Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
schwere Zeiten. Wie viele hatte ich schon? Sieben.
Jetzt fügte ich hinzu:
8. Höre keine großen romantischen Arien, wenn du sowieso schon melancholisch bist.
9. Wenn du’s aus Versehen trotzdem tust, setz dich dabei nicht hin. Bleib in Bewegung. Beschäftige dich mit etwas anderem.
Das Telefon klingelte. Fast hätte ich laut gejubelt.
»Min!«, rief ich.
Aber es war Peg.
»Ich wollte dir nur noch schnell Gute Nacht sagen. Ist alles in Ordnung? Du hast irgendwas – stimmt’s? Ich höre es an deiner Stimme. Hör zu, Rosie, geh ins Bett und schlaf dich aus. Morgen früh sieht alles schon ganz anders aus. Und Rose – bitte, beiß mir jetzt nicht die Nase ab -, ich wollte dir nur sagen, ich finde,
du bist ein großartiger Mensch, und ich bin froh, dass du meine Freundin bist.«
Ich bedankte mich, verlegen brummelnd.
Peg ist wie die Heldin in Robert Brownings Gedicht »My Last Duchess«, dachte ich, als ich auflegte. Die liebt auch alles, was sie sieht.
Doch diesmal fiel sogar mir selbst mein destruktiver Unterton auf.
Peg meinte das, was sie sagte, absolut ehrlich.
Und vergiss nicht, Rosie Barry, ermahnte ich mich – die Leute haben Peg deswegen so gern, weil sie sich immer für andere einsetzt. So wie sie sich jetzt die Mühe gemacht hat, dich anzurufen.
Wieder klingelte das Telefon. Diesmal war tatsächlich Min am anderen Ende der Leitung.
»Hallo, Schätzchen!« Pause. »Hast du gehört, was ich gesagt habe, Rosie? ›Hallo, Schätzchen!‹«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich. »Das ist echt eine tolle Leistung, wenn man so etwas sagen kann. Aber du solltest dich noch nicht ganz als Einheimische fühlen da drüben. Erinnerst du dich auch noch an zu Hause? Ich muss dauernd an Stoneytown denken. Würdest du mal mit mir hinfahren und sehen, ob das Haus renoviert werden kann? Man kann im Herd problemlos Feuer machen und alles. Ich verstehe das echt nicht ganz, Min – wieso musst du dich in der brütenden Hitze von New York herumtreiben und gegen die Einwanderungsgesetze verstoßen, nur damit du in irgendeiner Spelunke arbeiten kannst?«
»Ach, lass gut sein, Rosie«, erwiderte sie nicht besonders freundlich. »Ich bin gar nicht in New York. Es war viel zu heiß dort, und das war nichts für Luz und ihre Lunge. Deshalb sind wir in einen Flieger nach Portland gestiegen – sehr hübsch hier, in Oregon. Hübsch und verregnet. Ich weiß nicht, wie lange wir hierbleiben, aber wo Luz hingeht, da will auch ich hingehen.«
»Was soll das heißen – ihr seid in einen Flieger gestiegen?«, rief ich erstaunt. »Erinnerst du dich, wie mein Ticket nach Roubaix gekommen ist? Weißt du noch, wie du in der Waschküche hin und her gerannt bist und immer wieder geschrien hast, Gott möge es verhüten, dass du je mit einem Flugzeug in den Himmel fliegst? Du hast mich gefragt, wer der Schutzheilige des Fliegens ist, weil du zu ihm beten wolltest, und ich habe dich gefragt, warum es keine weibliche Heilige sein kann und weshalb du immer denkst, ein Mann muss her, wenn es um etwas Wichtiges geht?«
»Ach, so ein Flieger jagt mir keinen Respekt mehr ein, seit ich allein von Dublin nach New York geflogen bin«, erwiderte sie lachend. »Und wir haben hier ein Wohnmobil, das fast keine Miete kostet, es steht neben einem Fluss, wo man sich zum Frühstück einen Fisch angeln kann, und morgen fange ich einen neuen Job an, in der Küche von einem Pub, und der Typ, dem die Kneipe gehört, stammt aus Galway, deshalb ist das kein Problem.«
Ich hatte Min noch nie direkt gefragt, ob sie glücklich sei. Wenn ich bei der Beschreibung anderer Leute das Wort »glücklich« verwendete, wiederholte sie es oft in einem so ausdruckslosen Tonfall, dass es total ironisch klang.
»Heißt das, es geht dir gut?«
»Es geht mir blendend!«, rief sie. »So gut wie jetzt ist es mir noch nie gegangen.«
Sie und Luz waren irgendwo in der Nähe von Portland bei einer »Old Time Irish Night« gewesen und hatten in einer schönen warmen Hütte übernachtet, die eigentlich für Bergsteiger gedacht war. Es gab dort einen Mann und eine Frau, die irischen Tanz unterrichteten, und man brauchte keinen Partner, acht Personen tanzten zusammen, oder auch nur vier, wenn man keine acht zusammenbrachte. Vom Lehrer wurde man einer Achtergruppe zugeteilt, und wenn man Glück hatte, bekam man ein
Gegenüber, das die Schrittfolge beherrschte. Mins Partner bekam eine Rente, weil er in Vietnam gewesen war.
Nein, so was hatte sie noch nie gemacht.
Nein, in
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