Dunkle Seelen
hab’s total vergessen. Er hat eine Nachricht hinterlassen.«
Jake wandte sich mit sichtlicher Geringschätzung ab, aber Isabella beobachtete sie ängstlich, während sie sich das Handy ans Ohr presste.
»Cassie, was ist los? Was ist passiert?«
Cassie legte einen Finger auf die Lippen, während sie die Nachricht abhörte. Sie wurde blass. Sie konnte spüren, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich, und als Richards aufgezeichnete Nachricht zu Ende war, war ihr schwindelig. Sie konnte nicht einmal mehr auflegen, sondern ließ nur die Hand sinken, sodass sie noch immer die ferne, gezierte Stimme der Mailbox hören konnte: »...zum Speichern, drücken Sie die Zwei. Zum Löschen, drücken Sie die Drei...«
»Cassie?«
Irgendetwas steckte in ihrer Kehle fest. Sie hustete.
»Richard. Er... er sagt, er habe von Ranjit gehört.«
Jake fuhr herum und seine Augen leuchteten aufgeregt. »Also, machen wir uns auf die Suche nach dem kleinen Bastard! Er kann uns zu ihm führen, zu Ran...«
»Er ist zu einem Treffen mit ihm gegangen. Er möchte, dass ich ebenfalls hinkomme.« Cassie hatte das Gefühl, als käme ihre Stimme von jemand anderem.
»Was?«, drängte Jake. »Wo?«
»In der Hagia Sophia.« Cassie stellte schließlich die Mailbox ab und drückte hektisch auf Richards Kurzwahltaste. »Geh ran, bitte, bitte. Geh ran!« Ihre Stimme wurde schrill, beinahe hysterisch.
Wenn Ranjit noch lebte, wenn er sich an der Hagia Sophia herumtrieb, dann war es durchaus möglich, dass er den Anhänger vor Sir Alric gefunden hatte. Und wenn er den Anhänger vor Sir Alric gefunden hatte, dann konnte er … gefährlich sein. Es schien, als wage niemand zu atmen, als sie endlich ihr Telefon zuklappte. Eine schreckliche Angst schnürte ihr die Kehle zu.
»Ausgeschaltet«, flüsterte sie. »Richard hat sein Handy ausgeschaltet. Und er wird sich mit Ranjit treffen. Allein.«
KAPITEL 25
»Er wird schon zurechtkommen«, tröstete Isabella Cassie und legte ihr eine Hand auf den Arm. Cassies Reaktion verwirrte sie und sie zog die Brauen zusammen. »Richard kommt immer zurecht. Er ist ein - ein Überlebenskünstler, ja?«
»Er ist eine Schlange«, knurrte Jake.
»Ich verstehe das nicht! Es ist doch gut, dass mit Ranjit alles in Ordnung ist, oder?«, rief Isabella. »Cassie?«
»Es ist zu kompliziert, um es zu erklären.« Cassie schüttelte den Kopf. »Richard ist in Schwierigkeiten. In sehr, sehr ernsten Schwierigkeiten. Ihr müsst mir helfen.«
Isabella blinzelte. »Seit wann machst du dir solche Sorgen um Richard? Ich dachte, du ...«
»Ich weiß, ich weiß, vergiss das alles für den Moment. Ich möchte nicht, dass ihm etwas zustößt. Bitte, helft ihr mir?«
»Natürlich helfen wir...«
»Ich meine, auf die einzige Weise, wie du mir helfen kannst.« Die Angst ließ ihre Stimme hart klingen. »Isabella, ich werde gegen Ranjit kämpfen müssen. Dafür muss ich stark genug sein.«
Isabella sog scharf die Luft ein und trat einen Schritt naher an Jake heran.
»Auf keinen Fall«, blaffte er, packte Isabella an der Hand und zog sie an sich.
»Lieber würdest du Richard sterben sehen?«, fuhr Cassie auf.
»Zwing mich nicht, diese Frage zu beantworten.«
»Ranjit könnte unter einem Fluch stehen«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ihre Stimme war leise und gefährlich. »Es gibt da einen... einen Anhänger. Er ist... etwas Besonderes. Wenn Ranjit ihn gefunden hat, ist er möglicherweise nicht länger er selbst, okay? Er wird sich nicht unter Kontrolle haben. Ich muss stärker sein, verdammt! Ich muss mich nähren.«
Isabella biss sich auf die Unterlippe, dann trat sie zögerlich einen Schritt vor. Doch Jake riss sie hinter sich. »Nein, Isabella!«
Cassies Kiefermuskeln spannten sich an. »Halt dich da raus,Jake!«
»Auf keinen Fall. Machst du Witze? Nur über meine Leiche!«
Oh, führ mich nicht in Versuchung... Cassie atmete und tief durch und versuchte zu verhindern, dass der Raum rot wurde. Mit geballten Fäusten machte sie einen Schritt auf Jake zu und sah, wie seine Hand zu etwas in seinem Gürtel fuhr. Ein Messergriff. Das Messer.
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und der Atem zischte ihr durch die Zähne. Er hatte sein T-Shirt leicht angehoben und sie konnte jetzt deutlich sehen, wie der Griff sich an seine harten Bauchmuskeln presste. Die mythologischen Kreaturen des Messers waren tot, reglos, leblos. Sie waren nichts als Schnitzwerk. Wut stieg in ihr auf.
»Das gehört dir nicht«, zischte
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