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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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kümmere. Das kann doch nicht alles sein.«
    Unbehagliches Schweigen.
    Wir stiegen in Tess’ Wagen, und sie checkte ihre SMS-Nachrichten, während wir darauf warteten, aus dem Parkplatz herausfahren zu können. In der Regel verhielt sich Tess ziemlich verächtlich gegenüber Frauen, die sich ihrer Meinung nach »gehenließen«. Für sie war es vielleicht ganz angemessen, wenn eine Frau mit Übergewicht sich selbst nicht akzeptierte. Ich wusste nicht, wie sie tickte, obwohl wir doch schon so lang befreundet waren. Ich hatte sie kennengelernt, als ich die Stelle in
Boodys Buchhandlung bekam und aufhörte, im Kaufhaus Pillar zu arbeiten. Damals hatte sie eine Beziehung mit Hugh Boody, obwohl sie die Gewerkschaftsvertreterin war und er der Boss. Jahrelang gingen die beiden zusammen in die Oper. Überall in Europa. Wir, das heißt ich und die anderen Mädchen, die im Buchladen arbeiteten, nahmen an, dass die beiden nur gut befreundet waren, weil sie die Oper liebten. Mehr nicht. Wir waren jung und konnten uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie miteinander ins Bett gingen, weil Tess aussah wie Audrey Hepburn, wohingegen Hugh Boody an einen gutmütigen Ackergaul erinnerte und etwa doppelt so alt war wie sie.
    Die Beziehung zwischen Tess und Boody faszinierte Min. »Wo sind sie denn zurzeit?«, fragte sie immer wieder. »Wo sind sie jetzt?« Ein Mädchen, das zeitweise als Sekretärin im Laden arbeitete, fand einmal eine Quittung für ein Hotelzimmer in Parma, auf der Signor und Signora Boody stand. Aber vielleicht war diese signora ja auch Boodys richtige Frau, eine Dame mit grauen Haaren und englischem Akzent, die sich unsere Namen nicht merken konnte.
    »Wo ist Parma?«, fragte Min, als ich es ihr erzählte. Sie wollte, dass ich ihr auf der Europakarte zeigte, wo Parma lag. Tess und Hugh Boody waren jedenfalls sehr lange zusammen, und jedes Mal, wenn ich auf Besuch nach Hause kam, tauchte Hughs Name in den Gesprächen auf. Bis zu dem Tag vor etwa zehn Jahren, als Min bei ihrem allgemeinen Klatsch und Tratsch beiläufig erwähnte, sie habe die Zeitung aufgehoben, in der ein Artikel über Mr. Boody stand, mit einem Foto von ihm beim Pferderennen. Der Artikel sei eine Woche vor seinem Tod erschienen.
    »Vor seinem Tod?«
    »Er ist im Taxi gestorben«, sagte Min. »Der arme Taxifahrer ist ganz schön erschrocken.«
    Sie gab mir auch den Nachruf, und ich las ihn später oben in meinem Zimmer.

    Ich überlegte mir, ob ich Tessa eine formelle Beileidskarte schicken sollte, aber bevor ich mich entscheiden konnte, hatte sie schon gehört, dass ich da war, und kam vorbei, um mich zu begrüßen. Ich wollte ihre Hand festhalten und ihr sagen, wie leid es mir tat, aber ich schaffte es nicht. Schließlich sagte sie, sie vermisse Hugh sehr, aber sie habe es immerhin geschafft, das Geld für ihr Abonnement in Covent Garden zurückzubekommen. Das war für mich wieder einmal ein Beweis dafür, dass die Menschen in Kilbride bestimmte Gefühle für sich behielten. Bei jedem Besuch fiel mir das von Neuem auf. Man durfte dramatisch und theatralisch sein, aber sich keinerlei Blöße geben.
     
    Im Schritttempo fuhren wir zurück nach Kilbride. Schneller ging es nicht, weil wir hinter einem Wohnmobil mit GB-Kennzeichen festsaßen. Um das Thema zu wechseln, sagte ich: »Diese blöden Engländer. Achthundert Jahre brutale Unterdrückung, und dann auch noch das.«
    »Neunhundert«, korrigierte mich Peg. »Wir sind nämlich schon im nächsten Jahrhundert. Wusstest du übrigens, dass man als Katholik schließlich nicht mal mehr ein Pferd besitzen durfte? Das hat mir mein Vater erzählt. Das ist einer der Gründe, weshalb er immer ein paar Pferde hielt, wenn er in der Gegend von Kilbride einen Platz fand, wo sie grasen konnten. Dabei mochte er Pferde gar nicht besonders. Aber er hat sich dazu verpflichtet gefühlt, um seine Unabhängigkeit zu demonstrieren, weil die Engländer hierhergekommen sind und uns das Land weggenommen haben und uns gewaltsam klein gehalten haben und weil sie immer schlimmer wurden, je länger sie hier waren.«
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass du da so radikal bist, Peg«, sagte ich überrascht. »Ich weiß natürlich, dass du katholisch bist – ich meine, richtig katholisch, nicht so wie wir anderen. Aber ich hatte keine Ahnung, dass du auch die grüne Fahne schwenkst.«

    »Was ist schlecht daran, wenn man katholisch ist?«, rief Peg empört. »Ich gehe sonntags zur Messe. Monty kommt auch mit in die Messe,

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