich bin ganz Ohr.«
Jackie musste schlucken, dann nickte sie. Sie war die Ereignisse der letzten Wochen noch einmal durchgegangen und wusste inzwischen, dass die Geschehnisse auf eine perverse Weise begonnen hatten, einen Sinn zu ergeben. Nun musste sie das anderen verständlich machen. Mit den Untergebenen auf Cicero und mit einem Kriegsgericht wäre sie dabei leichter zurechtgekommen als mit dieser Crew. Sie wusste, es bestand die Chance, dass sie die Sympathien dieser Leute gewann. Aber ebensogut konnten sie auch entscheiden, dass sie damit nichts zu tun haben wollten, und Jackie und Ch’k’te bei der nächsten Gelegenheit absetzen.
»Das Ganze nahm vor mehreren Monaten seinen Anfang«, begann Jackie und schilderte dann ausführlich, was sich seit dem Verschwinden der ersten beiden Schiffe bei Sargasso zugetragen hatte. Die Crewmitglieder hörten ihr gebannt zu, stellten Fragen, ließen sich Zusammenhänge erklären, sofern Jackie dazu in der Lage war, sie zu erklären.
Als sie einige Zeit später bei Qu’u angelangt war, führte sie aus: »Es läuft alles auf die Legende von Qu’u hinaus. Laut dieser Überlieferung reist er auf die Ebene der Schmach, eine Art eisige Hölle, in der ein ewiger Kampf ausgetragen wird. Qu’u stellt sich dem Täuscher entgegen und bekommt dessen Schwert. Dann bringt er es zurück zum Hohen Lord A’alu, und dieser eint damit die Zor. Die Zor glauben, dass dieser Punkt in der Geschichte jetzt ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist und dass Qu’u deshalb wieder gebraucht wird. Ich begebe mich auf die gleiche Mission wie er. Jeder wichtige Schritt auf meiner Reise findet seine Entsprechung in der Legende, und das gilt sogar für die geöffnete Frachtluke. An einer Stelle in der Geschichte konfrontiert Shrnu’u HeGa’u den Helden Qu’u mit anGa’e’ren, der Schleichenden Finsternis. Bevor die Luke geöffnet wurde, hörte ich die Stimme von Shrnu’u HeGa’u in meinem Kopf.«
Sie schwieg eine Weile, dann fügte sie an: »Und jetzt bin ich hier. Ich bin keine Geheimagentin der Imperialen Navy, allerdings bin ich mir auch nicht ganz sicher, was ich eigentlich bin. Es ärgert mich, und zudem bin ich wütend, dass ich die ganze Zeit über heimlich manipuliert wurde, aber ich glaube auch, mir bleibt keine andere Wahl als weiterzumachen. Ich befinde mich jetzt auf Qu’us Pfad und ich kann nicht mehr umkehren. Im Imperium wartet ein Kriegsgerichtsverfahren auf mich, und vor mir …«
Jackie hielt inne und sah sich um, bis sie bei Ch’k’te angelangt war. Seine Flügel befanden sich in einer neutralen Haltung, als zögere er, seine Gefühle zu zeigen – auch ihr gegenüber.
»Wie endet die Legende?«, fragte Dan, doch seine Stimme klang ein wenig so, als wollte er die Antwort gar nicht wissen.
»Das ist das letzte Problem. So wie bei allem anderen weiß ich nicht, ob es in allen Punkten eine Übereinstimmung geben wird. Wäre ich eine Zor und würde ich nicht nur eine in 3-V spielen … Nun ja, am Ende von Qu’us Geschichte tritt er dem Täuscher gegenüber und kann das gyaryu an sich nehmen. Dann wird er vom Täuscher getötet.«
»Qu’u stirbt? Welchen Zweck soll das denn haben?«
»Wenn der Täuscher ihn vernichtet, holt Lord esLi ihn mitsamt dem Schwert von der Ebene der Schmach hinauf in Seinen Kreis des Lichts. Dadurch wird der Täuscher besiegt. Am Ende ist Qu’u mutig und ehrbar und … selbstmörderisch genug, um sich töten zu lassen, damit er etwas beweisen kann. Ich weiß nicht, ob ich dazu fähig bin, diesen Aspekt zu erfüllen, aber davon abgesehen werde ich das wohl bis zum Ende durchziehen müssen.«
Minutenlang herrschte Schweigen im Besprechungsraum, als überlege jeder, welchen bedeutungsvollen Kommentar er dazu abgeben sollte. Offenbar waren sie damit alle überfordert, etwas Angemessenes zu erwidern.
»Ich habe eine Frage«, meldete sich Karla Bazadeh schließlich zu Wort und setzte dem Schweigen ein Ende. »Was passiert als Nächstes?«
»Als Nächstes?«
»Na, in der Geschichte. In der Legende von Qu’u. Was geschieht, nachdem der Dämon ihn mit
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