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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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beim Fish and Chips geräucherten Kabeljau mit Fritten holen. Dabei ist Reeny eine geniale Köchin.«
    »Und heutzutage gibt es im Zeitungsladen ein ganzes Regal mit Kochzeitschriften«, seufzte ich. »Frauen wie Min und Reeny und Pearl sind die Dinosaurier des einundzwanzigsten Jahrhunderts.«
    »Sie hatten einander«, sagte Tess.
    Das stimmte. Reeny brachte Min eine Kopfschmerztablette und ein Glas Wasser nach oben, wenn Min einen strapaziösen
Abend hinter sich hatte, und sie fütterte Bell, wenn sonst niemand da war. Und Min hatte den Haushalt übernommen, als Reeny zusammenbrach, nachdem ihr Mann gegangen war. Sie halfen sich immer gegenseitig. Und es war noch gar nicht lange her, da hatte ich oben in meinem Schlafzimmer gehört, wie Reeny sagte: »Ich bin heute Morgen mit Monty in die Messe gegangen, aber in die Fairview Church, Min. Da sind es nur zwei Stufen. Und hier in der Kirche sind es Gott weiß wie viele.«
    »Stimmt«, sagte Min. »Und mit dem Bus ist man ganz schnell dort.«
    Mehr brauchten sie gar nicht zu sagen. Ein Arrangement war vereinbart worden, das ihnen helfen sollte, mit den Beschwerden des Alters besser fertigzuwerden. Ohne dass sie Wörter wie »Alter« oder »Beschwerden« überhaupt in den Mund nehmen mussten.
    Ich fühlte mich wie eine Außerirdische, während ich ihnen zuhörte.
    Warum ließ ich zu, dass mein Leben so stark von meinem Körper bestimmt wurde? Weshalb war das bei anderen Frauen anders?
    In dem Moment fing es an zu regnen. »So ist das immer«, sagte ich zu Tess. »Es fängt an zu regnen, wenn man gerade mit dem Gießen fertig ist.«
    Wir standen in der offenen Tür. Ich horchte auf die Regentropfen, die aufs Dach trommelten. Hinter uns begann der Wasserkocher zu pfeifen.
    »Ich habe diesen Raum schon immer geliebt, vor allem morgens«, sagte ich. »Ich bin jeden Tag extra früh aufgestanden, weil ich ja so gern in die Schule ging.« Die Küche war damals wie eine warme Höhle, und immer schlummerte unsere jeweilige Katze hingebungsvoll auf dem Kaminvorleger. Die ersten Sonnenstrahlen berührten die roten Fleißigen Lieschen, die besonders gut gediehen, weil sie mit den Resten aus der Teekanne
gegossen wurden. Ich kochte mir mein Porridge und aß es, während langsam der Tag begann. In der Zeit, als wir für meinen Vater das Bett in der Küche aufgestellt hatten, schlief er meistens noch, aber ich setzte mich trotzdem neben ihn, und wenn er die Augen öffnete, war ich das Erste, was er sah.
    »Meine Mutter ist immer aufgestanden, um mir einen Teller Suppe zu machen«, sagte Tess zärtlich.
    »Tja, das hat Min nie getan. Sie wollte eigentlich gar nicht, dass ich in die Schule gehe. ›Ich bin an meinem vierzehnten Geburtstag von der Schule abgegangen‹, hat sie immer erklärt, wenn das Thema zur Sprache kam. ›Und das hat mir nichts geschadet. Oder?‹ Und ich musste dann antworten: ›Nein, Min, es hat dir überhaupt nichts geschadet.‹ – ›Was hätte mir in so einem elenden Kaff wie Stoneytown die Schule auch genützt?‹, hat sie dann noch hinzugefügt. ›Da gab’s doch gar nichts, außer ein paar Häusern und diesem schrecklichen Wind, der einen fast umgepustet hat!‹ Und ich dachte dann: ›Aber wir sind hier nicht in Stoneytown, du blöde Ziege‹ – aber das habe ich natürlich nicht ausgesprochen. Stattdessen habe ich nur gesagt: ›Aber wir sind hier nicht in Stoneytown.‹ Und darauf ist sie natürlich nie eingegangen.«
    Die Erinnerung war so absolut klar, dass ich in den Kaminherd schaute. Nichts. Nur die Kiefernzapfen, die Mrs. Beckett in der Reha silbern angemalt hatte. Mrs. Beckett, die morgens immer schon vor dem Pub wartete, wenn Decco kam, um den Fußboden zu wischen.
    Tess rief aus der Waschküche, wo sie sich gerade die Hände wusch: »Komm doch mit mir ins Fitnesscenter. Hanteltraining. Das ist genau das, was du jetzt brauchst. Egal, was der Sinn des Lebens ist – wir müssen lernen, wie wir’s schaffen, nicht zu stürzen und uns die Hüfte zu brechen.«
    »Ach, Tess – bitte, geh noch nicht. Ich muss dich noch so viel fragen. Du weißt doch immer alles. Kannst du mir sagen, warum
die Generation vor uns nie über Hitzewallungen geklagt hat? Min, Pearl, Reeny – keine von den dreien hat je über so was gesprochen. Und warum habe ich auch noch nie in einem Roman etwas darüber gelesen? Und dann das Zupfen! Tessie, wenn ich mir mit der Pinzette ein weißes Haar aus den Augenbrauen zupfe, wachsen dann ganz viele neue weiße Haare nach, oder

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