Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Inspirations-Bestseller wurden schließlich alle von irgendjemandem verfasst, oder? Warum also nicht von uns?
    Markey erhob sich und beugte sich vor, um mir einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Die Leute am Nachbartisch klatschten Beifall, mein Begleiter wurde rot und setzte sich schnell wieder hin. Dann erschien die Kellnerin, brachte uns die Rechnung und tat so, als würde sie Markey einen Kuss auf den Scheitel hauchen. Wieder wurde er rot, und wieder klatschten alle.
    »Soll ich dir sagen, warum du meiner Meinung nach für so ein Projekt genau die Richtige bist?«, fragte er, als wir unsere Mäntel anzogen. »Wir Einwohner von Kilbride sind keine New-Age-Kalifornier,
und wir sind auch keine Intellektuellen von der Ostküste. Im Grunde gehören wir in den Mittleren Westen. Ich bin als Autor hoffnungslos – mein Ding ist die Fotografie -, aber du kannst mit Wörtern souverän jonglieren. Und du bist nicht zynisch. Das merkt man gleich. Man braucht dich nur anzuschauen. Und die Leute, die in Ohio oder Idaho oder sonst wo wohnen und die Louisbooks kaufen, sind ebenfalls keine Zyniker. Das heißt, alles passt perfekt zusammen.«
    Draußen auf der Straße vollführte er fast einen kleinen Tanz, um ein Taxi herbeizuwinken, so begeistert war er von seiner Analyse.
    »Ich rufe dich an«, sagte er. »Und am Freitag findet im Sheraton die Inspirational Books Fair statt. Ich habe leider keine Zeit, aber du musst mir versprechen, dass du zu der Messe gehst. Und halte bitte den Abend morgen für mich frei, damit wir gemeinsam essen gehen können. Außerdem« – er steckte den Kopf aus dem Taxifenster – »bitte, kauf dir auf Kosten von Seattle Rare Medical Books eine Kopfbedeckung. Und wir werden uns blendend amüsieren!«
    Ich wedelte mit seinem Schal, den ich ihm noch nicht zurückgegeben hatte, aber er rief: »Den kannst du gern behalten, Rosie. Und noch was – denk positiv! Wir sind in Amerika. Okay?«
    Ich stellte mir Markeys leuchtende Augen vor, als ich in den schicken Laden »Century 21« ging und mir dort einen Glockenhut aus Samt kaufte, mit einer knallrosa Blume über einem Auge. Eine schon etwas betagte Dame schlurfte an dem Spiegel vorbei, in dem ich mich betrachtete, und sagte: »So ist’s gut, Kindchen, damit halten Sie die Leute wach.« Das war für mich ein weiterer Grund, gerade diesen Hut zu nehmen.
    Auf dem Weg zurück zum Hotel kaufte ich mir außerdem noch ein pinkfarbenes Notizbuch.
    Sobald ich wieder in meinem Zimmer war, legte ich mich in das himmlische Bett und schrieb auf die erste Seite:
    NOTIZEN FÜR (Titel folgt später)
von Rosaleen Barry und Marcus Cuffe
(New York 2003)
    Ich zermarterte mir das Gehirn auf der Suche nach einem geistreichen Gedanken, aber mir wollte beim besten Willen nichts einfallen.
    Also ließ ich Wasser in die Badewanne laufen. Ich nahm mir vor, während ich mich im heißen Wasser entspannte, ein Gebet für unser kleines Projekt zu sprechen, aber ich war zu glücklich und gleichzeitig zu müde vom Jetlag, um mich richtig konzentrieren zu können. Und als ich mich in der Wanne aufsetzte, sah ich mich in einem extrem schmeichelhaften Spiegel. Lächelnd stieg ich heraus, setzte meinen neuen Hut auf, glitt wieder zurück ins warme Wasser und sang mit lauter Stimme die »Blumenarie« aus Carmen , bis jemand gegen die Wasserrohre klopfte.
     
    MarkC an RosieB (abgeschickt: 12:00)
     
    Es war so schön mit Dir heute Morgen – wirklich toll. Und Du hast Dich überhaupt nicht verändert. Ich hatte ganz vergessen, wie Dein Gesicht strahlt, wenn Du etwas interessant findest. Und Gott stehe allen bei, wenn Du Dich für etwas nicht interessierst.
    Ich habe Louis sofort angerufen, als ich vorhin eine kurze Pause hatte. Er möchte den Arbeitstitel wissen. Vorschläge?
     
    RosieB an MarkC (abgeschickt 12:30)
     
    Wie wär’s mit Gedanken einer weisen Frau über den mittleren Abschnitt der Reise ? Oder – ich merke gerade, dass ich beim Tippen eine Brille aufsetzen müsste – wie findest Du Die bittersüßen Jahre ?
Oder – falls Dir das zu negativ klingt – Das heitere Buch über das Älterwerden ? Oder soll ich die Karten auf den Tisch legen und es Wie mache ich das Beste aus den Wechseljahren? nennen? Einen Vorschlag habe ich noch – während des Flugs hierher erschien auf dem Bildschirm immer dieses kleine Flugzeug, das über die Weltkarte kriecht. Wäre Verbleibende Flugzeit bis zum Bestimmungsort nicht ein hervorragender Titel? Das Entscheidende in dieser Lebensphase ist