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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Zu den Dingen, die ich lernen will, gehört auch, wie man sich von der Welt verabschiedet.«
    »Rosie!«, rief Markey ins Telefon. »Rosie! Bitte hör auf mit dem Quatsch! Du verabschiedest dich überhaupt nicht! Du bist doch noch ein Baby!«

    »Okay«, erwiderte ich etwas grimmig. »Aber ich möchte auf keinen Fall erleben, dass du T-Shirts mit meinen ›Gedanken‹ verteilst.«
    »Warum nicht? Ich …« Er wollte weiterreden, aber ich unterbrach ihn.
    »Ich muss jetzt leider zurück ins Hotel und packen. Ich habe ein Buch für Min gefunden, das sie im Flugzeug lesen kann, falls ›lesen‹ in diesem Kontext das richtige Wort ist. Das Buch heißt Dein inneres ›Golden Girl‹ . Immerhin kommen Min und ich besser miteinander aus als je zuvor. Das ist ein guter Nebeneffekt der Lebenshilfe-Idee.«
    »Weshalb klingst du so überrascht?«, fragte Markey. »Ich dachte, die meisten Frauen in eurem Alter haben längst gelernt, wie man miteinander auskommt – oder?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Nein?«
    »Nein!«
     
    In der Ladenzeile beim U-Bahneingang kaufte ich Äpfel für die Reise morgen. Außerdem für Tess und Peg Maybelline-Wimperntusche, Ahornsirup für Reeny und ein Päckchen organische Katzenminze für Bell. Dann ging ich zurück zum Hotel. Die Sonne strahlte, es wehte ein frischer Wind. Wann hatte ich mich das letzte Mal so gut gefühlt?, überlegte ich mir.
    Ich musste an meinen ersten längeren Auslandsaufenthalt denken. Damals hatte ich zum ersten Mal erlebt, wie es war, in eine fremde Umgebung einzutauchen, und diese Erfahrung sollte mich mein ganzes Leben lang begleiten. Ich hätte eigentlich immer noch im Kaufhaus Pillar arbeiten müssen, aber irgendwie organisierte Schwester Cecilia von der Schule für mich eine Au-pair-Stelle im französischen Roubaix, und Min konnte nichts dagegen machen. Drei Monate lang teilte ich mir mit einer wunderbaren Musikstudentin namens Lalla ein winziges
Dachzimmer über einer Bäckerei. Ich erinnerte mich noch genau an einen typischen Morgen: Ich machte mich auf den Weg zu meinem Job, vorbei an den unzähligen Mopeds, die im Innenhof standen. Irgendwo spielte nordafrikanische Musik. Ein junger Mann, der auf einer Ladefläche stand, pfiff mir hinterher und lief an den Rand der Plattform, um mir möglichst lange nachschauen zu können. An diesem Vormittag hatte ich das Gefühl, dass die ganze Welt mir gehörte. Die Welt und ich, wir waren eins und lebten in Harmonie. Und heute, hier in New York, war meine Stimmung genauso optimistisch, obwohl ich natürlich wusste, dass ich mich nicht einmal annähernd so graziös bewegte wie damals, während ich jetzt die Straße entlangeilte. Aber eigentlich war ich sogar noch besser aufgelegt als in jener Zeit. Min war bei mir, und es ging ihr gut. Ein, zwei Gläschen Wein am Tag, keine Exzesse. Und ich hatte Markey wieder, wenn auch nur als Leihgabe.
    Hey! Da, ein paar Schritte vor mir – das war ja Min. Sie ging mit einer anderen Frau zu unserem Hotel. Beide schleppten schwere Plastiktüten und liefen ziemlich schnell. Ich staunte über Mins Tempo. Und vor lauter Staunen fiel ich noch weiter zurück, sodass die beiden mich gar nicht bemerkten.
    Als ich in unser Zimmer kam, war Min gerade dabei, einen giftgrünen Badeanzug auszuwaschen. Den habe ihr Rila, die Rezeptionistin aus Taschkent, geliehen, erklärte sie mir.
    »Aber du kannst doch gar nicht schwimmen!«
    »Stimmt. Aber ich habe noch nicht versucht, in einem Swimmingpool zu schwimmen. Früher war ich nie in einem Schwimmbad, sondern immer nur am Meer, und das Meer mag ich nicht.«
    Sie ging ins Bad, um sich die Haare trocken zu rubbeln.
    »Das Wasser war angenehm warm«, rief sie mir zu. »Es hat mir riesig Spaß gemacht, im Nichtschwimmerbecken herumzuplanschen. Die Mädchen haben gesagt, alle meine Schmerzen
würden verschwinden, und sie hatten absolut recht.« Ich hörte ihrer Stimme an, dass sie sehr zufrieden mit sich selbst war.
    Als sie wieder zurück ins Zimmer kam, erzählte sie mir, Rilas kleine Tochter sei morgens im Gottesdienst zum Altar hinaufgerannt, weil sie dachte, das sei eine Bühne, und dann habe sie angefangen zu singen »Our Love Will Go On«.
    »Sie hat sich hingestellt, in die Gemeinde geblickt und laut losgeträllert!«, berichtete Min. »Ich habe vor Lachen fast in die Hose gemacht.«
    Während sie erzählte, ging sie hin und her und packte Sachen in ihre Einkaufstasche. Ich schaute nach draußen, um ein letztes Mal das rosaviolette Drama am Abendhimmel

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