Dunkle Sehnsucht des Verlangens
in Sicherheit ist.«
Desari nickte wortlos. Nie zuvor
hatte er sich so erschöpft gefühlt. Ihr Körper war bleischwer, doch ihr Herz
und ihre Seele jubelten. Jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als neben
Julian in der heilenden Erde zu hegen und sich auszuruhen. Insgeheim freute
sie sich sehr darüber, dass er daran dachte, ihren Bruder zu beschützen. Sie
hebte diese Eigenschaft an ihm, seine Bereitschaft, Verantwortung für ihre
Familie zu übernehmen, obwohl er es abstritt, wo er nur konnte.
Es kostete sie einige Minuten,
genügend Energie zu sammeln, um aufzustehen und sich anzuziehen, ehe sie durch
die Lavatunnel zurück zur Schlafkammer gingen. Julian wusste sofort, dass
Syndil dort gewesen war. Er witterte ihren reinen, süßen Duft. Die Kammer war
angefüllt mit aromatischen Kräutern und Kerzen und der reichhaltigen,
heilkräftigen Erde, die für Karpatianer so wichtig war.
Julian öffnete die Erde für
Desari direkt über Darius' Ruheplatz. Einladend breitete sich das Erdreich vor
ihnen aus und versprach Frieden und Erholung. Dankbar nahm Julian die Gaben der
Erde an. Er legte sich neben seine
Gefährtin, schlang den Arm um sie, sodass ihr Kopf an seiner Schulter
ruhte. Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss, tat gleich darauf ihren letzten
Atemzug und stoppte ihren Herzschlag. Julian hielt sie in den Armen und dachte
darüber nach, wie sehr sich sein Leben verändert hatte. Er war nun Teil einer
Familie, und der Gedanke missfiel ihm bei weitem nicht so sehr, wie er alle
anderen glauben ließ.
Einmal mehr belegte er den Ruheplatz mit einem mächtigen Schutzzauber,
um sicherzugehen, dass niemand Darius' heilenden Schlaf stören oder in die
Kammer eindringen konnte, während sie am verletzlichsten waren. Mit einer
Handbewegung schloss Julian die Erde über sich und Desari, bis an der
Oberfläche keine Spur ihres Ruheplatzes mehr zu erkennen war. Bevor Julian in
den Schlaf seines Volkes fiel, sorgte er noch dafür, dass er kurz vor Sonnenuntergang
erwachen würde. Er musste seinen Erzfeind jagen, den die Sonne einige Minuten
länger gefangen halten würde, sodass Julian eine Chance hatte, ihn aufzuspüren.
Kapitel 18
Die Störung, die Julian aufweckte, war nicht etwa aggressiver Natur,
sondern schien aus der Erde selbst zu kommen. Er fühlte, wie sie sich um ihn
herum bewegte, ihre heilende Wirkung sich verstärkte. Über sich hörte er einen
leisen Singsang und spürte, wie sich die Vibrationen in der Erde ausbreiteten
und schließlich in die unteren Schichten vordrangen, in denen Darius ruhte.
Syndil war bereits aufgestanden
und benutzte ihre magischen Fähigkeiten, während die Sonne langsam im Meer
versank. Julian erhob sich und vergewisserte sich, dass auch Desari erwacht war
und sich mit ihm erheben würde. Er wollte Syndil nicht ängstigen.
Die Karpatianerin wich zurück,
um Julian Platz zu machen, als er der Erde entstieg. Erleichtert entdeckte sie
Desari neben ihm.
»Syndil«, begrüßte diese die
Freundin und umarmte sie. »Du bist früh aufgestanden, um für meinen Bruder zu
sorgen. Dafür bin ich dir dankbar.«
»Ich spürte seine Schmerzen
durch die Erde hindurch«, gab Syndil sanft zurück. »Alle Heilkräfte des
Erdreichs waren bereits verbraucht. Ich dachte, wenn ich die Erde mit neuer
Energie versorge, können Darius' Wunden schneller ausheilen.« Sie war sehr
blass, denn offenbar hatte das Heilungsritual an ihren Kräften gezehrt.
Erschöpft strich sie sich mit der Hand über die Stirn und hinterließ einen kleinen
Schmutzfleck.
»Mit deiner Hilfe wird Darius
schneller gesund werden.« Sanft legte Desari ihr die Hand auf den Arm. »Niemand
von uns könnte ohne deine Gabe auskommen.«
»Ich muss jetzt gehen«, erklärte
Julian. »Ich muss das Versteck des Vampirs finden, bevor er sich erheben kann.
Es ist bereits sehr spät.«
»Julian, nein«, protestierte
Desari. Als sie sich zu ihm umwandte, hob sie die Arme in einer abwehrenden
Geste und verursachte damit einen leisen Windhauch.
Die aufgewirbelte Luft zupfte an
Julians langem goldblondem Haar. Er strich die zerzausten Strähnen zurück und
band sie in seinem Nacken zusammen. Zärtlich um- fasste er Desaris Gesicht.
»Ich muss es tun, cara. Du weißt es. Ich muss dafür sorgen, dass du in
Sicherheit bist. Dasselbe gilt für deinen Bruder und Syndil. Das Ungeheuer
darf euch nicht weiterhin bedrohen.« Er ist derjenige, nach dem ich gesucht habe. Das
weißt du, Desari. Sein Schatten liegt auf meiner Seele, der dunkle
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