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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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noch nie erlebt, dass jemand außerhalb der Schule ein Gedicht vortrug.
    Anschließend ging er mit mir in einen kunstvoll gestalteten Pub und bestellte gewürzten Portwein für uns beide. »Diese altmodischen Getränke sterben aus – deshalb ist es unsere Pflicht, sie zu trinken«, erklärte er. Als Nächstes brachte er mir bei, wie man echte viktorianische Kacheln von Nachahmungen unterscheidet, und er erzählte mir, dass Leute aus Hollywood gekommen seien, um in diesem Viertel einen Spionagefilm zu drehen. Sie gaben es als Ostberlin aus. »Hier ist der einzige Fleck in ganz
Irland, der total heruntergekommen ist und trotzdem in Beverly Hills berühmt wurde.«
    Mir wurde oft ganz schwindelig, wenn ich mit ihm zusammen war. Gut, ich liebte Baileys Hütte und die Landschaft dort, aber sonst achtete ich kaum auf meine Umgebung. Doch von dem Tag an, als ich das erste Mal mit Markey loszog, fand ich auf einmal alles um mich herum maßlos spannend – auch wenn ich mir nicht richtig erklären konnte, warum.
     
    Als wir die Spring Street erreichten, war ich ein Stück zurückgefallen und ging ein paar Schritte hinter Markey, wie eine arabische Ehefrau. Der Abstand zwischen uns war wieder genauso groß wie damals, in unserer Jugend.
    Markey wartete an der Ecke auf mich, weil er mir zeigen wollte, wo sich im siebzehnten Jahrhundert die Quelle befunden hatte.
    »Wusstest du, dass Kafka wusste, wie es in Manhattan aussieht, weil er New York immer in der Wochenschau gesehen hat?«, fragte ich ihn, vor Kälte zitternd.
    »Ehrlich?« Er musterte mich beeindruckt, nahm dann seinen Schal ab und wickelte ihn mir um den Hals. »Das ist ja hochinteressant.«
    Wir eilten weiter, jetzt wieder auf gleicher Höhe, aber er schaffte es nicht, seinen Schritt dem meinen anzupassen. Das konnte er noch nie. Früher dachte ich, dass dieses Verhalten Methode hatte und Markey auf diese Weise verhindern wollte, dass ich irgendwelche persönlichen Dinge ansprach – während ich mich ständig bemühte, ihn dazu zu verleiten, etwas, irgendetwas über mich oder über uns zu sagen.
    »Min kann sich nicht entscheiden, ob Schwester Cecilia einen schlechten Einfluss auf mich ausübt oder nicht«, sagte ich zum Beispiel einmal zu ihm. Schwester Cecilia war die Nonne, die neu an meine Schule gekommen war. Als Musiklehrerin. »Das
heißt, im Grunde ist sie fest davon überzeugt, dass Schwester Cecilia mich negativ beeinflusst, aber dann denkt sie wieder, das kann nicht wahr sein, weil sie doch eine Nonne ist.«
    »Weißt du, wie man das nennt?«, sagte Markey.
    »Wie man was nennt?«
    »Wenn man Dinge glauben muss, die sich widersprechen.«
    »Und wie nennt man das?«
    Er drehte sich zu mir um. »Kognitive Dissonanz.«
    »Ich erlebe auch eine kognitive Dissonanz, wenn du und ich gemeinsam durch die Gegend ziehen«, sagte ich. Es sollte lustig klingen, aber es war einer der typischen Winke mit dem Zaunpfahl, mit denen ich ihn gelegentlich überfiel.
    Er reagierte selbstverständlich nicht darauf.
    »Aber jetzt mal im Ernst«, fuhr ich fort, weil er stumm blieb. »Was macht ein Mädchen wie ich mit einem Jungen wie dir? Du bist total genial und gehst im Herbst aufs College, während ich im Kaufhaus Pillar arbeiten werde.«
    Schweigen.
    Ich wusste nicht weiter. Also machte ich einen Witz. »Was sagte der Marsbewohner zur Jukebox?«, rief ich seinen hochgezogenen Schultern zu.
    Wieder nichts.
    »Weißt du’s nicht? Also, der Marsbewohner sagte: ›Was hat eine tolle Frau wie du in so einer Kaschemme verloren?‹«
     
    In der Toilette des Moondance Diners stellte ich fest, dass ich, abgesehen von meiner geröteten Nase, einigermaßen normal aussah. Ich strich mir die Augenbrauen mit dem angefeuchteten Zeigefinger glatt. Es war viel Wasser den Fluss hinuntergeflossen, seit ich mir seinerzeit mein teures Make-up abgewischt hatte, nur weil Markey behauptete, er könne geschminkte Frauen nicht leiden. Dabei war ich mir damals nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt in die Kategorie Frauen einordnete.

    Ich zwängte mich oft durch die schwere Eingangstür der Kirche in der Nähe das Kaufhauses, tastete mich durch den kunstledernen Vorhang, und in der warmen Luft, welche die Gemeinde zurückgelassen hatte, betete ich dann zur Muttergottes: »Mach, dass Markey mich so liebt, wie ich ihn liebe.«
    Aber SIE hat meine Bitte nie erhört. Wenn wir tagsüber ins Kino gingen, wo es nach Rauch und Putzmittel roch, hörte ich, wenn der Soundtrack plötzlich und unerwartet

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