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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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wenn du krank wirst?«
    Schweigen.
    Dann versuchte ich es mit einer anderen Taktik. »Hast du das eigentlich ernst gemeint mit Markey? Ich kann dir sagen, falls du einen Mann suchst …«
    »Das war doch nur ein Witz«, unterbrach sie mich. »Ich kenne solche Typen.«
    »Woher willst du ›solche Typen‹ kennen? Was für Typen meinst du überhaupt?«

    »Wer einen Mann kennt, kennt sie alle.«
    »So ein Quatsch!«, rief ich. »Und wenn ich richtig informiert bin, kennst du keinen einzigen Mann.«
    »Ach, tatsächlich, Fräulein Neunmalklug? Ich kannte deinen Vater, stimmt’s? Und deinen Vater habe ich sogar sehr gut gekannt.«
    »Oh, Min …« Ich war den Tränen nahe. »Min …«
    Ich wusste, ich konnte nichts vorbringen, was sie überzeugen würde. Vielleicht durfte ich sie ja gar nicht bremsen? Je stärker ich hervorhob, wie selbstzerstörerisch sie sich zu Hause verhalten hatte, desto eher musste ich zugeben, dass ihre Entscheidung, länger hierzubleiben, eigentlich eine erstklassige Idee war. Ich müsste den Hut vor Min ziehen. Und sie hatte recht – in Amerika konnte man jung sein, egal, wie alt man war. In Irland war sie neunundsechzig, in den Staaten höchstens neunundfünfzig. Und mit neunundfünfzig konnte eine Frau noch alles machen, sogar bei uns zu Hause. Es sei denn, sie suchte einen Mann, aber darum schien es Min nicht zu gehen. Das heißt – sofern sie mir die Wahrheit sagte. Aber Min sagte doch immer die Wahrheit, oder? Nur leider gab es viele Dinge, die sie verschwieg.
    Sobald sie wieder im Bad verschwunden war, fing ich an zu weinen. Leise, damit sie nichts merkte. Diese Entwicklung war ein echter Schock für mich. Min hatte das von vornherein geplant! Sie war gar nicht meinetwegen nach New York gekommen. Sie musste schon die ganze Zeit vorgehabt haben hierzubleiben, sonst hätte sie sich ja nicht erkundigt, wie lang ihr Touristenvisum gültig war. Und die ganzen Recherchen über die verschiedenen Arbeitsmöglichkeiten – sie hatte die Informationen gesammelt, ohne mich einzubeziehen. Wie lächerlich, dass ich auch nur einen Moment geglaubt hatte, sie sei nach New York gekommen, weil sie es ohne mich nicht aushielt.

    Hatte es ihr denn gar nichts bedeutet, dass ich nach Irland zurückgekommen war, um mich um sie zu kümmern? War ihr das tatsächlich völlig gleichgültig?
    Sie selbst sah es vielleicht anders – aber sie hatte mich gebraucht. Daran gab es keinen Zweifel. Wenn ich von meinem Aushilfsjob in der Bibliothek von Kilbride gegen sieben Uhr abends nach Hause ging, konnte ich, sobald ich um die Ecke bog, unser Haus am Ende der Straße sehen. Aber ich schaute ganz bewusst nicht hin. Denn wenn Min nicht im Pub war, dann bewegte sich im oberen Stockwerk der Vorhang, weil sie an ihrem Fenster stand und nach mir Ausschau hielt. Zu Hause angekommen, blieb ich immer noch eine Weile unten in der Küche, damit sie genug Zeit hatte, um wieder ins Bett zu klettern und sich zu entspannen. Dann erst ging ich zu ihr hoch, wir redeten über den Tag, und ich fragte sie, ob sie bestimmte Essenswünsche habe. Oft brachte ich ihr etwas Gutes mit – auf dem Heimweg war ich in das italienische Delikatessengeschäft gegangen und hatte Parmaschinken für sie gekauft, oder ich hatte einen kleinen Umweg zur Fish and Chips-Bude gemacht, um frisches Kabeljaufilet zu holen. Manchmal ging ich auch nur zu Tesco und kaufte die köstlichen Frühkartoffeln aus Frankreich. Oder ich holte ein paar Viertelliterflaschen guten Wein, um dem Essen eine festliche Note zu verleihen, in der Hoffnung, dass Min dann nicht in den Pub ging. Und ein Gläschen in Ehren wollte ich ihr sowieso nicht verwehren.
    Ich sorgte nicht nur dafür, dass sie ordentlich aß. Ich putzte, räumte auf und kümmerte mich um Bell, wenn Min keine Lust dazu hatte. Und dann war da noch die ganze Bürokratie: Min erhielt jede Woche ihren Rentenscheck, den sie unterschreiben und einlösen musste. Das erledigte sie ohne meine Hilfe, aber die restlichen Sozialleistungen ließ sie schleifen – zum Beispiel hatte sie in regelmäßigen Abständen Anspruch auf eine kostenlose Pediküre und auf eine neue Brille, wenn der Optiker sie für
notwendig hielt. Solche Sachen organisierte ich für sie. Und ich achtete darauf, dass sie geistig rege blieb. Während des Tages überlegte ich mir Themen, über die wir uns unterhalten konnten. Falls es Neuigkeiten von Tess oder Peg oder Andy gab, hielt ich Min auf dem Laufenden. Und die Weltpolitik – wenn Min abends

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