Dunkle Sehnsucht des Verlangens
das Holz der Türfüllung nach innen bog. Donnerschläge
erschütterten das Gebäude, und die Garderobentür verfärbte sich schwarz. Julian
hielt die Verbindung zu Desari aufrecht, fest entschlossen, immer für ihre
Sicherheit zu sorgen. Mühelos hielt sie das Publikum in ihrem Bann, während sie
eine wunderschöne, traurige Ballade sang. Dayan begleitete sie auf der
Gitarre. Auch die Sicherheitskräfte hatten sich vor der Bühne versammelt. Es
war den Sterblichen ein Rätsel, wie Barack so schnell von der Bühne
verschwunden war. Niemand hatte ihn wirklich abgehen sehen. Dennoch hielten sie
sich in Desaris Nähe, ohne zu bemerken, dass Julian ihnen dazu den Befehl
gegeben hatte. Desari setzte sich auf einen Barhocker in der Mitte der Bühne,
und das lange Kleid umfloss ihren schlanken Körper. Dayan spielte eine leise,
faszinierende Melodie auf seiner Gitarre, während Desaris schöne, klare Stimme
den Konzertsaal erfüllte.
Die Leoparden waren sehr unruhig
geworden, und das Männchen war bereits zweimal gegen die Tür gesprungen.
Schnell schlüpfte Julian wieder darunter hindurch und drang als kühler
Windhauch in den Gang hinaus. Er wusste, Darius würde in der Garderobe bleiben,
um Syndil zu bewachen. Auf der anderen Seite der Tür war Barack in einen
erbitterten Kampf mit einem großen, hageren Fremden verwickelt. Der Untote
hatte blutunterlaufen Augen und dünne, grausam wirkende Lippen. Mit seinen
scharfen Fingernägeln schlug er nach Barack und zielte auf dessen Halsschlagader,
doch Barack wich dem Angriff aus und stieß seine Hand in die Brust des Vampirs,
um ihn zu töten. Dann senkte er dem Untonen die Zähne in den Hals. Der
freundliche, umgängliche Barack schien verschwunden zu sein, und an seine
Stelle war ein gefährliches Raubtier getreten.
Julian suchte nach der
telepathischen Verbindung zu ihm und fand nichts als Hass und unbändige Wut
vor, die nicht nur dem Vampir galt, sondern auch dem Mann, der Syndil
angegriffen und sie dazu gebracht hatte, sich vor der Welt zurückzuziehen. Es
dauerte einige Augenblicke, bis Julian den telepathischen Pfad gefunden hatte,
den Desaris Familienmitglieder benutzten, um miteinander zu sprechen. Du darfst sein Blut nicht
trinken, Barack. Er ist bereits tot, und du hast ihn getötet. Außerdem ist sein
Blut vergiftet. Julian ließ seine Stimme ruhig und sanft klingen.
Misch dich nicht ein. Er lebt noch.
Als Julian sich den beiden
Männern näherte, knurrte Barack eine Warnung, die grollend durch den Gang
hallte. Sofort blieb Julian stehen, war jedoch nicht im Geringsten überrascht,
als kurz darauf Darius neben ihm auftauchte.
»Nein, Barack.« Darius' Stimme
klang leise und bedrohlich. »Du darfst sein Blut nicht trinken, während er
stirbt. Und schon gar nicht, während die Wut in dir tobt. Lass ihn los.«
Barack hob den Kopf vom Hals des Vampirs, in seinen Augen spiegelte
sieh nach wie vor ohnmächtiger Hass. Achtlos warf er das Herz des Vampirs beiseite.
Das Grollen, das die Wände erbeben Heß, wurde immer lauter. Es war eine
deutliche Warnung, Barack nicht zu nahe zu kommen.
Darius und Julian warfen
einander einen Blick zu. Sie hatten denselben Gedanken. Wenn sie sich
miteinander verbanden, würde es ihnen zwar gelingen, Baracks Gehorsam zu
erzwingen, doch er würde ihnen nie wieder vertrauen oder sie respektieren. Er
war sehr gefährlich, und keiner der beiden Männer wollte ihn verärgern. Als
Kar- patianer war es sein Recht, alles zu tun, um die Frauen seiner Familie zu
schützen. Oder jede andere Frau seines Volkes. Es war nicht nur sein Recht,
sondern seine heilige Pflicht.
Julian suchte nach
der Verbindung zu den Leoparden in der Garderobe und fand schließlich Syndil,
die sich tief im Geist des kleineren Weibchens zusammenkauerte. Barack schwebt in Gefahr. Wir
können ihn nicht erreichen. Doch du könntest es schaffen. Ruf nach ihm, ehe es
zu spät ist und er für alle Zeit seine Seele verliert. Er darf nicht das Blut
eines Wesens trinken, das er getötet hat.
Syndil war alarmiert. Sofort verwandelte sie sich in ihre menschliche
Gestalt zurück. Sie war kleiner als Desari, doch ihr schlanker Körper strahlte
das gleiche innere Leuchten und die gleiche Schönheit aus. Sie bewegte sich
anmutig und elegant, und ihre dunklen, ausdrucksvollen Augen musterten Julian
einen Augenblick lang, ehe sie ihm auswich und hastig davonlief. Erschrocken
keuchte sie auf, als sie das blutige Schlachtfeld sah und die Finsternis
erkannte, die Barack zu
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