Dunkle Umarmung
verbunden.«
»VERSCHWINDE, und laß mich in Ruhe!« schrie ich, als er seine Hand auf meinen Oberschenkel legte. »Meine Mutter wird davon erfahren, von allem, was geschehen ist. Sie wird erfahren, was du mir letzte Nacht angetan hast, und sie wird dich bis in alle Ewigkeit hassen und dich verlassen«, brüllte ich wütend.
Doch er lachte nur wieder.
»Du wirst es deiner Mutter erzählen? Und was willst du ihr sagen? Das, was sie längst weiß oder wenigstens hofft. Was glaubst du denn, wer mich in deine Arme getrieben, wer mich dazu ermutigt hat? Wer hat denn vorgeschlagen, daß ich dich als Modell nehme, als Aktmodell? Ich bin nicht dumm. Ich weiß, warum sie das getan hat, und ich habe es akzeptiert, es sogar selbst angestrebt. Du bist sehr schön, und du wirst noch schöner werden, als sie es ist. Glaubst du denn, das wüßte sie nicht? Glaubst du denn, daß sie das nicht ärgert?«
»Nein«, schrie ich. »Das ist alles gelogen.«
»Ach, ja?« Er lachte. »Sie hat geglaubt, daß wir beide in dem Häuschen miteinander schlafen, und sie hat es geduldet.«
»Du Lügner!« Ich holte zu einem Hieb nach ihm aus, aber er fing meine Faust in der Luft und hielt sie fest.
»Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Ich habe versucht, sie eifersüchtig zu machen, sie dazu zu bringen, daß sie mich wieder begehrt, und deshalb habe ich ihr erzählt, wie erregt du warst und daß du mich aufgefordert hast, mit dir zu schlafen. Weißt du, was sie gesagt hat? Sie war froh, daß du von einem Meister, von einem glühenden Liebhaber, angelernt wirst. Ich wußte, daß sie mir nur schmeicheln wollte, aber sie hat sich wirklich nicht daran gestört.«
»So etwas hätte sie nie gesagt«, behauptete ich und schüttelte den Kopf. »Niemals.« Ich riß mein Handgelenk los. »Du kennst sie doch überhaupt nicht. Du sagst, ihr hättet keine Geheimnisse voreinander, und dabei hat sie ein großes Geheimnis vor dir gehütet«, sagte ich so verächtlich, wie es mir irgend möglich war. »Du kennst noch nicht einmal ihr wahres Alter. Du glaubst, sie sei viele Jahre jünger, als sie in Wirklichkeit ist. Sie würde dir niemals ihr volles Vertrauen schenken.«
»O doch, ich kenne ihr wahres Alter, meine Süße«, sagte er ruhig, so ruhig, daß mir das Herz sank. »Ich habe mir ein vollständiges Bild von ihrer Vergangenheit gemacht. Leider hat mich meine Liebe zu ihr geblendet, und ich habe bis nach der Heirat abgewartet und es erst dann getan. Sie wird nie erfahren, wie sehr ich mich von ihr betrogen gefühlt habe, weil sie mir etwas vorgemacht hat – mir, der ich den Boden angebetet habe, über den sie gelaufen ist. Jetzt lasse ich sie in ihrer Traumwelt weiterleben. Was schadet das schon?«
»Nein, du lügst schon wieder. Geh weg, verschwinde!« Ich stieß ihn von mir, aber diesmal umfaßte er meine beiden Handgelenke, zog mich an sich und küßte mich brutal auf die Lippen. Ich wehrte mich und wollte mich losreißen, aber er war zu stark. Ich schmeckte den Whisky auf meiner Zunge, und mir wurde übel davon.
Er kniete vor mir, beugte sich über mich und preßte meine Hände aufs Kissen.
Wieder einmal wand und wälzte ich mich unter seinem Körper, und wieder einmal zwängte er sich zwischen meine Beine und nahm mich auf dieselbe Art. Es war wie ein Alptraum, der sich wiederholte. Ich weinte, ich flehte, ich bettelte, doch seine Ohren waren für alles andere als die Stimmen verschlossen, die er in seinem Innern hörte: Stimmen der Begierde und der Lust.
Während der ganzen Zeit verwechselte er mich mit meiner Mutter, nannte mich abwechselnd »Jillian« und stöhnte dann wieder »Leigh«. Ich schloß die Augen, wandte den Kopf von ihm ab und versuchte zu verdrängen, was er mir antat. Mein Körper hob und senkte sich unter ihm. Ich konnte nichts tun, um ihn daran zu hindern.
Als ich die Augen aufschlug, sah ich Angel auf dem Kissen neben mir. Ich konnte mühsam meine rechte Hand aus seiner befreien und sie so weit ausstrecken, daß ich meine geliebte Puppe anfassen und ihr Gesicht abwenden konnte, denn in ihren Augen sah ich mein eigenes Entsetzen und meinen Kummer.
Anschließend preßte ich meine Augenlider zu und wartete, bis es zu Ende war.
Er blieb eine Zeitlang auf mir liegen, ehe er sich wie ein Schlafwandler erhob und mich allein ließ. Ich rührte mich nicht von der Stelle. Meine Handgelenke schmerzten, und mein Gesicht fühlte sich an, als sei Schmirgelpapier damit in Berührung gekommen. Ich weinte, bis ich keine Tränen
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