Dunkle Sehnsucht des Verlangens
an Afrika, denn dort haben wir sehr lange
gelebt.«
»Auch ich habe einige Zeit in
Afrika verbracht und mit Leoparden gelebt«, berichtete Julian, um Desari von
der Diskussion über ihre Familie abzulenken.
Ihre großen, wunderschönen Augen
glänzten. »Wirklich? Das ist ja unglaublich! Wir lebten beinahe zweihundert
Jahre lang dort und kehren auch jetzt manchmal noch zu einem Besuch zurück.
Wäre es nicht komisch, wenn wir zur selben Zeit auf demselben Kontinent gelebt
hätten und einander nie begegnet wären? Besonders wenn du dich mit unseren
Leoparden angefreundet hättest.«
Julian schüttelte den Kopf. »Das
bezweifle ich. Sobald ich in die Nähe deines Bruders gekommen wäre, hätte ich
die Aura seiner Macht spüren können und er die meine, wir hätten die
Anwesenheit des anderen mit Sicherheit bemerkt. Außerdem hätten wir, du und
ich, die Nähe unseres Gefährten gespürt.« Allerdings war es eine interessante
Tatsache, dass Julian sich immer so sehr zu Afrika hingezogen gefühlt hatte,
während er auf der Suche nach anderen Karpatianer durch die Welt gezogen war.
Vielleicht hatte etwas in Desari selbst damals schon nach ihm gerufen.
»Erzähle mir etwas von deinem Volk.«
»Es ist auch dein Volk. Du hast
andere lebende Verwandte, Desari. Dein ältester Bruder steht bei unserem Volk
in hohem Ansehen, er wird geachtet und gefürchtet. Sein Name ist Gregori, und
Darius ist ihm ähnlich .« Ein spitzbübisches Lächeln trat auf Julians
ernsthaftes Gesicht. »Sie ähneln einander wirklich sehr. Gregori, der Dunkle,
muss oft als schwarzer Mann herhalten, um die kleinen Kinder zu erschrecken.
Es gibt nur einen anderen Karpatianer, der ebenso mächtig ist wie Gregori.
Mikhail, der Prinz unseres Volkes. Er ist derjenige, der den Karpatianern durch
viele Jahrhunderte hindurch Hoffnung und neuen Lebensmut gegeben hat. Mikhail
und Gregori stehen einander sehr nahe. Jeder der beiden ist so mächtig, dass
niemand es wagen würde, einen von ihnen herauszufordern, aus Furcht vor der
Rache des anderen.«
Desari nickte. »Wie in unserer Familie.«
Julian dachte über ihre
Bemerkung nach. »Ja, ganz ähnlich, obwohl es nur wenige Karpatianer gibt, die
in einem solchen Familienverbund zusammenleben.«
»Was ist mit deiner Familie?«,
fragte Desari unschuldig. Sie sah, wie Julian zusammenzuckte und den Blick von
ihr abwandte. »Wie gesagt, ich habe einen Zwillingsbruder. Aidan. Er lebt in
San Francisco. Seit vielen Jahren habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen und
kenne auch seine Gefährtin nicht.«
Desari hob die Augenbrauen. Sie
nahm einen tiefen Kummer wahr, der auf Julians Seele lastete, versuchte jedoch
nicht, in seinen Gedanken danach zu suchen. Stattdessen erkundigte sie sich
vorsichtig: »Hat es eine Auseinandersetzung gegeben?«
»Aidan und ich sind durch Blut
miteinander verbunden, Desari. So wie dein Bruder dich überall finden kann,
könnte ich auch meinen immer aufspüren.« Julian fuhr sich seufzend durchs Haar.
»Die meisten karpatianischen Männer weigern sich, ihr Blut miteinander zu
teilen. Jeder Mann weiß, dass ihm ohne seine Gefährtin nur zwei Möglichkeiten
bleiben. Entweder muss er eines Tages sein Leben beenden oder sich in einen
Vampir verwandeln und seine Seele für alle Ewigkeit verlieren. Für einen
Vampirjäger ist es viel einfacher, jemanden zu jagen, dessen Blut in ihm
fließt.«
Desari atmete tief durch. Julian
hütete ein finsteres Geheimnis, das er ihr nicht verraten wollte. »Hast du dein
Blut mit anderen geteilt, Julian?«, fragte sie.
Julians weiße Zähne blitzten
auf, als er Desari anlächelte. »Du musst nur in meinen Gedanken nach der
Antwort suchen, cara mia.«
Er forderte sie heraus, wollte
sie dazu bringen, alle seine Gedanken zu lesen und ihn so auf intimste Weise
kennen zu lernen. Jedes Mal, wenn sie ihre Gedanken miteinander verschmolzen,
band sie der Akt noch enger aneinander. Julians Seele wurde ihr immer
vertrauter, das fühlte Desari. Sie sehnte sich nach der telepathischen Verbindung
zu ihm, und diese Sehnsucht wuchs von Tag zu Tag, ebenso wie das Verlangen nach
der körperlichen Vereinigung mit ihm. Lange würde sie der Versuchung nicht
mehr widerstehen können, das wusste sie. Und doch lag über Julians Geist, ja
selbst über seiner Seele, ein Schatten, der tief in seinem Innern verborgen war
und ihm großen Kummer bereitete.
Desari wandte den Blick ab und
betrachtete den dichten Wald. Die Freiheit war so nah. Julian berührte sie
nicht, nicht einmal in
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