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Dunkle Verlockung (German Edition)

Dunkle Verlockung (German Edition)

Titel: Dunkle Verlockung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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seiner aufgeplatzten Lippe und schüttelte den Kopf. »Ich muss ja richtig gierig nach Bestrafungen sein, dass ich mir das immer wieder abhole.«
    »Nein, du bist nur entschlossen, besser zu werden.« In Wahrheit war der Vampir ein echter Gegner für ihn. In der Mehrzahl der Fälle trug Galen Schnitte und Quetschungen davon, und ein- oder zweimal hatte Dmitri es sogar geschafft, seine Flügel zu verletzen. Sie lernten gegenseitig voneinander und entwickelten sich zu noch tödlicheren Kämpfern.
    Galen schöpfte einen Krug Wasser aus einem Kübel, goss sich die kühle, klare Flüssigkeit über den Kopf und strich sich das nasse Haar aus der Stirn. »Ich muss für einen Tag weg, vielleicht auch für zwei«, sagte er. Inzwischen vertraute er Dmitri und wusste, dass der Vampir – ebenso wie Raphael persönlich – über Jessamy wachen würde. Kein Mann würde es wagen, ihr etwas zuleide zu tun.
    »Ein anderer Engel möchte mit ihr fliegen«, Dmitris Gesichtsausdruck war wachsam, »aber er hat Angst, dass du ihn umbringst.«
    Der Krug zerbrach unter seinem gewaltsamen Griff. Ohne auf das Blut zu achten, breitete er die Flügel aus und machte sich abflugbereit. »Ich würde sie niemals einsperren.«
    Er schwang sich in den Himmel hinauf und flog mit harten, schnellen Flügelschlägen ohne innezuhalten in die einsetzende Dämmerung. Einige Geschwader flogen an ihm vorbei, doch niemand versuchte, ihn abzufangen, so als könnten sie alle die tiefdüstere Laune spüren, die er förmlich ausströmte. Er flog, als ginge es um sein Leben, raste auf den Luftströmen dahin, bis der Himmel zu allen Seiten öd und leer war und unter ihm nur dunkles, bewaldetes Land lag. Allein.
    Nach den Lebensumständen in seiner Kindheit und Jugend hatte er geglaubt, sich einen Schutzwall gegen solche Schmerz en aufgebaut zu haben und unverwundbar gegen diese unsichtbaren Wunden zu sein, die einen innerlich vernichten konnten. Doch der nach Liebe hungernde Junge von einst war noch immer ei n Teil von ihm, und beide Teile bluteten unaufhörlich, weil sie spürten, dass Jessamy ihn in tausend winzi gen Schritten ve rließ. Er stieß zur Erde hinab, landete am Ufer eines kleinen Flusses und gönnte sich eine Pause, um durchzuatmen und nachzudenken. Doch seine Gedanken kreis ten immer wieder u m eines: Jessamy in den Armen eines anderen.
    In einem wilden, nicht enden wollenden Schrei brach der Zorn aus ihm hervor, den er schon viel zu lange in sich aufgestaut hatte. Selbst die herbstliche Kälte konnte nicht in seine Glieder dringen, um das Fieber in seinem Blut zu kühlen, als er seiner Wut eine Stimme verlieh. Und als er wieder in die Luft emporstieg, wusste er, dass er nun zurückfliegen konnte. Wenn er Jessamy mit einem anderen Mann fliegen sähe, würde er nicht morden und nicht wüten, und wenn es ihn umbrächte.
    Aber als er zurückkam, lag der Turm still da, die meisten Fenster waren unbeleuchtet. Soweit das Auge reichte, flog niemand außer den Wachposten über den Himmel, und als er lautlos auf dem Balkon vor Jessamys Zimmer landete, stellte er fest, dass die Tür geöffnet war. Er rang mit sich, verlor den Kampf und betrat das Zimmer – und da kam sie ihm entgegen, als wollte sie gerade auf den Balkon gehen.
    »Galen!« Die Hand an ihr Herz gehoben, blieb sie stehen. Ihr dunstig grünes, langärmliges Gewand umspielte hauchzart ihre Knöchel.
    Und er begriff, dass er sich etwas vorgemacht hatte. » Ich werde dich fliegen.« Es war ein Knurren. »Ich habe dir mein Wort gegeben, dich an jeden Ort deiner Wünsche zu bringen. Warum hast du nicht mich gefragt?« Anstatt das Angebot eines anderen anzunehmen, der nicht so stark war wie er, der sie nicht so weit tragen und nicht so sicher beschützen konnte?
    Stille. Offenbar hielt sie den Atem an. Hatte sie etwa Angst? Vollblütige Krieger hatten angesichts seines Zorns den Mut sinken lassen, und er ließ ihn ausgerechnet auf die eine Person los, die ihm wichtiger war als alles andere. Alle Muskeln fest angespannt, wollte er rückwärts auf den Balkon hinaustreten, aber sie hielt ihn mit den einfachen Worten zurück: »Wage es nicht, wieder einfach so zu verschwinden, Galen!« Es war keine Angst, es war Wut.
    Er hob eine Augenbraue.
    »Du bist fortgegangen, ohne mir Bescheid zu sagen.« Über den erlesenen Perserteppich in Rot und Gold trat sie auf ihn zu und stieß ihn gegen die Brust, was zwar keinen Einfluss auf seine Standfestigkeit oder Balance hatte, aber trotzdem seinen ganzen Körper in

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