Dunkle Seelen
richteten sich ihre Bemerkungen an ihn. Auf Cassies Reaktion hin schnitt Sara eine widerwillige Grimasse, konnte aber nicht umhin, ein wenig zusammenzuzucken. Zweifellos erinnerte sie sich daran, wie Cassie im Februar in der Carnegie Hall auf sie losgegangen war...
Ganz ehrlich, das Mädchen war eine tragische Figur. Bildete sie sich wirklich ein, dass es Cassie noch länger interessierte, was sie dachte? Trotzdem war es lustig, zu beobachten, wie Angst über ihr Gesicht huschte und den Hass vertrieb.
»Ganz allein, Cassandra?« Mikhail rutschte dichter an Sara heran. Cassie konnte nicht einschätzen, ob er der Engländerin helfen wollte oder nur die Sicherheit der Überzahl suchte. »Kein Date? Ach, richtig. Ranjit hat ja einen auf Harry Houdini gemacht und ist verschwunden. Armes Ding. Vielleicht versucht unser Prinz es jetzt mal bei den Reichen, nachdem er sich letztes Trimester in der Gosse umgeschaut hat?« Er zog vielsagend eine Augenbraue hoch und sah Sara an.
Cassie bleckte die Zähne. Plötzlich schien das Licht im Raum ein wenig röter. »Traust du dich unter Saras Röcken hervorzukriechen und das zu wiederholen, Mikhail?«
»Wie kannst du es wagen, du armselige Tussi? Was denkst du, wer du ...«
»Möchtest du herausfinden, wer ich bin?« Das Rot breitete sich in ihren Augen aus. Verdammt, sie hatte nicht die Absicht gehabt, sich von ihnen provozieren zu lassen. Wenn der kleine Mistkerl nicht Ranjit ins Spiel gebracht hätte …
»Cassie! Hey!« Jemand legte ihr überraschend einen Arm um die Taille, wodurch sie so abgelenkt war, dass ein wenig von dem Rot aus ihren Augen wich.
»Oh, Richard«, meinte Sara gedehnt. »Typisch, dass du dich so erniedrigst.«
»Wir wissen ja, dass er nicht wählerisch ist«, fügte Mikhail boshaft hinzu.
»Du musst es schließlich wissen, Mickey, mein Junge.« Richard warf Cassie einen ernsten Blick zu, dann wandte er sich mit einem unschuldigen Lächeln wieder den beiden anderen zu. »Sieht Ms Bell nicht einfach umwerfend aus? Passt besser auf. Es könnte gefährlich werden, sie auch nur schief anzusehen.«
Sara trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Man sah ihr deutlich an, dass ihre Reaktion sie selbst ärgerte, aber sie schaffte es nicht, ihre instinktive Angst zu verbergen.
Nachdem er seinen kleinen Sieg errungen hatte, ließ Richard es auf sich beruhen. »Bitte, tanz mit mir, Cassie. Du bist das schönste Mädchen des Abends. Mit Abstand.«
Cassie grinste. Nicht nur, weil sie dankbar für die Ablenkung war. Richard sah im Smoking einfach großartig aus. Und seine Augen funkelten schelmisch, was ihn unweigerlich noch attraktiver machte. »Na dann. Danke, Richard. Es ist mir ein Vergnügen.«
Sie würdigte die zornigen Gesichter von Sara und Mikhail keines weiteren Blickes, sondern drehte sich um und ließ sich von Richard zur Tanzfläche führen, auf der bereits einige Paare tanzten.
»Hmm, ist wohl so eine Art Stehblues«, bemerkte sie trocken, als sie ihre Arme um seinen Hals schlang.
»Ich habe die Musik nicht ausgesucht«, murmelte er. »Ich hatte einfach den Eindruck, es wurde höchste Zeit, dass du von den beiden wegkommst. Und außerdem siehst du wirklich fantastisch aus, das war kein Scherz. Also dachte ich, ich ergreife die Gelegenheit, wenn sie sich mir bietet.«
In der Erwartung, das gewohnte boshafte Glitzern in seinen Augen zu sehen, blickte Cassie zu ihm auf. Doch es war nicht da. Stattdessen wirkte er beinahe wehmütig. Ein wenig verwirrt schaute sie auf Isabellas scharlachfarbenes Kleid hinab. »Ich habe es nur ausgeliehen.«
»Wen interessiert das?«
»Außerdem würde jeder, an den Isabella Hand anlegt, fantastisch aussehen.« Sie benahm sich völlig lächerlich, so durcheinander war sie. »Du versuchst mich bloß wieder um den Finger zu wickeln.«
»Ich kann nicht anders. Es liegt mir im Blut.«
Da sie gerade von Blut sprachen ... Sie spürte seins. Sie spürte, wie es durch seine Adern pulsierte, fühlte das Hämmern seines Herzens an ihrem Oberkörper. Es hätte sie nervös machen sollen, aber sie stellte fest, dass es ihr gefiel. Beinahe unwillkürlich schmiegte sie sich enger an ihn. Er war so überrascht, dass er sich zunächst ein wenig verkrampfte. Dann entspannte er sich aber und zog sie fester an sich.
»Verflixt«, flüsterte er ihr ins Ohr, als die Musik wechselte. »Ich hasse diesen Song.«
»Gut. Ich auch.« Sie löste sich von ihm und zwinkerte ihm zu.
»Für mich ist das jedenfalls zu schnell. Ich würde
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