Dunkle Symphonie der Liebe
Schönheit und Poesie in das Chaos und ließen die Töne
miteinander verschmelzen, bis die Musik immer lauter wurde, zu laut für den
Raum mit seiner perfekten Akustik. Sie rief hemmungslos nach ihrem Liebsten,
verlangte von ihm, ihrem Leid ein Ende zu bereiten. Die Musik seufzte und
klagte, flehte und bettelte, wurde weich und betörend wie Sirenengesang. Eine
Melodie reiner Verführung.
Die Türen zu ihren Zimmern
waren bereits den ganzen Tag geschlossen. Sie wollte niemanden sehen. Nicht
einmal Don Giovanni konnte sie überreden, ihm zu öffnen. Eine Sekunde nach der
anderen war mit dem Ticken der Uhr verstrichen, laut wie ein Herzschlag. Endlos
lange Minuten, Stunden, Tage. Sie konnte den Gedanken an eine Zukunft ohne ihn
nicht ertragen. Byron. Ihr dunkler Poet. Sie hatte ihn verloren, bevor sie Gelegenheit
gehabt hatte, ihn wirklich kennen zu lernen, und sie konnte nicht fassen, wie
groß ihre Seelenqual war.
Der Schmerz tobte in ihr, nagte
an ihr, überdeckte den Zorn auf ihren Cousin. Auf ihre Familie. Auf Justine.
Sie wollte sich von niemandem trösten lassen. Nur Celt durfte bei ihr bleiben,
während sie weinte und die verschiedensten Gegenstände an die Wand
schleuderte, ein für sie völlig untypisches Gebaren. Sie vergoss unzählige
Tränen und zürnte dem Himmel, weil er zugelassen hatte, dass ihr Cousin eine
Pistole in die Hand bekommen hatte. Die ganze Zeit über blieb der Hund an ihrer
Seite, führte sie an den Stolperstellen, den auf dem Boden herumliegenden
Sachen, die sie zerschmettert hatte, vorbei und drückte tröstend und
freundschaftlich seinen Kopf an sie.
Die Musik wurde melancholisch.
Die Töne schwollen an und durchdrangen das weitläufige Gebäude, sodass sich im
ganzen Haus betroffenes Schweigen ausbreitete. Selbst die Kinder sprachen im
Flüsterton, und Marita ermahnte sie, leiser zu sein. Eine gedrückte Stimmung
senkte sich über den Palazzo. Antonietta, ein Quell der Kraft für sie alle, ihr
Halt, die einzige Konstante in ihrer aller Leben, war verzweifelt wie nie
zuvor. Wegen eines Mannes. Schlimmer noch, wegen eines Mannes, den sie alle
fürchteten. Die Sinfonie, ein Ausbruch von Tränen und seelischen Qualen, ging
endlos weiter, bis sogar die Dienstboten weinten.
Draußen, hinter der
Farbenpracht der kostbaren Buntglasfenster, war der Sturm schon lange
abgeflaut, aber noch immer jagten Wolken über den Himmel, verbargen den Mond
und die Sterne, sodass die Wasserspeier und geflügelten Kreaturen, die auf
Dächern und Zinnen kauerten, in dunklen Schatten lagen.
Antonietta fühlte, wie die
Musik in ihr aufstieg, Ausdruck von unerbittlichen, gnadenlosen Gefühlen, die
wie ein Vulkan immer wieder ausbrachen. Sie spielte wie eine Getriebene, konnte
einfach nicht aufhören. Und dann spürte sie seine Hände auf ihren Schultern.
Seinen warmen Atem an ihrem Nacken. Seine Lippen auf ihrem Haar. Ihre Finger
verharrten über den Tasten. Nach der Intensität und Gewalt der Musik abrupte
Stille. Im Palazzo herrschte nach Stunden leidenschaftlicher Klänge plötzlich
Schweigen.
Antonietta saß auf der
polierten Klavierbank und wagte nicht, daran zu glauben, dass er hier bei ihr
war, dass er nach all den langen Stunden voller Angst und Leid zu ihr gekommen
war. Ihr Herz schien stillzustehen, und ihre ganze Welt konzentrierte sich auf
seine Hände. Auf die Hitze seiner Haut, die Wärme seines Atems, das Schlagen
seines Herzens. Ihr eigener Herzschlag stolperte leicht und passte sich dann
seinem Rhythmus an, bis ihre Herzen in völligem Einklang schlugen. Sie fuhr
herum, warf ihre Arme um ihn und stieß einen Schrei aus, der sofort verstummte,
als er seinen Mund auf ihren presste.
Byron schmeckte ihre Tränen,
ihre Liebe und Hingabe. Seine Lippen wanderten über ihr Gesicht, über ihre
Augen, entdeckten von neuem ihre hohen Wangenknochen und das kleine Grübchen
und kehrten schließlich zu ihrem Mund zurück, fanden Hitze und Feuer und
Verlangen. Der Boden schwankte unter ihren Füßen. Antonietta zerrte an seinem
Hemd, brannte darauf, seinen Körper zu berühren, ihn mit ihren Fingerspitzen zu
erforschen. Sie konnte sich nicht länger zurückhalten. Sie zerriss beinahe den
Stoff, der seine Haut bedeckte, während sie gleichzeitig leidenschaftlich
seinen Kuss erwiderte und ihm ohne Worte sagte, was sie brauchte.
Byron hob die Schultern an,
sodass sein Hemd hinunterrutschte und seine Brust unbedeckt war. Sie konnte
gar nicht aufhören, ihn zu küssen, ihn immer wieder mit wilden,
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