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Dunkle Seelen

Dunkle Seelen

Titel: Dunkle Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Poole
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fuhr zu Sir Alric herum, der mit steinerner Miene dastand.
    »Was ist mit ihm passiert?«, flüsterte Cassie.
    »Das weiß ich genauso wenig wie Sie.«
    »Ach nein?«, funkelte sie ihn an.
    »Nein, Miss Bell, ich weiß es tatsächlich nicht. Also, Richard, Cassie, ich schlage vor, dass Sie sich ein wenig Zeit nehmen, um sich auszuruhen. Sie stehen natürlich unter Schock. Morgen früh erwarte ich Sie beide in meinem Büro. In aller Frühe, wenn ich bitten darf. Und Miss Bell?«
    Sie begegnete seinem stählernen Blick.
    »Seien Sie vorsichtig. Überlegen Sie sich gut, wo Sie diese Kräfte zur Schau stellen«, knurrte er und stolzierte zurück zu dem getreuen Marat und dem jämmerlichen, durchweichten Kadaver.
    Richard ergriff ihre Hand, als sie über die Felsen und hinauf zur Akademie kletterten. Sie hatte nichts dagegen. Es fühlte sich nicht an, als wolle er sie anmachen, sondern als wolle er sie trösten.
    »Es tut mir wirklich leid, Cassie«, sagte er mit leiser Stimme. »Du hast entsetzliches Pech. Du hättest das nicht sehen sollen.«
    »Irgendjemand musste es sehen.«
    »Ich bin froh...« Er zögerte und drückte ihr dann die Hand. »Ich bin froh, dass es nicht Ranjit war.«
    Sie lachte heiser. »Ich auch.« Dann wurde sie sehr schnell wieder ernst. »Aber der arme Yusuf. Mein Gott, ich frage mich, was ihm zugestoßen ist.«
    »Zu viel Alkohol. Ausgerutscht und ins Wasser gefallen.«
    »Oh, ich bitte dich, Richard.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Du hast ihn genauso gut gesehen wie ich. Er ist nicht ertrunken.«
    Richard schwieg, bis sie die Akademie erreicht hatten. »Er könnte durchaus ertrunken sein, Cassie«, sagte er leise. »Wasser kann schreckliche Dinge anrichten. Fische. Du verstehst?«
    »Richard, der Junge war wie - mein Gott, ich kann es nicht einmal aussprechen.« Wie ein getrocknetes Stück Fleisch, das man zum Einweichen ins Wasser gelegt hatte? Wie ein benutzter Teebeutel, vollkommen verschrumpelt? Sie rieb sich heftig die Hände an ihren Jeans und versuchte, nicht daran zu denken, wie er sich angefühlt hatte. Wie eine nasse Mumie. Das war es. Der Körper war ausgetrocknet worden. Anschließend hatte man ihn wieder eingeweicht, bis er glibbrig war wie ein Pilz. Aber zuerst hatte man ihn ausgesaugt. Mit einem Laut des Abscheus blieb Cassie stehen, legte sich die Hände vors Gesicht und kniff die Augen zu. »Richard, sieh den Tatsachen ins Auge.«
    »Na schön«, seufzte er. »Ich werde dich zu deinem Zimmer bringen.«
    »Nein, das ist nicht nö ...« Sie zögerte. »Doch, das wäre gut. Ja. Das wäre wunderbar. Danke.«
    Er griff wieder nach ihrer Hand und hielt sie fest in seiner. »Du brauchst dich mir gegenüber nicht zu verstellen, Cassie«, bemerkte er sanft. »Du hast Angst, und das ist verständlich. Mehr als verständlich.«
    »Ja.«
    »Ich habe auch Angst.« Vor ihrem Zimmer drehte er sich zu ihr um und zog sie fest in die Arme. Sie konnte seinen Atem an ihrem Hals spüren, und es war ungemein wohltuend und seltsam elektrisierend. »Nacht, Cassie«, flüsterte er.
    »Nacht, Richard.«
    Sie sah ihm nach, wie er davonging. Doch als das bedrohliche Gefühl zurückkehrte, erstarb der kurze Kitzel des Verlangens. Einen Moment lang fühlte sie sich versucht, hinter ihm herzulaufen und ihm zu gestehen, wie sie sich fühlte. Doch das wäre dumm gewesen. Richard wusste nicht, was mit Keiko geschehen war. Und sie konnte ihm einfach nicht erzählen, dass Jake in Istanbul war.
    Daher konnte sie ihm nicht beichten, dass Keikos Leiche genauso ausgesehen hatte wie die von Yusuf. Direkt nachdem Cassie das Messer in das Mädchen gestoßen hatte. Das Messer, das sich immer noch in Jakes Besitz befand.

KAPITEL 17
    Die Hand auf der Türklinke zu ihrem gemeinsamen Zimmer, hielt Cassie inne und lehnte die Stirn gegen das warme Holz. Sie sah den nächsten fünf Minuten mit Bangen entgegen. Aber es war an der Zeit, Taktgefühl, Diskretion und vielleicht sogar Loyalität beiseitezuschieben. Sie musste mit Isabella darüber reden, was los war.
    Sie holte tief Luft, drückte die Tür auf, zog sie fest hinter sich zu und sah ihre Mitbewohnerin an. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, sie kaum zu kennen.
    Isabella blickte auf und lächelte. »Hey! Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst. Warst du wieder im Gemeinschaftsraum?«, fragte sie, eine Augenbraue sarkastisch hochgezogen.
    Verwirrt sah Cassie ihre Freundin an. »Hm, ja, ich war da, früher am Abend. Aber der Anlass war nicht sehr gesellig. Wir haben

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