Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Ordnung, Desari?«,
erkundigte sie sich besorgt.
»Ja, keine Sorge«, brachte Desari mit Mühe heraus.
Sie spürte seine Berührung. Er
strich ihr zärtlich über die Wange. Du hast Angst vor mir.
Ich habe vor niemandem Angst.
Wieder dieses spöttische Lachen.
Desari hätte ihn dafür am liebsten erwürgt.
Was verbindet dich mit dem
Dunklen?, fragte er und klang überhaupt nicht belustigt. Sein Tonfall befahl ihr, ihm zu
antworten. Er gab ihr sogar einen sanften telepathischen Befehl.
Wütend brach Desari den Kontakt
ab. Glaubte er etwa, eine Sterbliche vor sich zu haben, der er mühelos Befehle
erteilen konnte? Wie konnte er es wagen? Schließlich stammte sie aus einer
uralten karpatianischen Familie und verdiente Respekt. Niemand, nicht einmal
ihr Bruder, das Familienoberhaupt, würde sie so geringschätzig behandeln.
Desari atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Nun, sie würde sich auf sein
Spiel einlassen. Auch sie war in der Lage, ihn aufzuspüren, denn sein Blut
floss in ihren Adern. Wenn er sie finden und ihr mental zusetzen konnte, würde
sie es ihm auf gleiche Weise heimzahlen. Desari wurde still, bis ihr Geist ihr
nur noch wie ein kühler, ruhiger Wasserspiegel erschien. Sie ließ sich Zeit,
alle telepathischen Pfade zu erkunden, bis sie den richtigen fand.
Wer bist du? Sie unterstrich die Frage mit
einem ziemlich heftigen Befehl.
Stille. Dann hörte sie wieder dieses aufreizende Lachen.
Also bist du gar keine
Sterbliche, sondern gehörst wie dein Beschützer zum karpatianischen Volk. Es
gibt so vieles, was wir nicht voneinander wissen. Du bist Karpatianerin, und
doch anders.
Du hast nichts von meinem
Blut genommen. Wie ist es dir möglich, mich zu finden? Ohne es zu wollen, war Desari
beeindruckt. Sie wusste, dass Darius über diese Fähigkeit verfügte, Barack und
Dayan jedoch nicht. Sie selbst auch nicht. Noch nicht. Aber sie lernte ständig
etwas Neues von ihrem Bruder.
Du musst wissen, cara, dass du zu mir gehörst.
Nur wenn ich es so will, korrigierte Desari ihn aufgebracht.
Seine Arroganz war wirklich unglaublich.
Der Bus hielt schaukelnd an, und
Syndil drehte sich auf dem Fahrersitz um. »Hier ist ein gutes Versteck, Desari.
Kannst du mir helfen, Darius in die Erde zu bringen?«
Desari errötete und mied den
Blick der Freundin. Sie wollte sich ihre Verwirrung keinesfalls anmerken
lassen. »Ja, ich fühle mich schon viel besser. Danke, Syndil«, entgegnete sie.
Du bist eine kleine
Lügnerin, vernahm sie die neckende männliche Stimme.
Komm mir nicht zu nahe.
Du willst mich. Seine Stimme klang wie eine
Liebkosung.
Träum weiter. Desari stand mühsam auf und
ging zu ihrem Bruder.
Syndil und sie konzentrierten
sich auf Darius und hoben ihn hoch, wobei sie allein ihre geistigen Kräfte
benutzten. Die Leoparden drängten sich heran, um sich selbst davon zu
überzeugen, dass es Darius gut ging. Plötzlich spürte Desari, wie ihre Kräfte
wuchsen. Überrascht sah sie Syndil an, obwohl sie im Grunde wusste, dass es der
Fremde war, der ihr half.
Lass mich in Ruhe.
Verschwinde. Auf der untersten Stufe stolperte Desari, fand jedoch das Gleichgewicht wieder.
Darius schwankte nicht einmal.
»Du trägst ihn ja praktisch
allein«, stellte Syndil bewundernd fest.
Ich habe ihn verletzt. Aus den Worten des Fremden
klang tiefe Genugtuung, doch er half Desari trotzdem dabei, Darius zu tragen,
ohne ihn zu Boden fallen zu lassen.
Sie nahm keine Notiz von ihm.
Noch immer ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie überhaupt mit dem Fremden
gesprochen hatte. Mit einer Handbewegung öffnete Desari die Erde, um ihren
Bruder hineinzulegen. Sie wusste, der Fremde war noch bei ihr, aber sie kannte
auch ihre eigene Stärke. Solange sie wachsam blieb, konnte er in ihren Gedanken
nichts lesen, was sie vor ihm verbergen wollte.
Sie ließen Darius an seinen
Ruheplatz schweben, und das heilende Erdreich schloss sich über ihm. Sascha,
das Leopardenweibchen, hielt an der Stelle Wache. Dann öffnete Desari die Erde
neben ihrem Bruder und ließ sich dankbar hineinsinken. Die Natur würde sich
ihrer annehmen und ihre Wunden an Körper und Seele heilen.
»Schlaf gut, kleine Schwester«,
flüsterte Syndil. »Hab keine Angst. Ich werde mich um alles kümmern, bevor ich
mich heute Nacht zur Ruhe lege. Heile deine Wunden, Desari, und schlafe
sicher.«
»Pass auf dich auf, Syndil.
Vielleicht gibt es noch andere Attentäter«, warnte Desari. Sie schloss die
Augen und ließ sich von der Erde umfangen.
Gerade als
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