Dunkle Seelen
Schwierigkeiten bringt, ja?«
Ayeesha brach in brüllendes, undamenhaftes Gelächter aus, hakte sich bei Richard unter und führte ihn weg. Sehnsüchtig sah Cassie ihnen nach. Doch dann schüttelte sie sich. Es hätte bestimmt Spaß gemacht - vielleicht zu viel Spaß. Aber ganz ehrlich, sie war dankbar für die Pause. Sie musste über einiges gründlich nachdenken.
»Hey, Süße, ich bin zu Hause!«
Glücklich stürmte Cassie in ihr gemeinsames Zimmer. Sie stellte fest, dass sie Isabella vermisst hatte. Ohne die Argentinierin mit den wilden Haaren und dem ebenso wilden Geist unterwegs zu sein, war einfach nicht dasselbe. Irgendwie mussten sie ihre Freundschaft wieder ins Lot bringen. Isabella war ihr wichtiger als alles andere auf der Welt, verdammt noch mal.
Isabella saß in der gegenüberliegenden Ecke des Raums an ihrem Schreibtisch und schien Cassie nicht gehört zu haben. Ihren zerzausten Schopf hatte sie über den Tisch gebeugt. »Es war toll, dich zu sehen«, sagte sie leise zu ihrem Laptop.
Ah. Sie war in einen Web-Chat vertieft. Plötzlich hob sie den Kopf — sie schien Cassie eher gespürt als gehört zu haben —, fuhr hastig herum und unterbrach die Verbindung. Ein Klicken mit der Maus und das Chatfenster schloss sich.
»Hey!« Isabellas Wangenknochen waren dunkelrot gefärbt.
»Hey!« Cassie ließ sich auf das Bett ihrer Freundin fallen und lächelte. »Mit wem hast du gechattet?«
»Mit meiner Mutter. Sie lässt dich grüßen.« Die rote Farbe vertiefte sich.
»Oh! Hast du auch mit deinem Dad gesprochen?«
»Nein. Ich meine, ja, er lässt dich ebenfalls grüßen.« Hastig schloss Isabella den Laptop.
»Ich dachte nur, ich hätte...« Eine Männerstimme gehört. Eine seltsam vertraute Stimme obendrein. Cassie schüttelte sich. Denn auch wenn sie das Gehör einer Auserwählten hatte, war sie mehr als nur beschwipst. Sie konnte sich irren.Vielleicht...
Ach, es ging sie nichts an. Sie wollte sich mit Isabella versöhnen und sie nicht verhören.
»Ich habe interessanten Klatsch für dich.« Cassie schenkte ihrer Mitbewohnerin ein breites Grinsen.
»Gut!« Isabella klatschte in die Hände und ihre Miene entspannte sich. »Nur deswegen habe ich dir erlaubt, auf die Party zu gehen! Warte kurz, bevor du anfängst — ich habe eine Flasche Champagner ergattert...«
KAPITEL 13
»Autsch. Autsch, Autsch, Autsch.« Cassie rollte sich auf den Bauch und zog sich ein Kissen über den Kopf, um die Morgensonne auszublenden. Das ferne Jammern der Muezzin und das leise Gurren einer Taube hallten schmerzhaft in ihrem Kopf wider. »Nie wieder«, stöhnte sie in die Matratze.
Sie brauchte eine ganze Weile, bis sie sich dem Licht des neuen Tages stellen konnte. Verschlafen blinzelte sie zu ihrer Mitbewohnerin im anderen Bett hinüber, die immer noch fest schlief und schnarchte. Der Schlaf der Gerechten, dachte Cassie und verdrehte neidisch die Augen. Oh, Gott, selbst das tat weh...
Sie stolperte zu der mit Glaswänden eingefassten Dusche und stellte den Strahl hart und heiß ein. Ah, schon besser. Die braune Taube saß jetzt am Badezimmerfenster und gurrte sich die Seele aus dem Leib — es klang eher besänftigend als schmerzhaft. Cassie schloss selig die Augen und ließ den heißen Wasserstrahl wie Nadeln auf ihren Kopf prasseln und ihre Kopfschmerzen vertreiben.
Plötzlich drang ein gellender Schrei durch den dumpfen Nebel in ihrem Kopf. Ein verzweifelter Klagelaut, bei dem einem das Blut in den Adern gerann.
Erschrocken flatterte die Taube davon. Cassie drehte hektisch das Wasser aus und verharrte für einen Moment benommen. Das Herz hämmerte ihr in der Brust. Dann griff sie sich ein Handtuch und rannte zurück ins Schlafzimmer.
Sie seufzte vor Erleichterung. Nicht Isabella. Die Argentinierin schnarchte noch immer friedlich, das Gesicht verborgen hinter einem Gewirr mahagonifarbener Haare. Cassie hüpfte von einem Fuß auf den anderen, trocknete sich hastig ab und fragte sich, ob sie sich den Schrei nur eingebildet hatte.
Da erklang er wieder, zerriss die morgendliche Stille. Er kam vom Flur, hallte jedoch durch die offenen Fensterläden des Innenhofs. Cassie sprang in ihre Jeans, zog sich ein T-Shirt über den Kopf, riss die Tür auf und rannte in die Richtung, aus der die Schreie kamen.
Als sie die Ursache des Lärms gefunden hatte, hatten sich die hysterischen Schreie in klagendes Schluchzen verwandelt. Eine Gruppe anderer Schüler, alle in verschiedenen Stadien der Bekleidung und der Verwirrung,
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