Dunkle Sehnsucht
Verstanden?«
»Alles klar« und »natürlich« lauteten ihre Antworten. Ich fragte mich, ob sie wirklich kapierten, was hier lief. Ich hatte es kapiert und war alles andere als begeistert.
Ich setzte die Vampire in der Nähe des Springbrunnens ab, an dem wir uns mit ihnen verabredet hatten, und fuhr ein paar Kilometer, bevor ich Bones einen Blick zuwarf.
»Du benutzt sie als Lockvögel.«
Bones begegnete meinem Blick, seine dunkelbraunen Augen verbargen nichts. »Ja.«
»Gott«, murmelte ich. »Du verbietest ihnen zu erzählen, dass sie nicht mehr herrenlos, sondern Mitglieder der Sippe eines mächtigen Vampirs sind, damit diese Ghule sie nach wie vor als leichte Beute ansehen. Du bringst sie bewusst in Gefahr.«
»Nicht mehr als vorher, wie sie selbst gesagt haben. Wenn ihnen jetzt aber etwas geschieht, habe ich unserem Gesetz zufolge das Recht, Nachforschungen anzustellen«, war seine allzu logische Antwort. »Glaub mir, Schatz, ich hoffe, ihnen geschieht nichts und sie führen mich lediglich zu den Ghulen. Steckt allerdings Apollyon hinter den Übergriffen, müssen wir eine Möglichkeit finden, ihm das Handwerk zu legen, ohne grundlos feindselig zu wirken. Sonst ...«
Bones musste den Satz nicht beenden. Sonst sieht es erst recht aus, als wollte ich eine Art Vampir-Stalin werden, wie er behauptet, führte ich seinen Satz im Geist zu Ende. Klar, als würde das jeden Morgen auf meiner To-do-Liste stehen.
Zähne putzen. Haare waschen. Welt der Untoten mit eiserner Faust regieren.
»Ich weiß nicht, warum überhaupt irgendwelche Ghule Apollyon Glauben schenken, wenn er behauptet, ich wäre eine Riesenbedrohung«, murrte ich. »Ich habe zwar komische Ernährungsgewohnheiten, aber Apollyon kann niemandem mehr weismachen, ich würde ghulische und vampirische Kräfte in mir vereinen. Mit diesem paranoiden Ge-wäsch dürfte es nach meiner Verwandlung ja wohl vorbei sein.«
Bones' Blick war mitfühlend, aber unnachgiebig. »Kätzchen, du bist erst seit knapp einem Jahr eine Vampirin. In dieser Zeit hast du einem Meistervampir durch Pyrokinese den Kopf weggeblasen und Dutzende Vampire per Telekinese gelähmt. Deine Fähigkeiten und dein gelegentlich schlagendes Herz machen den Leuten einfach Angst.«
»Aber das sind gar nicht meine Fähigkeiten!«, rief ich.
»Okay, es ist mein Herz, das ab und zu schlägt, aber die anderen Kräfte hatte ich nur geborgt. Ich habe sie ja nicht mal mehr, und hätte ich nicht von Vlad und Mencheres getrunken, hätte ich sie auch nie bekommen.«
»Niemand weiß, wie du dazu gekommen bist, beziehungsweise, dass du sie nach einer Weile wieder verlierst«, bemerkte Bones.
»Vielleicht sollten wir es öffentlich machen.« Doch schon während ich das sagte, wusste ich es besser.
Bones stieß eine Art Seufzer aus. »Wüsste Apollyon, wie du zu deinen Kräften kommst, könnte er behaupten, du wärst in der Lage, dir jede gewünschte Fähigkeit anzueignen, indem du von einem Vampir trinkst, der sie besitzt. Besser, er glaubt, du wärst einfach ein Ausnahmetalent.«
Anders ausgedrückt, egal wie wir es der Öffentlichkeit verkauften, ich würde immer als gefährlicher Sonderling da-stehen. Ich atmete tief durch, in der Hoffnung, das vertraute Ritual würde mich beruhigen. Was nicht der Fall war. Ich sog lediglich den Duft des Blutes ein, sodass mein Magen sich beinahe schmerzhaft zusammenkrampfte.
»Zu schade, dass dein Mitregent sein zweites Gesicht noch nicht wieder ganz zurückerlangt hat. Dann wären wir nicht im Ungewissen darüber, ob Apollyon hinter allem steckt.«
Bones zuckte bestätigend mit den Schultern. »Mencheres hatte bereits wieder die eine oder andere Zukunftsvision, aber keine, die uns betrifft, und er kann seine Visionen auch nicht willentlich herbeirufen. Wenn wir Glück haben, kommen seine Kräfte bald zurück.«
Aber bis dahin waren wir auf uns allein gestellt. »Wir er-zählen also weiterhin niemandem, dass ich meine Fähigkeiten aus Vampirblut beziehe, und benutzen Ed und Scratch als Lockvögel für die Ghule, um herauszufinden, ob Apollyon der Drahtzieher ist.«
»Genau, Süße.«
Ich schloss die Augen. Der Plan gefiel mir zwar nicht, aber im Augenblick hatten wir keine andere Wahl.
»Dann wäre da noch etwas«, sagte ich, öffnete die Augen und bedachte Bones mit einem matten Lächeln. »Wir müssen jemanden finden, dessen Blut ich trinken kann, um nicht auf deins angewiesen zu sein.«
Ich kannte die Wachleute nicht, die zum Helikopterlande-platz
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