Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Opfer tastete er
blindlings den Boden ab. Sofort begann Julian, die dämonische Kreatur des
Vampirs zu bekämpfen. Er ließ alle Tentakel verdorren, sobald sie durch die
Erde brachen, um nach Darius zu suchen. Desaris Bruder setzte seine Arbeit
seelenruhig fort, obwohl die widerlichen Tentakel versuchten, sich um seine
Knöchel zu winden. Julian zerstörte sie, so schnell er konnte.
Als auch der letzte zuckende
Fortsatz zu Asche zerfallen war, brach plötzlich ein riesiger birnenförmiger
Körper direkt vor Julian aus der Erde hervor. Das groteske Maul der Kreatur
öffnete sich weit, und sie spuckte einen Schwall grüngelber Flüssigkeit auf
Darius, der ungerührt stehen blieb und die Felsspalte vergrößerte, um die versteckte
Schlafkammer freizulegen. Er vertraute darauf, dass sein Begleiter ihn auch vor
dieser Gefahr beschützen würde. Julian richtete einen Blitzschlag auf die
Kreatur und ließ sie zu Asche zerfallen, ehe der Säurestrahl Darius erreichte.
»Die Sonne«, erinnerte Julian
ihn, als die Abenddämmerung den Himmel in eine Vielzahl von Bot- und Bosatönen
tauchte.
»Diese Prozedur dauert ihre
Zeit«, antwortete Darius leise. »Der Vampir weiß, dass wir hier sind, und
schickt seine Lakaien, um uns aufzuhalten.«
Julian suchte nach
einer telepathischen Verbindung zu ihrem Widersacher in seinem Versteck. Du bist schwach, Untoter. Es
war ein Fehler, einen Mann herauszufordern, der so viel stärker ist als du.
Mein Blut ist alt und mächtig, und ich habe schon viele besiegt, die sich mit
den dunklen Künsten besser auskannten als du. Du kannst diesen Kampf nicht
gewinnen. In Wahrheit hast du bereits verloren, weißt es nur noch nicht.
Plötzlich stürmte ein Heer
riesiger Batten aus der dunklen Kammer und stürzte sich blindwütig auf die
beiden Karpatianer. Der Vampir steuerte ihren Angriff, offenbar verzweifelt auf
der Suche nach einem Ausweg. Die Batten hatten es offensichtlich auf Darius
abgesehen. Der Vampir hatte sich auf den Kampf mit einem Karpatianer vorbereitet,
hatte jedoch nicht vorausgesehen, dass er sich mit einem zweiten Jäger
verbünden würde. Die Batten griffen Desaris Beschützer an - also hatte der
Untote es tatsächlich auf sie abgesehen. Rasend vor Zorn sprang Julian mit
einem Satz über die Ratten hinweg und bahnte sich einen Weg ins Innere des
Felsens.
Der Vampir, nach dem Julian seit
Jahrhunderten suchte, befand sich nicht in der Höhle. Er hätte seinen
ehemaligen Schüler sofort erkannt, seine Stimme, sein Blut und den Schatten auf
seiner Seele. Doch auch diese Feststellung brachte Julian nicht von seinem
Vorhaben ab. Der Untote würde ihm nicht entwischen.
Plötzlich wuchsen spitze,
gezackte Stacheln aus den Wänden des engen Tunnels, die Julian dazu zwangen,
nach rechts und links auszuweichen, während der Vampir seinem Jäger immer neue
Hindernisse in den Weg legte. Der Untote erkannte zwar die große Gefahr, in der
er schwebte, er wusste aber auch, dass die Sonne unterging. Wenn es ihm gelang,
seine Jäger lange genug aufzuhalten, hatte er eine Chance.
Doch Julian verwandelte sich
einfach in einen dünnen, verlängerten Schatten seiner selbst und glitt mühelos
durch das Labyrinth der gezackten Spitzen, um tiefer in die Höhle vorzudringen.
Er witterte den Gestank des Bösen, als er sich dem Lager des Untoten näherte. Es
roch nach Tod und Verwesung. Als Julian die Kammer betrat, stürzten sich
tausende von Fledermäusen auf ihn. Unwillkürlich suchte er eine telepathische
Verbindung zu ihnen, um die Tiere zu beruhigen und sie dazu zu bringen, sich
ins Dunkel der Höhle zurückzuziehen, damit sie draußen in der Abendsonne nicht
das Opfer ihrer Feinde wurden.
Der Vampir lag an seinem
Schlafplatz und starrte Julian aus roten, hasserfüllten Augen an. Er hatte die
dünnen, blutleeren Lippen zurückgezogen und bleckte die schadhaften Zähne.
Seine Haut war stark zusammengeschrumpft.
Er erinnerte an ein Skelett.
Beinahe hätte Julian Mitleid für die zu ewiger Verdammnis verurteilte Kreatur
empfunden, wurde jedoch vom Gestank des Bösen überwältigt. Er empfand für die
Untoten tiefe, gnadenlose Abscheu, die er niemals überwinden würde. In seiner
Kindheit war ihm ein solches Wesen viel zu nahe gekommen.
Der Vampir lag in einer Mulde,
bedeckt von vermoderter, ehemals eleganter Kleidung. Er sah grotesk aus. Als
Julian sich ihm näherte, verzogen sich die Lippen zu einem hässlichen Lächeln.
»Du kommst zu spät, Jäger. Die Sonne ist vom Himmel verschwunden.« Der
Weitere Kostenlose Bücher