Dunkle Sehnsucht des Verlangens
Erdreich wirklichen Schutz
vor den Gefahren in einem fremden Land bot. Wenn sie ausnahmsweise einmal über
der Erde schlafen mussten, fühlten sie sich unsicher und viel verletzlicher als
sonst. Wenn die Sonne am höchsten stand, wurden Karpatianer schwach und
lethargisch. Und sobald das Sonnenlicht auf ihre ungeschützte Haut traf,
verbrannten sie. Den frühen Morgen und späten Abend vermochten sie auszuhalten,
wenn auch nicht immer ohne Schwierigkeiten. Selbst schwaches Sonnenlicht
brannte schmerzhaft in ihren sensiblen Augen.
Desari fand einen kleinen,
unauffälligen Hügel, der dicht mit Gras bewachsen war. Dieser Ort kam ihr
gleich friedlich und einladend vor. Mit einer Handbewegung öffnete sie die Erde
und legte sich zur Ruhe. Im gleichen Augenblick sandte sie die Koordinaten
ihres Schlafplatzes sowohl an ihren Bruder als auch an Julian.
Und nun schließe das
Erdreich und schlafe. Desari erkannte Julians leisen Befehl sofort. Wie
Darius musste er nicht einmal seine Stimme erheben, um seinen Willen
durchzusetzen.
Erst wenn du zu mir zurückkehrst.
Ich möchte dich nicht dazu
zwingen müssen, mir zu gehorchen.
Als ob du das könntest! Du
scheinst immer wieder zu vergessen, dass ich dir ebenbürtig bin. Verschwende
deine Energie nicht darauf, das Unmögliche zu versuchen. Töte den Vampir, wenn
es sein muss, und dann komm schnell zu mir zurück. Wir diskutieren deine
arrogante Haltung dann morgen Nacht.
Sein leises Lachen hallte durch
ihre Gedanken. Desari entspannte sich. Offenbar hatte Julian endlich begriffen,
dass sie sich von ihm nichts gefallen lassen würde. Sein Angriff traf sie
völlig unvorbereitet. Plötzlich verspürte Desari nur noch den Wunsch, Julian zu
gehorchen. Ehe sie sich zurückhalten konnte, hatte sie ihm bereits die Kontrolle
überlassen. Sofort ließ Julian sie in den tiefen Schlaf des karpatianischen
Volkes fallen, hielt ihr Herz und ihre Lungen an und bedeckte sie mit der
heilenden, beruhigenden Erde, die ihr Schutz und Erholung schenkte.
Kaum hatte er Desari seine
Befehle gegeben, wandte Julian seine Aufmerksamkeit wieder dem eigentlichen
Ziel zu. Morgen Nacht würde er sich mit Desaris Zorn auseinander setzen
müssen, doch wenigstens konnten ihr die Untoten im Augenblick nichts anhaben.
Sie war in Sicherheit. Und kein Vampir würde Julian dazu benutzen können, sich
ihr zu nähern.
Als er die dunkle Aura des
Untoten ganz in der Nähe wahrnahm, ließ Julian sich zur Erde sinken und nahm
wieder menschliche Gestalt an. Nur einen Herzschlag später gesellte sich
Darius zu ihm.
»Du hättest sie dazu erziehen
sollen, denen zu gehorchen, die sie beschützen wollen«, wies Julian ihn
zurecht.
Darius warf ihm einen finsteren
Blick zu. »Ich hatte es nie nötig, Dara zu Gehorsam mir gegenüber zu zwingen.«
Langsam und vorsichtig suchten
sie die Klippen ab, alle Sinne auf das Äußerste geschärft. Der Vampir würde seinen
Schlafplatz sicherlich mit aller Macht verteidigen. »Also ist sie deshalb mit
mir gekommen? Weil du einverstanden warst?« Julian ließ seine Hand über die
Felsen gleiten.
Darius packte ihn und zerrte ihn
beiseite, gerade als sich über ihnen ein riesiger Felsbrocken löste und
krachend auf die Stelle stürzte, an der Julian eben noch gestanden hatte. »Ich
wusste, dass sie sich nicht in Gefahr befand. Du hättest ihr schon während des
Konzerts etwas antun können, als wir mit den Attentätern beschäftigt waren«,
erwiderte Darius gelassen, während er ein Stück Felswand untersuchte, dessen
Schichten aus Achat und Granit seine Aufmerksamkeit erregt hatten.
»Ja, richtig, das berühmte
Konzert, bei dem du Desaris Leibwächter warst.«
»Du solltest mich nicht so sehr
reizen, Savage. Die Ereignisse bei dem Konzert waren allein deine Schuld. Wenn
ich nicht von deiner Aura abgelenkt gewesen wäre, hätten es die Attentäter
nicht einmal bis in den Saal hinein geschafft. Du hast ihnen die Tür geöffnet.«
Darius trat einige Schritte zurück und ließ den Blick über die Klippen wandern.
»Diese Gesteinsformation sieht irgendwie seltsam aus, findest du nicht?«
Julian betrachtete die Klippe
eingehend. »Vielleicht handelt es sich um seinen Bannzauber. Nur kommt er mir nicht
bekannt vor. Hast du diese Muster schon einmal gesehen? Ich glaubte, inzwischen
die Werke der meisten Vampire erkennen zu können.«
Darius warf ihm einen flüchtigen
Blick zu. »Du bist zu beneiden, weil du die Möglichkeit hattest, diese Dinge
von den anderen zu lernen. Ich verbrachte
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