Dunkle Sehnsucht des Verlangens
ihren Gedanken. Er stand einfach nur neben ihr.
Athletisch. Sinnlich. Der große Schmerz war so tief in seiner Seele verborgen,
dass er sich fragte, ob Desari ihn wohl je finden und auslöschen konnte. In
seinen golden schimmernden Augen funkelte das Verlangen nach ihr und zog sie
unwiderstehlich in seinen Bann. Desaris Herz setzte einen Schlag lang aus, und
sie wusste, sie war verloren.
»Ich habe mehr als einmal mein
Blut mit einem anderen geteilt, Kleines, obwohl meine Hilfe oft abgelehnt wird,
da ich bekanntermaßen ein Vampirjäger bin.« Während Julian noch die Worte
aussprach, erinnerte er sich daran, warum nur so wenige Männer Vampire jagten,
nachdem sie ihre Gefährtin gefunden hatten. Um seine Gefährtin zu beschützen,
war es möglich, dass ein Jäger in einer erbitterten Schlacht mit einem Vampir
zu lange zögerte, was seinen Tod bedeuten konnte. Damit brachte er entsetzliches
Leid über seine Gefährtin und trieb sie unter Umständen dazu, sich das Leben zu
nehmen.
Der ideale Vampirjäger hatte
bereits ein langes Leben hinter sich, verfügte über viel Wissen, Geschick,
Gnadenlosigkeit und Macht. Ein solcher Mann konnte kaum darauf hoffen, seine
Gefährtin zu finden, sodass ihm der Verlust seines eigenen Lebens nichts
bedeutete. Wenn ein Jäger jedoch seine Gefährtin fand, durfte er nicht
riskieren, im Kampf getötet zu werden, denn dann starb aller Wahrscheinlichkeit
nach auch seine Gefährtin. Und das karpatianische Volk konnte sich nicht
erlauben, auch nur eine einzige Frau zu verlieren. Julian hatte nur von einem
einzigen Fall gehört, in dem ein Gefährte den anderen überlebt hatte. Die Frau
war gestorben und der Mann war zum Vampir geworden und hatte Angst und
Schrecken in den Karpaten verbreitet. Er hatte jeden getötet, den er für den
Tod seiner Gefährtin verantwortlich gemacht hatte. Nicht einmal seinen eigenen
Sohn verschonte er; er versuchte dann auch noch, den Gefährten seiner Tochter
umzubringen, obwohl er genau wusste, dass diese Tat auch ihr Ende bedeuten
würde.
Zärtlich legte Desari Julian die
Hand auf den Arm und trat endlich in telepathischen Kontakt zu ihm, um herauszufinden,
was ihn plötzlich so traurig gestimmt hatte. Sie entdeckte eine Erinnerung, in
der Julian langsam auf einen gut aussehenden Mann zuging. Der Mann hatte
dunkle, unendlich kummervolle Augen, die viel zu viele Schrecken gesehen
hatten. Es waren die Augen eines Mannes, den man auf unerträgliche Weise
gequält hatte. Er war schwer verletzt. Blut tropfte aus seinen Wunden, während
er Julian misstrauisch musterte. Desari sah, wie Julian leise mit dem Mann
sprach und dann ohne Umschweife seinen Arm ausstreckte, damit der andere Mann
von seinem Blut trinken und so überleben konnte. Jacques. Mikhails Bruder.
Er war der Gefährte einer Frau, deren Vater ihren Bruder ermordete, sein Volk
an sterbliche Vampirjäger verriet, ihren Ehemann folterte und versuchte, sie
umzubringen. Es gelang Desari, diese Dinge in Erfahrung zu bringen, bevor Julian die
Erinnerung verdrängte und zärtlich Desaris Kinn umfasste.
»Wir werden unsere Probleme zu
unser beider Zufriedenheit lösen, Desari«, versprach er leise. »Komm mit mir.
Du musst dich heute Nacht noch nähren, bevor wir mit den anderen weiterziehen.
Und ich muss endlich wieder deinen Körper spüren, damit ich weiß, dass du
wirklich zu mir gehörst und nicht einfach nur ein schönes Trugbild bist.«
Seine Sehnsucht nach ihr war so
übermächtig, dass sie alle anderen Gedanken vertrieb. Zärtlich legte Julian ihr
die Hand in den Nacken und zog sie an sich, während sie gemeinsam den
Campingplatz verließen. Bei jedem gemeinsamen Schritt berührten ihre Körper
einander.
Auch Desari spürte die
Sehnsucht, doch sie wurde von einem wunderbaren Gefühl des inneren Friedens
begleitet. Sie liebte die Art, wie Julian sich bewegte, mit der kraftvollen
Anmut einer Raubkatze im Dschungel. Wenn er seinen starken Arm um sie legte,
fühlte sie sich zerbrechlich und feminin, obwohl sie ihm an Kräften ebenbürtig
war. Während sie gemeinsam in den Wald gingen und sich immer weiter von den
anderen entfernten, ließ Julian hin und wieder sanft seine Fingerspitzen über
ihren Nacken gleiten. Er nahm eine seidige Haarsträhne zwischen Daumen und
Zeigefinger und rieb sie zärtlich, als könnte er einfach nicht genug davon
bekommen. Dann streichelte er ihren Hals beinahe gedankenverloren, und doch
entfachte seine Liebkosung das Feuer, das in Desari glomm.
Wie war sie nur ohne ihn
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