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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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irischen Wind entgegen und dem Himmel mit den eilenden Wolken. »Eine meiner
liebsten kleineren Hauptstädte, trotz der seltsamen Launen eurer Blechbläser …«
    Das war eine Anspielung auf unser Treffen vor drei Jahren, als Tess uns ihr Haus zur Verfügung stellte, das seit dem Tod ihrer Eltern leer stand. Wir gingen in das einzige Konzert, das an diesem Abend stattfand – eine Aufführung von Beethovens Neunter -, und der Hornist hatte sein Solo nicht gespielt, sondern die Noten niedergerungen und herumgekickt. Leo hatte es faszinierend gefunden, dass so etwas tatsächlich möglich war. Aber er war ein so ungeheuer ordentlicher Mensch, dass er einen geradezu übertriebenen Respekt vor Chaos hatte.
    »Hast du Hunger?«, fragte ich ihn. Ich schob ihn zum Auto und verstaute seine Tasche im Kofferraum. »Wir könnten nach Norden fahren, nach Skerries – da gibt es am Hafen ein Lokal, in dem sie den Fisch direkt aus den Fischerbooten zubereiten.«
    »Vielleicht lieber nicht allzu weit fahren?«
    »Du bist müde. Das höre ich an deiner Stimme. Aber jetzt ist Essenszeit. Ich komme direkt vom Land, und in dem Haus in Kilbride ist nichts im Kühlschrank. Hey, ich kenne ein umgebautes altes Schulhaus, nur zehn Minuten von hier, und die Besitzer kochen wirklich ausgezeichnet. Sollen wir das ausprobieren?«
    Aber als wir uns einreihten, um auf den Parkplatz des hell erleuchteten Old Schoolhouse Restaurants einzubiegen, legte Leo seine Hand auf meine und murmelte: »Vielleicht lieber doch nicht, Rosie. Ich habe in Zürich etwas gegessen. Lass uns lieber nur einen kleinen Imbiss nehmen, okay?«
    »Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte ich. »Auf dem Rückweg halten wir am Sorrento und holen uns Fish and Chips. Wie wäre das? Du kannst schon mal reingehen und bestellen. Es dauert nämlich zehn Minuten, bis die Fritten fertig sind. Ich parke inzwischen den Wagen und komme nach.«
    Ich stellte den Wagen ab, trug Leos Tasche in die Küche, machte die Heizung an und lief ins Sorrento. Leo stand am Tresen
und unterhielt sich angeregt mit Enzo. Da erst fiel mir ein, dass Enzo ja italienischer Schweizer war, er stammte irgendwo aus der Gegend von Lugano. Beide hatten ein Glas mit Enzos grauenhaftem Rotwein in der Hand und erörterten seine Qualitäten, während Enzos Frau, die in ihrer Blütezeit bei Mr. Colfer so leidenschaftliche Gefühle geweckt hatte, die üblichen jugendlichen Gäste bediente.
    Das nächste Thema waren die Ärzte. Enzos Rücken. Enzos Rücken und die dazugehörigen Schmerzen. Enzos Rücken und die Salbe, mit der ihn seine Frau jeden Abend einreiben musste.
    »Ich brauche was zu essen«, flüsterte ich Leo zu. »Ich komme fast um vor Hunger.«
    Enzo hörte mich und fing an, zwei große Kabeljaufilets in Teig zu wälzen und Fritten in Tüten zu füllen.
    Dann riefen alle arrivederci , und Enzo sagte, Leo könne jederzeit vorbeikommen und den Weißen versuchen. Mrs. Enzo verzog grimmig das Gesicht, aber die Männer bemerkten es gar nicht und schüttelten sich zum Abschied die Hand.
    Wie schön es war, mit Leo Arm in Arm die Straße entlangzugehen. Nur wenn einer von uns eine Fritte aus der Tüte holen wollte, mussten wir einander loslassen. Leo war mindestens so hungrig wie ich. Ich fand, dass in Kilbride richtig was los war, viele Menschen, viel Verkehr. Sehr angenehm, nach Stoneytown. Und in jedem Fenster, an dem wir vorbeikamen, konnte man sehen, was in dem vorderen Zimmer vor sich ging, sozusagen ein Diorama neben dem anderen. Immer wieder grüßte mich jemand und nickte Leo zu. Mrs. Beckett, die offensichtlich schon kräftig dem Wodka zugesprochen hatte, rief von ihrer Haustür herüber: »Wer ist denn dieser Kerl, Rosie? Hat er einen Schlafanzug an?« Aber weil sie ihr Gebiss nicht im Mund hatte, verstand Leo die Frage nicht. Bei Reeny brannte Licht, aber ich wusste, dass sie in Spanien war. Darüber war ich froh,
denn sonst hätte ich mir auch noch ihre Kommentare anhören müssen.
    »Nette Leute«, lobte Leo. »Und Irland – das hatte ich ganz vergessen. Es liegt so weit westlich, dass das Licht völlig anders ist. Für mich ist es ungewohnt, dass um diese Zeit der Himmel noch hell ist.«
    Er war sofort begeistert von Mins Haus. Ich servierte Fisch und Fritten auf Tellern, holte Salz und Essig, und während wir aßen, schaute Leo sich um und murmelte immer wieder: »Perfekt, absolut perfekt.« Alles gefiel ihm – die feuerroten Fleißigen Lieschen in dem Porzellantopf, der kleine blaue Sessel, der alte

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