Dunkle Sehnsucht des Verlangens
wird.«
Darius stand da, ohne auch nur
einen Muskel zu bewegen. Er wirkte mehr denn je wie ein gefährliches Raubtier.
»Ich biete dir an, meine Familie anzuführen, nicht mich. Ich gehe meinen
eigenen Weg, Savage.«
»Wie ich. Ich wollte dir
gegenüber nicht respektlos sein, Darius. Ich möchte gern mehr über eure
Geschichte erfahren. Ich glaube, dass du Gregoris Bruder bist. Er ist der
Heiler unseres Volkes, ein großartiger Mann und dir sehr ähnlich.« Julian
musste lächeln. »Gregori und ich kommen auch nicht immer miteinander aus.«
Darius blinzelte. »Man sollte es
nicht für möglich halten«, murmelte er.
»Du wirst dich an mich gewöhnen«,
versicherte ihm Julian.
»Darauf solltest du dich lieber
nicht verlassen«, erwiderte Darius.
»Die Sonne geht auf, mein Freund. Lass uns gehen.«
»Es wird dir sicher nicht leicht fallen, mich als Anführer zu
akzeptieren«, warnte Darius ihn leise.
Erstaunt hob Julian die Augenbrauen. »Tatsächlich? Da ich eigentlich
nur meinem Prinzen Gehorsam schulde, werde ich es als interessantes Experiment
betrachten.«
Darius löste sich in feinen Nebel auf. Bei Tagesanbruch war es
leichter, sich im körperlosen Zustand fortzubewegen. Dennoch suggerierte ihm
sein Verstand, dass seine Augen von den Sonnenstrahlen brannten.
Kapitel 7
Ein kräftiger Wind wehte durch
das Dickicht, und die Aste der Bäume schwankten und bogen sich, sodass die
Blätter leise raschelnd über den Boden strichen. Tief unter der Erde riefen die
nächtlichen Harmonien die beiden schlafenden Jäger zurück ins Leben. Zwei
Herzen begannen gleichzeitig zu schlagen, während die Sonne langsam hinter den
Bergen versank. Mit einem dumpfen Dröhnen schoss ein Geysir aus Erdbrocken in
den Himmel, dann, nur wenige Meter entfernt, ein zweiter. Als sich der Staub
wieder gesetzt hatte, gab er den Blick auf zwei elegant gekleidete Männer frei,
die einander schweigend ansahen.
»Meine Schwester?« Wie immer
galt Darius' größte Sorge Desaris Sicherheit.
»Sie wird schlafen, bis wir
diese unangenehme Aufgabe erledigt haben«, antwortete Julian, und sein Blick
fiel auf die Stelle, an der Desari tief in der Erde ruhte.
»Bist du sicher?« Skeptisch hob
Darius eine Augenbraue.
Ein kalter Schimmer trat in
Julians goldbraune Augen. »Ich bin durchaus in der Lage, mich um meine
Gefährtin zu kümmern, daran brauchst du nicht zu zweifeln.«
Wenn Darius in der Lage gewesen
wäre, Belustigung zu empfinden, wäre dies der passende Augenblick gewesen.
Desari gehörte zu den ältesten Karpatianerinnen und stammte aus einer der
mächtigsten Familien. Mochte sie auch eine Frau sein, deren Güte und Mitgefühl
ihren Charakter bestimmten, verfügte sie doch über weit größere Fähigkeiten,
als Julian ihr zugestehen wollte.
»Kennst du viele Frauen unseres Volkes?«,
fragte Darius trügerisch sanft.
»Nein. Es gibt nur noch sehr
wenige. Unsere Frauen werden immer streng bewacht, und so sollte es auch sein.
Sie finden ihren Gefährten, sobald sie achtzehn Jahre alt sind.«
Darius drehte sich um und
blickte Julian erstaunt an. »Ist das wahr? Aber mit achtzehn ist man doch noch
ein halbes Kind. Wie könnt ihr das zulassen?«
Julian zuckte die breiten
Schultern. »Es gibt nur so wenige Frauen, so wenige Kinder, die das erste
Lebensjahr überstehen, und so viele Männer, die mit der Finsternis ringen, dass
dies die einzig sichere Lösung ist. Eine karpatianische Frau ohne Gefährten
würde für zu viel Aufruhr sorgen.«
»Aber das Mädchen kann sich in
so jungen Jahren doch noch gar nicht gegen einen mächtigen Gefährten durchsetzen.
Mit achtzehn hatte sie doch noch keine Gelegenheit, auch nur die einfachsten
unserer Gaben zu erlernen. Wie soll sie da ihre eigenen Talente entwickeln?«
Darius war von den Männern seines Volkes entsetzt.
Julians goldbraune Augen
glitzerten. »Wenn du die Frau gefunden hättest, die wieder Farben und Gefühle
in dein Leben bringt und deine einsame Seele zu neuem Leben erweckt, könntest
du dich dann von ihr abwenden, nur weil sie noch jung ist? Mag sein, dass sie
ihre Talente noch nicht voll entwickelt hat, doch sie ist bereits eine Frau,
und es wäre jedem karpatianischen Mann eine Ehre, die Jahrhunderte damit zu
verbringen, sie in ihrer Selbstfindung zu unterstützen.« Julians Körper wurde
durchsichtig und begann, zu schimmern und sich in winzige Tautropfen aufzulösen.
»Worauf wartest du denn, mein Alter? Ich kann diese Aufgabe auch allein
erledigen, falls du noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher