Dunkle Symphonie der Liebe
Ehe angeboten«,
erinnerte Don Giovanni, der den Abscheu in ihrer Stimme bemerkte, seine
Enkelin. »Du hast immer geglaubt, er wäre hinter deinem Geld her, aber davon
hat er selbst genug. Warum hast du immer ausgeschlossen, dass es ein
aufrichtiges Angebot war r«
Wie sollte sie eine Aversion
erklären, für die es keinen Grund gab? »Ich fand, dass ich dick und hässlich
und von Narben entstellt war, Nonno, und konnte mir einfach nicht vorstellen,
dass mich ein Mann um meiner selbst willen haben wollte.«
»Was für ein Unsinn!«
»Aber so habe ich mich immer
gefühlt. Im Grunde bin ich ziemlich unsicher, weißt du.«
Die Haushälterin klopfte ein
zweites Mal höflich an die Tür. »Signorina Scarletti? Die Polizeibeamten sind
hier und wollen mit Ihnen sprechen. Ich habe sie in den Wintergarten gebeten.«
»Danke, Helena. Ich komme
sofort.«
»Signorina Tasha kümmert sich
gerade um sie.« Obwohl die Haushälterin sich gelassen gab, war es nicht schwer
zu erraten, wie sehr sie der Gedanke beunruhigte, Tasha mit den Gesetzeshütern
allein gelassen zu haben. Tasha war unberechenbar, das wussten die Dienstboten
genauso gut wie ihre Angehörigen.
»Ich hatte noch gar keine
Gelegenheit, mit dir über die vergangene Nacht zu sprechen«, wandte Don
Giovanni ein. »Dir bleibt wohl nichts anderes übrig, als zu ihnen zu gehen.
Wenn wir es Tasha überlassen, mit der Polizei zu reden, landen wir alle hinter
Gittern.«
Antonietta klopfte ihrem
Großvater auf die Schulter. »Sei nicht unfair, Nonno. Sie hat sich im
Krankenhaus großartig gehalten und sich rührend um Marguerite gekümmert.«
»Kinder liebt sie wirklich«,
gab ihr Großvater zu. »Hat Byron zufällig erwähnt, ob er heute vorbeikommen
will? Ich kenne seine Adresse nicht, und die Polizei braucht seine Aussage. Ich
fürchte, niemand kann glauben, dass er ins Meer gesprungen ist, um einen
ertrinkenden alten Mann zu retten.«
Antonietta konnte ein leichtes
Lächeln nicht unterdrücken. »Oh, ich bin sicher, er wird bald da sein, Nonno.«
Sie bückte sich und gab ihrem Großvater einen Kuss. »Jeder würde einfach alles
tun, um dich zu retten. Du bist der Familienschatz.«
Byron lehnte den jungen Mann an
die Mauer des Gebäudes, wo er stehen blieb, leicht benommen und ohne Erinnerung
an das, was vorgefallen war, aber unverletzt. Mit frischer Kraft schwang sich
Byron in die Lüfte und wechselte dabei seine Gestalt, etwas, das er noch vor
zwanzig Jahren nicht gekonnt hätte. Vampire zu jagen hatte ihn abgehärtet, ihm
völliges Vertrauen gegeben, mit jeder noch so schwierigen Situation fertig zu
werden, aber es hatte ihn nicht auf eine Frau wie Antonietta vorbereitet.
Natürlich war sein erster
Impuls gewesen, sie irgendwohin zu entführen, mit den rituellen Worten Anspruch
auf sie zu erheben und der Natur ihren Lauf zu lassen. Aber die Erfahrungen,
die er im Lauf eines Lebens voller Unbesonnenheiten gemacht hatte, hatten ihn
gelehrt, behutsam vorzugehen. Nachdem er bei dem Versuch, den Prinzen und seine
Gefährtin zu ermorden und die Beziehung zu Jacques Dubrinsky, seinem besten
Freund, zu zerstören, gefangen genommen, gefoltert und als Lockvogel benutzt
worden war, wusste Byron die Vorzüge von Vorsicht, Geduld und gründlichem
Nachdenken zu schätzen. Ein Leben voller Fehler lag hinter ihm, und jetzt
wollte er kein Risiko mehr eingehen.
Er war entschlossen, Antonietta
kennen zu lernen. Leider verfügten die Mitglieder der Familie Scarletti über so
etwas wie einen angeborenen geistigen Schutzschild. Er konnte nicht einfach in
ihre Gedanken eindringen und alles erfahren, was es zu wissen gab. Er ließ sich
Zeit, indem er seine Freundschaft mit Don Giovanni dazu benutzte, ein häufiger
Gast im Palazzo zu werden. Indem er wartete und Antonietta beobachtete. Ihm
war klar, dass sie das Gefühl brauchte, die Dinge im Griff zu haben. Sie
brauchte ihre Unabhängigkeit. Antonietta Scarletti musste umworben und erobert
werden, wenn er sie glücklich machen wollte.
Byron seufzte leise und ließ
den Laut vom Wind auf die See hinaustragen. Der Mordversuch hatte alles
verändert. Er musste wissen, dass sie beschützt wurde, Tag und Nacht. Er
musste in der Lage sein, geistig mit ihr in Verbindung zu treten, jederzeit zu
wissen, was mit ihr passierte.
Er ließ sich vom Himmel zu der
Stelle herabsinken, wo er sein Geschenk für sie zurückgelassen hatte. Er kannte
Antonietta gut genug, um zu wissen, dass sie es annehmen würde, ob es ihr
gefiel oder nicht. Antonietta
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