Dunkle Umarmung
die Puppe, die Tony geschaffen hatte, jetzt da war, um mich über die Schrecklichkeiten hinwegzutrösten, die er mir angetan hatte.
Die warme Sonne koste mein Gesicht und zog an meinen Lidern. Ich blinzelte geschwind und versuchte, mich daran zu erinnern, wo ich war und was ich in der vergangenen Nacht hier in diesem Zimmer erlebt hatte. Als ich mich aufsetzte, erwartete ich gewissermaßen, ein Chaos vorzufinden; ich rechnete damit, daß die ganze Welt auf den Kopf gestellt war, wie in meinem Innern alles drunter und drüber ging. Aber um mich herum war alles unverändert. Das Zimmer war aufgeräumt, und alles stand wie immer fein säuberlich an seinem Platz. Die Sonne strahlte ermunternd durch meine Fenster. Selbst Angel schien zu strahlen und sich wieder erholt zu haben.
War das alles nur ein Alptraum gewesen? Ich sah an mir selbst herunter, als könnte ich dort irgendwelche Indizien finden. Meine Arme waren dort blau, wo Tony sie wie ein Schraubstock gegen meinen Körper gepreßt hatte, und meine Schenkel schmerzten, aber ansonsten waren Male seiner Leidenschaft nicht zu entdecken. Und doch hatte ich das Gefühl, daß ich Narben in meinem Innern davongetragen hatte.
Es war kein Alptraum gewesen.
Ich stand langsam auf und fragte mich, was ich jetzt tun sollte. Ich wäre fortgelaufen und ganz zu Daddy gezogen, wenn ich gewußt hätte, wo er sich aufhielt. Ich entschloß mich, zu duschen und mich anzuziehen. Ich wollte nicht nach unten gehen und auf Tony treffen, aber ich konnte auch nicht den ganzen Tag in meinen Zimmern bleiben.
Plötzlich hörte ich Troy an meiner Tür. Er war gekommen, um mich an das Versprechen, etwas mit ihm zu unternehmen, zu erinnern, das ich ihm am Tag zuvor gegeben hatte. Ich wandte mein Gesicht von ihm ab, als er mit mir redete, weil ich fürchtete, er könne das Grauen und Entsetzen in meinen Augen erkennen und erschrecken.
»Du hast gesagt, daß du heute mit mir an den Strand gehst, Leigh. Können wir gleich nach dem Frühstück aufbrechen?
Geht das? Bitte? Wir können Muscheln sammeln.«
»Einverstanden«, sagte ich. »Laß mich nur schnell duschen und mich anziehen. Geh du schon runter, und fang ruhig mit dem Frühstück an.«
»Tony ist auch schon unten«, sagte er.
»Gut.« Ich dachte, daß Tony schon fort sein könnte, wenn ich nach unten kam, und daher ließ ich mir beim Duschen und Anziehen reichlich Zeit. Es sah aus, als würde es ein sehr warmer Tag werden, und deshalb entschied ich mich für meinen Strandspaziergang mit Troy für Shorts und eine kurzärmelige Bluse.
Leider saß Tony, als ich ins Eßzimmer kam, noch da, las sein Wall Street Journal und trank Kaffee. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus, als er die Zeitung senkte, um mich anzusehen.
Ich funkelte ihn so wütend, wie es mir möglich war, an, aber er schien nichts davon zu bemerken. Er lächelte strahlend.
»Guten Morgen, Leigh. Es verspricht, ein wunderschöner Tag zu werden. Troy hat mir erzählt, daß ihr beide einen Spaziergang am Strand machen wollt. Vielleicht komme ich mit.«
Ich sah Troy an. Er stocherte mit seiner Gabel in einer halben Grapefruit herum. Seine Krankenschwester ermahnte ihn, nicht mit dem Essen zu spielen. Ohne ein Wort zu sagen, setzte ich mich auf meinen Platz. Das Mädchen schenkte mir Orangensaft ein. Ich warf einen Blick auf Tony und sah, daß er immer noch lächelte und mich beobachtete. Sein Haar war ordentlich zurückgebürstet, und er trug ein weißes kurzärmeliges Hemd mit blauen Streifen und eine hellblaue Freizeithose. Er wirkte ganz munter und ausgeruht.
Wie konnte er bloß so dasitzen? dachte ich. Glaubte er etwa, ich könnte ganz einfach vergessen, was er getan hatte? Er mußte doch damit rechnen, daß ich meiner Mutter alles erzählte… bestimmt ließ sie sich dann von ihm scheiden, und wir könnten von hier fortgehen.
Aber er war offenbar kein bißchen besorgt. Er faltete seine Zeitung ordentlich zusammen und trank einen Schluck Kaffee.
»Troy verdrückt heute morgen ein ganz gewaltiges Frühstück, weil er weiß, wieviel Energie er braucht, wenn er alles tun will, was er sich für heute vorgenommen hat, Leigh«, sagte Tony und zwinkerte. »Stimmt’s, Troy?«
»Mhm«, sagte er und kaute heftig.
»Ich dachte, du hättest vielleicht Lust, heute eine Weile auszureiten, Leigh. Ich habe Curtis gebeten, Stormy und Thunder nach dem Mittagessen für uns bereitzuhalten. Was hältst du davon?«
Ich warf einen Blick auf Troys Krankenschwester und auf
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