Dunkle Sehnsucht des Verlangens
können,
und musste feststellen, dass er dazu nicht in der Lage ist. Ich fühlte seinen
Zorn.«
Julian musterte die Frau, die
mit gesenktem Kopf ein wenig vom Rest der Gruppe entfernt stand. Sie war sehr
blass, ihre dunklen Augen wirken noch größer als sonst. Sie sah zerbrechlich
und verwundbar aus, als könnte bereits ein Windhauch sie davonwehen. Dann
spürte er, dass Desari ihre Finger mit seinen verschränkte, als wollte sie ihn
daran hindern zu sprechen. Barack regte sich. Es war ein Ausdruck seiner
Ruhelosigkeit und Sorge, doch die beiden Frauen missdeuteten seine Bewegung als
Aggression. Julian dagegen schrieb sie Baracks Beschützerinstinkt zu. Er sah
sich als Schutzschild für Syndil und wollte sie vor allem Unheil bewahren,
»Er kann dich nicht gegen uns
einsetzen, Syndil. Du bist unsere geliebte Schwester und stehst unter unserem
Schutz, ebenso wie die Erde unter deinem Schutz steht. Deine Kräfte sind denen
des Vampirs überlegen, er kann sie nicht für seine Zwecke einsetzen.« Julian
wählte seine Worte sorgfältig und ließ seine Stimme absichtlich besonders
hypnotisch klingen. »Er will dich glauben machen, dass du das Böse anziehst,
doch es handelt sich nur um eine seiner Illusionen. Die Untoten versuchen mit
allen Tricks, uns eine Falle zu stellen. Ich habe viele Jahrhunderte damit
verbracht, diese Ungeheuer zu jagen, und habe solche Fallen gesehen, die
speziell auf eine Person zugeschnitten waren. Doch dir kann das Böse nichts
anhaben. Es ist unmöglich, denn du bist rein. Ich las es in Desaris Gedanken.
Jeder von uns weiß das.«
Syndil senkte den Blick, und
ihre langen Wimpern warfen Schatten auf ihre Wangen. »Ich weiß es nicht.«
Barack regte sich wieder, und
ein leises Knurren entrang sich seiner Kehle. Sofort nahm Syndil die Gestalt
des Leopardenweibchens ein.
Desari, du musst Barack
sagen, dass er behutsamer mit ihr umgehen soll. Julian durfte den Karpatianer
nicht selbst zurechtweisen. Manchmal gewann der Beschützerinstinkt eines
karpatianischen Mannes die Oberhand und ließ ihn seinen Verstand ausschalten.
Barack würde sich sicherlich nicht zurückziehen, nur weil ein älterer,
stärkerer Mann es ihm befahl. Doch vielleicht konnte Desari ihn mit ihrer
sanftmütigen Art und ihrer magischen Stimme überzeugen. Julian machte Barack
keinen Vorwurf, dass er alles daransetzte, Syndil zu beschützen. Allerdings
war er wirklich gefährlich gereizt.
Desaris Antwort war so perfekt,
dass Julian sie am liebsten fest in seine Arme gezogen hätte. Doch sie warf
ihm nicht einmal einen Blick zu oder ließ sich sonst anmerken, dass sie
miteinander gesprochen hatten. »Syndil.« Zärtlich sprach sie den Namen aus, und
das Leopardenweibchen nahm wieder menschliche Gestalt an. »Bitte verlass mich
jetzt nicht. Ich brauche deinen Trost.« Desari legte genau das richtige Maß an
Erschöpfung in ihre Stimme, und Julian glaubte ihr. Wie sollte sie auch nicht
erschöpft sein, nach der erstaunlichen Leistung, die sie vollbracht hatte?
Natürlich brauchte sie Ruhe.
Desari richtete den
Blick ihrer großen dunklen Augen auf Baracks unbewegte Züge. Ich weiß, dass sie fliehen
will, Barack, doch würdest du bitte beiseitetreten und sie zu mir kommen lassen
P Ich brauche meine Schwester.
Du hast doch jetzt den
Goldene n, der dir zu r Seite steht, Desari, entgegnete Barack schroff, trat
jedoch gleichzeitig einige Schritte zurück, um Syndil den Weg freizugeben.
Aber es war Desari, die auf
Syndil zuging und die Entfernung zwischen ihnen mit wenigen langsamen
Schritten überbrückte. Die beiden Frauen standen voreinander, schlössen sich in
die Arme und wurden dann einfach unsichtbar.
Barack fluchte laut. »Wir haben
immer noch einen Untoten zu jagen, und keiner von uns hat sich heute Nacht
genährt, nicht einmal unsere Frauen.«
Gleichmütig zuckte Julian die
Schultern und stand so leichtfüßig auf, als wäre er gerade erst dem heilenden
Erdreich entstiegen. »Dann müssen wir für sie sorgen«, antwortete er leise
und ging dabei dem gereizten Karpatianer aus dem Weg.
Ungeduldig strich sich Barack
mit der Hand durchs Haar. Er war wütend. Nie zuvor hatte er so dicht an der
Schwelle zur Gewalt gestanden. Er wollte den Untoten zur Strecke bringen. Es
war absolut undenkbar, die unreine Kreatur seiner Familie so nahe kommen zu
lassen. Es gab vier Männer, die die beiden Frauen bewachten, und doch war es
dem Vampir gelungen, Syndil eine Falle zu stellen. Sie war nun zum zweiten Mal
dem Angriff des Bösen
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