Dunkle Spiegel
Mitte, war bei den Tatortermittlungen dabei und hat sogar noch Mitleid geheuchelt! Er war ein junger, aber keinesfalls unerfahrener Detective, kannte sich mit der Spurensicherung aus und hatte das wiederum genutzt, um uns falsche Fährten und Hinweise an den Tatorten zu hinterlassen. Und das alles nur, um seinem kranken Trieb nachzukommen.” sagte Ramirez zornig und blies energisch den Rauch zur Decke.
“Und welches Motiv hatte er?” fragte Chapler.
“Rache. Wie wir später herausfanden, war er als Kind und auch noch als pubertierender Jugendlicher von seiner Mutter misshandelt worden. Elf Jahre später, lange nachdem er weit von ihr weggezogen war und jeden Kontakt zu ihr abgebrochen hatte, war er eines schönen Tages doch zu ihr zurückgekehrt - und hatte sie ermordet. Er hat sie so brutal mit Fausthieben und Schlägen traktiert, dass sie daran gestorben ist. Und dann hatte er sie im Keller eingemauert.” Hier machte Ramirez eine kleine, theatralische Pause. Für einen kurzen Augenblick sah ich in seinen Augen die gleiche Abscheu wie wir sie damals auch schon verspürt hatten, als wir die bis auf die Knochen verweste Leiche aus dem Mauerwerk befreien mussten. Dann fuhr Ramirez mit unheilvoller Stimme fort: “Ja, eingemauert hatte er sie. Und das schlimmste ist, dass sie da vermutlich noch etwas bei Besinnung war. Das heißt, sie lebte noch, als der letzte Backstein die Lücke schloss und sie vom Tageslicht trennte! Doch das hatte ihm noch nicht gereicht! Er begann damit, Frauen zu töten, die seiner Mutter ähnlichsahen, um sich dadurch wieder und wieder an ihr zu rächen. Er wollte sie offensichtlich eines vielfachen, grausamen Todes sterben lassen. Alle diese Frauen tötete er brutal auf die gleich Weise - nur das Privileg des Einmauerns hatte lediglich seine Mutter. Zum Glück, wie man sarkastischerweise schon sagen muss.”
“Ein Kollege aus dem Team. Mann … was für ein Schock.”
Ich nickte. “Vor allem, weil wir uns riesige Vorwürfe machten, da der Mörder uns ja praktisch schon die ganze Zeit gegenüber gesessen hatte! Wir hätten nur zugreifen müssen.”
“Das war eine harte Lektion, das kann ich dir flüstern, Chapler! Aber sie hat uns auch weiter gebracht.” Damit rückte Ramirez dichter an Chapler heran und sagte: “Und auch diesmal wird das so sein! Wir sind nah dran, das spüre ich! Ich weiß zwar noch nicht wie, aber wir kriegen ihn! Niemand ist ein Versager in diesem Job! Selbst das Offensichtliche kann man manchmal nicht sehen, wenn es eine Maske trägt.”
“Wir kriegen diesen Bastard!” bekräftigte ich noch einmal.
“Und wie? Alle Trümpfe sind doch weg, oder?” entgegnete Chapler ratlos.
“Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ein bisschen Optimismus hat noch nie geschadet. Jetzt erzähl uns aber erst mal, warum du glaubst, dass du so was wie ein Versager wärst. Was ist wo schief gelaufen?”
“Moment mal!” warf Ramirez ein. “Bevor wir damit anfangen, muss ich noch einmal für kleine Jungs. Also hübsch auf mich warten und nicht ohne mich anfangen, alles klar?” Er gab Chapler mit einem Zwinkern seine Zigarre und bewegte sich in Richtung Theke.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er Schwierigkeiten hatte, an einem kleineren Mann vorbeizukommen, der wohl schon etwas angetrunken war. Er entschuldigte sich vielfach bei meinem Partner, der seine Entschuldigung aber nur grinsend mit einer Handbewegung abtat.
Kannte ich dieses Gesicht?
Irgendwie kam es mir bekannt vor. Doch noch bevor ich mir das Gesicht noch einmal genauer ansehen konnte, war der Mann auch schon aus der Bar verschwunden. Ich hatte mich sicher geirrt. In diesem Dunst und dem schummrigen Licht nebst Budweiser-Faktor konnte man schon mal Gesichter sehen, die einem bekannt vorkamen und die man doch noch nie gesehen hatte. Das war wohl auch jetzt so.
Ich lehnte mich zurück, nahm noch einen Schluck und begann mit Chapler locker über sein Hobby zu plaudern: das Angeln. In dem Moment fiel mir wieder die Tanzeinlage im Büro ein und mir lag die Frage auf den Lippen, ob er seine Herzdame hatte beeindrucken können. Aber ich schob den Gedanken beiseite und lauschte interessiert seinen Ausführungen, wobei seine Begeisterung für das Angeln immer deutlicher wurde. Mehr und mehr entspannte er sich.
Und das mussten wir alle, dachte ich bei mir!
Unbedingt!
*** 48 ***
Mein Gott, wie köstlich!
Wie erfrischend!
Nein - wie unschätzbar erbaulich!
Da saßen sie, die Spezialisten unserer Polizei. Sie wirkten
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