Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
das auch noch nicht. Magnus arbeitet schon ewig an dem Problem.«
Vincent ballte seine freie Hand zur Faust. »Dann hoffen wir auf schönes Wetter und dass sich der Mistkerl mal draußen blicken lässt.«
»Jenn hat mir erzählt, dass er sich translozieren kann. Davon wus s te ich auch nichts. Das macht alles noch komplizierter.« Plötzlich krümmte sich Noir zusammen und stöhnte. Vincent kroch halb auf sie vor Sorge, doch sie drückte ihn weg. »War nur ’ne Wehe«, erklärte sie atemlos.
Sie wirkte verzweifelt und alle im Raum waren sehr bedrückt – bis auf Jamie. Er beobachtete die Szenerie immer noch schweigend. Z o rell befand sich wohl nah an der Oberfläche.
Nick trat ans Fenster und blickte auf die Themse, in der sich die Umrisse von Big Ben spiegelten. Besorgt musterte er das riesige Zi f fernblatt des Uhrenturmes, dessen Zeiger im Wasser verschwa m men. Jenna war schon zu lange weg, und wenn sich Noir weiterhin so aufregte, würde das Baby bald kommen.
Das war nicht gut.
Nick musste Jamie endlich hier rausbringen.
Kapitel 1 6 – Pläne mit Myra
D
ante lugte ins düstere Turmzimmer seines Vaters und beobachtete, wie die kleine Myra dessen Füße ma s sierte. Es strengte sie an, denn sie atmete schwer und Schweiß lief über ihr Gesicht. Vor Wut zog sich Dantes Magen z u sammen. Wie konnte Vater ein so zerbrechl i ches Kind den ganzen Tag hart schuften lassen? Sie musste für Or d nung sorgen, ihm die Mahlzeiten bringen, den Dreck wegräumen und wurde überall eing e setzt, wo Hilfe benötigt wurde. Wenn sie nicht spurte, b e kam sie nichts zu essen oder Vater schlug ihr ins G e sicht, sodass sie oft eine blaue Wange davontrug.
Kyrian erging es nicht anders. Die Soldaten trainierten ununte r brochen mit dem Jungen, bis er vor Erschöpfung bewusstlos z u sammenbrach. Vater ließ dem Gargoyle-Halbling die beste militär i sche Ausbildung zukommen und folterte ihn auf körperlicher und geistiger Ebene. Dante hatte die Berater seines Vaters belauscht; sie wollten Kyrian zum Killer ausbilden, zu einem Jäger und Spion. M y ra war das Druckmittel. Bestimmt ließ Vater sie nur deshalb am L e ben, damit der Gargoyle-Junge tat, was man ihm befahl. Was genau hatte Vater mit ihm vor?
Konnte Dante wenigstens Myra für ein paar Stunden von ihrer Qual erlösen? Ob Vater sie ihm auslieh? Dante war ein paar Jahre älter als das Mädchen. Was für eine Ausrede konnte er sich einfallen lassen, wozu könnte sie ihm nützlich sein? Sie war eine Schönheit und machte ihn jedes Mal verlegen, wenn sie sich über den Weg li e fen. Keine Ahnung, warum er sich in ihrer Nähe so seltsam verhielt und nicht mehr er selbst war.
Mutig klopfte er an die Tür, blieb allerdings an der Schwelle st e hen. Vater besaß ein prächtiges Turmzimmer, dessen Wände mit schwarz glänzendem Metall beschlagen waren. Die Sitzmöbel, bez o gen mit grauem Samt, wirkten gemütlich. Es gab nur ein rundes Fenster aus dunkelgrünem Glas, das kaum Licht hereinließ. Dantes Augen waren nicht ganz so hervorragend dafür geschaffen, in Fin s ternis zu sehen, daher ließ er sein Fenster immer offen, um das matte Tageslicht des Dunklen Landes hereinzulassen und um bis zum H o rizont blicken zu können. Dante mochte das Reich, in dem die So n ne oft hinter den Rauchschwaden des Vulkans verborgen lag. Er liebte die raue Vegetation, die Schönheit der kahlen Landschaft, die kargen Bäume und stacheligen Büsche. Von seinem Turm aus besaß er eine hervorragende Sicht auf die Stadt und den Vulkan zur einen und die Berge auf der anderen Seite, wo sich rauschende Wasserfälle in natürliche Becken ergossen. In wilden Flüssen wand sich das Wa s ser durchs Land und bewegte große Räder, die Strom erzeugten. Dantes Großvater hatte Spione zu den Menschen geschickt und sich deren Technik abgeschaut, die sie zuerst für Magie hielten. Zu ihrer Erleichterung hatte kein Zauber dahintergesteckt, sondern etwas, das sich Naturwissenschaft nannte. Und die Natur machten sich die Dunkelelfen seitdem auch zu eigen. Alles und jeden versuchten sie zu unterjochen.
In diesen Bergen hatten die Soldaten des Königs Myra und Kyrian gefunden. Das war drei große Sonnenkreise her. Nur selten sprach Dante mit seinem Vater, denn eine Amme kümmerte sich seit Mu t ters Verschwinden um seine Bedürfnisse. Dante mochte seine A m me Eskira sehr gern. Sie teilte ab und zu Vaters Bett, schien aber nicht glücklich darüber. Dante wusste mittlerweile, was sich zw i schen
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