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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Witz sein: Mein Vater hatte keine Ahnung vom Angeln. Aber es war ein Zeichen dafür, wie gut gelaunt Min war.
    »Komm mit, Rosie«, sagte Daddy. »Das wird ein Abenteuer.«
    Als ich jetzt aus Dublin herausfuhr, war ich mindestens so aufgeregt wie an jenem Tag. Mein Dad und ich schoben das
Boot ins Wasser, es war ein wunderschöner Hochsommerabend, die Sonne versank im Westen, und da, wo die Mündung endete und das Flusswasser sich mit dem Meerwasser vermischte, war der Milbay River so breit und ruhig, dass der rosarote Abendhimmel sich in ihm spiegelte. Mein Dad ruderte langsam und bedächtig – das Boot war klein und lag sehr tief im Wasser. Die pinkfarbene Wasseroberfläche veränderte sich, als wir darüberfuhren, und da, wo die Ruder eintauchten, wurde sie fast schwarz. Die Luft war still, kein Ton war zu hören, und selbst die Möwen, die vor den zarten Wolkenbänken hoch über uns schwebten, kreischten nicht wie sonst.
    An diesem Abend hörte ich zum ersten Mal den Namen »Stoneytown«. Mein Vater, im sanft schaukelnden Boot auf die Ruder gestützt, sprach ihn aus, als er mir die Häuser zeigte. Wir waren mitten in der Mündung, und er deutete nach hinten, dorthin, wo wir hergekommen waren. Dort war Milbay, am Nordufer des Flusses, mit seinen Kaianlagen und den Dächern und den zwei Kirchtürmen. Und wo die alten Lagerhallen und Piers endeten und nur noch ein schmales Stück flaches Land war, konnte man sogar die Hütte erahnen.
    Aber dann sagte er, ich solle nach vorn blicken, zum Südufer des Flusses, vor uns, gegenüber von Milbay. Landeinwärts war ein dichter Wald zu sehen, dann ein hoher Mast mit blinkenden Lichtern und ein Luftsack, der neben einem Haus flatterte, das aussah wie ein kleines Bürogebäude. Zum Meer hin erhob sich eine grüne Anhöhe mit dunklen Einschnitten. Daddy begann wieder zu rudern, das Boot glitt immer weiter, und schon bald erreichten wir die Stelle, wo das südliche Flussufer ins Meer überging. Zwischen dem grünen Hügel und dem Wasser verlief, gegenüber von Milbay, eine Straße mit grauen Häusern. Ich kannte diese Häuser, weil ich sie bei klarer Sicht von der Hütte aus schon öfter gesehen hatte. Aus der Ferne wirkten sie ganz normal, aber mir war aufgefallen, dass in keinem der Häuser je
Licht brannte, wenn ich abends vorm Zubettgehen noch vor der Hütte spielte und zu ihnen hinüberschaute.
    »Das ist Stoneytown«, verkündete mein Vater. »Und wenn wir noch ein Stückchen weiter rudern, dann siehst du das Haus, in dem Min und deine Mutter aufgewachsen sind.«
    Ich konnte es nicht fassen. Ich wusste, dass die beiden vom Land kamen, aber ich hatte immer gedacht, dass dieses Dorf Hunderte Meilen von Dublin entfernt war. Ich hatte nicht geahnt, dass ich es jeden Sommer am Horizont gesehen hatte.
    »Hat sie dir schon mal davon erzählt?«, fragte Dad. Und als ich den Kopf schüttelte, sagte er mit seinem typischen Lächeln: »Dann red lieber nicht darüber. Es ist ja wirklich ihre Sache.«
    Das Haus stand ganz allein hinter einem Damm, der teilweise ins Wasser gestürzt und mit Stacheldraht bedeckt war. Es war aus sehr kompakten Steinen gemauert, mit einem Dach aus Steinplatten. Mehr konnte ich nicht erkennen. Ich wollte, dass mein Vater noch näher heranruderte, damit ich es besser sehen konnte. Aber hier draußen, da, wo die Flussmündung ins Meer überging, war das Wasser sehr unruhig, und Dad wollte lieber umdrehen.
    »Warum sind hier keine Leute?«, wollte ich wissen.
    »Die Regierung hat den Ort übernommen, als zwischen England und Deutschland Krieg war und niemand wusste, was mit Irland passiert. Die Einwohner mussten wegziehen. Davor waren sie ganz für sich. Sie haben im Steinbruch gearbeitet. Weißt du, was ein Steinbruch ist? Siehst du den Berg da? Der Stein dort war berühmt. Du weißt doch, wo wir immer zur Messe gehen – die Kirche haben sie mit Steinen von diesem Berg gebaut. Und nach dem Krieg sind die Einwohner nicht zurückgekehrt, und die Regierung hat das Gelände übernommen, für die Luftwaffe.«
     
    Jetzt fuhr ich an Milbay vorbei. Mein Herz flatterte vor Aufregung. Ich nahm die neue Umgehungsstraße, die flussaufwärts den Milbay River überquerte. Hinter der Brücke führte eine
Straße direkt in den Wald. Das musste der Wald sein, den ich mit Dad vom Boot aus gesehen hatte, landeinwärts, mit dem blinkenden Masten. Ja. Hier war der hohe Zaun des Trainingslagers. Nach einer guten Meile kam ich zu dem großen Eingangstor. Ich fuhr an den

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