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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Troy.
    Beide waren mit anderen Dingen beschäftigt und hörten Tony nicht zu. Dann funkelte ich ihn erbost an.
    »Wie kannst du so etwas auch nur vorschlagen?« fragte ich durch zusammengebissene Zähne.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, du hättest vielleicht Lust darauf. Heute ist ein wunderbarer Tag für einen Ausritt.
    Ich dachte, du reitest gern.«
    »Ich reite gern. Darum geht es nicht«, fauchte ich.
    »Worum dann?«
    »Du erwartest von mir, daß ich mit dir ausreite, nach dem…
    nach dem, was gestern nacht geschehen ist?«
    Die Krankenschwester blickte abrupt auf. Tonys Lächeln verflog, aber er ließ eilig einen Ausdruck der Verwirrung folgen.
    »Was soll das heißen? Was ist denn passiert?«
    Ich sah die Krankenschwester an. Das Dienstmädchen war ebenfalls stehengeblieben und lauschte uns.
    »Ich möchte jetzt nicht darüber reden«, sagte ich und trank meinen Saft.
    Tony lehnte sich zurück.
    »Von mir aus«, sagte er. »Vielleicht fühlst du dich nach dem Mittagessen besser. Wenn ja, dann ist alles bereit. Für mich käme ohnehin nur ein kurzer Ausritt in Frage. Heute morgen hat sich im Büro einiges ergeben, und ich muß heute abend noch nach Boston fahren.«
    »Wenn es nach mir ginge, könntest du auf der Stelle hinfahren«, gab ich zurück. Tony reagierte nicht darauf. Er schüttelte den Kopf, verzog das Gesicht und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    Wie konnte er derart Theater spielen? dachte ich. Rechnete er wirklich damit, daß er ungestraft davonkam? Ich entschloß mich, dieser Frage im Moment nicht nachzugehen, um Troy nicht zu erschrecken. Er plapperte jetzt schon über unseren Strandspaziergang und darüber, was er mit den Muscheln vorhatte, die wir gemeinsam sammeln würden. Ich mußte einfach lächeln und mich für ihn freuen.
    Tony trank seinen Kaffee aus und stand auf.
    »Vielleicht treffe ich euch beide am Strand«, sagte er. Dann entschuldigte er sich und ging. Ich aß mein Frühstück auf und machte mich dann mit Troy auf den Weg zum Strand, ehe Tony dazu kam, sich uns anzuschließen.
    Troys unentwegtes fröhliches Geschnatter lenkte mich von meinen finsteren Gedanken ab, und jedesmal, wenn in meiner Vorstellung die gräßlichen Ereignisse der vergangenen Nacht wieder an mir vorbeizogen, stellte Troy mir eine Frage. An jenem Morgen war er besonders aufgeweckt und neugierig, und er hielt mich davon ab, meinen Gedanken nachzuhängen.
    »Wodurch bewegen sich die Wolken, Leigh? Siehst du«, sagte er und deutete hin, »die große da war vorhin noch dort drüben, und jetzt ist sie schon hier. Haben sie Flügel?«
    »Nein«, erklärte ich lächelnd. »Der Wind bläst sie fort.«
    »Und warum bläst der Wind nicht durch die Wolken durch?«
    »Ich nehme an, daß er das auch oft tut. Manchmal zerzupft er sie auch, dann werden aus einer großen Wolke mehrere kleine«, erwiderte ich und ließ meine Finger durch sein Haar gleiten. Beim Laufen schwenkte er seinen kleinen Eimer.
    »Wenn ich da oben wäre, würde der Wind mich dann auch vor sich her stoßen?«
    »Wenn du leicht genug wärst, dann täte er das schon«, sagte ich.
    »Und würde er mich auch in Stücke brechen wie eine Wolke?«
    »Nur, wenn du aus Luft wärst. Wie kommst du bloß auf solche Gedanken?« fragte ich.
    Er zuckte mit den Achseln. »Tony sagt, es gibt Orte, an denen der Wind so heftig weht, daß er Leute vom Boden hochhebt und sie wie Wolken herum wirbelt.«
    »O Troy«, sagte ich. Ich blieb stehen und kniete mich hin, um ihn zu umarmen. »Aber hier nicht. Hier bist du sicher.«
    »Und wird dich der Wind auch nicht wegwehen?« fragte er skeptisch.
    »Nein, das verspreche ich dir«, versicherte ich, obwohl ich in meinem Herzen spürte, daß eine Art Orkan mich durch die Gegend geschleudert und jedes Glück hatte platzen lassen, das ich glaubte, endlich gefunden zu haben.
    Er lächelte und riß sich von mir los, um zum Wasser zu laufen.
    »Sieh nur! Sieh dir die blauen Muscheln an!« rief er und fing an, seinen kleinen Eimer damit zu füllen.
    Ich atmete die frische Meerluft tief ein. Sie schien meine Lunge zu reinigen und die Ängste und die Schwere aus meinem Körper zu spülen. Ich sah mich um, weil ich sicher sein wollte, daß Tony uns nicht folgte. Ich konnte ihn nirgends entdecken und nahm an, daß er gemerkt hatte, daß ich ihn nicht in meiner Nähe geduldet hätte. Als ich zu der Überzeugung gekommen war, daß Troy und ich unsere Ruhe haben würden, gesellte ich mich zu ihm, und wir sahen uns die Muscheln an

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