Dunkle Sehnsucht des Verlangens
ist unmöglich. Er muss von deinen Befürchtungen
erfahren.«
»Diesmal kann auch er mir nicht
helfen. Niemand kann das«, murmelte Desari.
Syndil nahm nun
selbst die telepathische Verbindung zu Darius auf. Das hatte sie seit dem
Überfall nicht mehr versucht. Desari glaubt, dass dieser Fremde sie mit sich in den
Tod nimmt, wenn du ihn umbringst. Wenn sie schon solche Gedanken hat, schwebt
sie in großer Gefahr.
Darius schwieg kurz
und seufzte dann. Keine Sorge, kleine Schwester. Ich werde über deine Worte nachdenken
und nichts übereilen. Vielleicht müssen wir erst mehr über diesen Fremden in
Erfahrung bringen.
Desari kauerte auf dem Bett und
brach den Kontakt zu den anderen ab. Je weiter sich der Bus von der Bar entfernte,
desto größer wurde ihr Unbehagen. Ihr Atem ging flach und schnell. Sie musste
ihn finden. Sie musste bei ihm sein. Irgendwie war es dem Fremden gelungen, ihr
einen Teil ihrer Seele zu stehlen.
Fest biss sich Desari auf die
Unterlippe und konzentrierte sich auf den stechenden Schmerz, um sich wieder
zu fassen. Dann schloss sie die Augen und versenkte sich in ihren Körper. Auch
sie konnte nichts Böses in sich spüren.
Ihr Herz schlug ruhig und kräftig,
und ihre Seele schien unversehrt zu sein. Und doch war sie nicht mehr sie
selbst. Desari spürte die Anwesenheit eines Fremden in sich, eines Fremden, der
ihr seltsamerweise vertrauter erschien als ihre eigene Familie.
Als der erste Schock abgeklungen
war, untersuchte sie die ungekannte Präsenz genauer. Er war stark und mächtig.
Selbstbewusst, ja sogar ein wenig arrogant. Und er verfügte über schier
unendliches Wissen. Außerdem war er fest entschlossen, sie zu besitzen, das
spürte Desari genau. Niemand würde ihn aufhalten. Er würde sie nicht aufgeben.
Und tief in ihm lebte ... ein finsterer Schatten.
Desari schluckte ihre Angst
herunter. Warum fürchtete sie sich so sehr vor diesem fremden Mann? Schließlich
war sie auch nicht gerade hilflos. Niemand konnte sie zu einer Handlung
zwingen, die ihr widerstrebte. Und Darius würde es ohnehin nicht zulassen.
Außerdem würden ihr Barack und Dayan auch helfen. Selbst Syndil würde für sie
kämpfen, falls es nötig war. Warum fürchtete sie sich also so sehr?
Der Grund war eine eigenartige
Erregung, die sie nicht einmal vor sich selbst eingestehen mochte. Der Fremde
faszinierte sie, zog sie an. Sie sehnte sich nach ihm, ohne ihn je in ihrem
Leben gesehen zu haben. Wie hatte er ihr das antun können? Verfügte er wirklich
über so große Macht?
Sie wollte nicht, dass Darius
ihm etwas antat. Der Gedanke kam völlig unerwartet, und Desari fühlte sich
beinahe wie eine Verräterin. Sie durfte nicht über solche Dinge nachdenken!
Verunsichert rieb sie sich mit
den Handrücken über die Stirn. Wer der Fremde auch sein mochte, er würde zu ihr
kommen, und dann musste sie entscheiden, was zu tun war. Natürlich würde sie
ihre Familie nie verlassen. Besonders jetzt nicht, da Darius so hart gegen die
Finsternis in sich ankämpfen musste.
»Großer Gott«, flüsterte sie. »Was denke ich nur?«
Hast du Schmerzen?
Erschrocken hob Desari den Kopf
und sah sich im Bus um. Die Stimme klang klar, ein wenig überheblich und
samtig. Und sie gehörte nicht Darius. Die Angst schnürte Desari die Kehle
zusammen, sodass sie kaum atmen konnte. Sie spürte Kraft, die Berührung eines
Mannes. Sein Herz schlug gleichmäßig, sein Atem ging ruhig, und irgendwie
gelang es ihm, damit auch ihre erstickten Atemzüge zu beruhigen, als wären sie
eins miteinander. Seine Stimme klang wunderschön und drang bis in ihre Seele
hinein, aber er benutzte einen telepathischen Pfad, der ihr nicht vertraut war.
Eine sehr beunruhigende Erfahrung.
Lass mich in Ruhe! Desari versuchte, ihm auf dem
gleichen Weg zu antworten.
Er lachte leise, voll von
sanftem männlichem Spott. Wohl kaum, piccola. Antworte mir. Hast du Schmerzen?
Schuldbewusst sah sich Desari
um. Syndil hatte alle Mühe, den großen Bus auf der kurvenreichen Straße in die
Wälder hineinzusteuern. Desari hatte das Gefühl, mit dem Teufel selbst im Bunde
zu sein, indem sie dem Fremden durch die Verbindung zu ihr auch Zugang zu ihrer
Familie verschaffte. Und dennoch konnte sie die erwartungsvolle Spannung nicht
unterdrücken.
Natürlich habe ich Schmerzen.
Man hat auf mich geschossen. Wer bist du?
Du weißt, wer ich bin.
Sie schüttelte den Kopf, sodass
ihr langes, blauschwarzes Haar in alle Richtungen flog. Syndil wurde
aufmerksam.
»Ist alles in
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