Dunkle Visionen
bei meiner Schwester?“ erkundigte sich Madison trocken.
Er nickte. „Ich habe Dan gesagt, dass einer von uns beiden sie morgen vom Kindergarten abholt.“
„Hast du ihnen erzählt, dass wir verheiratet sind?“
Kyle nickte. „Aber ich habe ihn gebeten, Carrie Anne nichts zu sagen.“
„Was ist mit Darryl?“
„Er weiß es.“
„Und mein Vater? Und deiner?“
Kyle nickte, dann suchte er ihren Blick. „Ich habe eine Menge Telefonate geführt, während du geschlafen hast.“
„Hast du mit irgendjemandem von den Storm Fronts gesprochen? Wir hatten vor, am Donnerstag und Freitag ins Studio zu gehen.“
Sie fragte sich, warum sie nicht verwundert war, als er nickte. „Dein Dad hat es mir erzählt und mir ein paar Telefonnummern gegeben. Ich habe Joey erwischt. Aber es gibt keinen Grund, weshalb du deine Verabredung mit ihnen nicht einhalten solltest.“
„Na toll“, murmelte sie. „Ich brauche nur alles in deine fähigen Hände zu legen.“
Er antwortete nicht und zog es vor, ihren Sarkasmus zu überhören.
Als sie in ihre Einfahrt einbogen, war Madison müde. Sie schloss die Haustür auf und gab den Code für die Alarmanlage ein. Es war fast Mitternacht. Sie hatte einen Bärenhunger, wusste jedoch, dass sie nichts mehr essen würde. Sie hätte Kyle noch etwas zurechtmachen können, aber sie hatte keine Lust. Sollte er sehen, wie er zurechtkam.
Sie ging in ihr Schlafzimmer, duschte kurz und warf sich ein Nachthemd über. Sie hörte, wie er in der Küche herumkramte. Schnell ging sie ins Bett, wobei sie sich fragte, ob sie noch mit ihm reden sollte, aber sie wusste nicht, was. Sie machte den Fernseher nicht an, stattdessen gab sie vor zu schlafen.
Er kam nicht in ihr Zimmer, und nach einiger Zeit schlief sie tatsächlich ein.
Killer beobachtete sie.
Voller Wut.
Hier war sie und lächelte einen anderen Mann an. Lachte. Sie hatte sich an ihn gelehnt, mit ihm geflirtet und ihm den Kopf verdreht, aber sie hatte nur ihr Spiel mit ihm getrieben.
Genau wie die andere. Jene, die vorgegeben hatte, ihn zu mögen, und doch vorhatte, die Wahrheit über ihn zu erzählen. Eine Wahrheit, die ihn zum Außenseiter stempelte. Sie hatte ihn von sich weggestoßen. Die andere. Lainie. Lainie mit den roten Haaren und dem strahlenden Lächeln, doch hinter all dieser Schönheit verbarg sich ein Herz aus Eis. Eine Rose, Gott, sie war schön gewesen wie eine Rose. Aber ihre Dornen waren heimtückisch. Tödlich. Sie gingen tief unter die Haut, direkt ins Herz …
Und jetzt …
Diese hier.
Zusammen hätten sie es schaffen können. Sie hätte ihm den Schmerz und den Zorn, der seit vielen Jahren sein Herz vergiftete, nehmen können. Er hätte gut für ihre Kinder gesorgt. Die Kinder mochten ihn. Sie hatten ihn immer gemocht. Sie hätte ihn lieben können, aber sie war nur eine geile rothaarige Schlampe, genau wie die andere. Sie hatte beschlossen, ihn nicht zu lieben. Vielleicht würde er ihr noch eine Chance geben. Vielleicht würde er sie ja zwingen, ihn weiterhin zu sehen, mit ihm zusammen zu sein, dann würde ihr gewiss klar werden, wie viel er ihr zu geben hatte. Vielleicht …
Er ballte die Hände zu Fäusten und wandte sich ab.
Er ging zu seinem Auto, um wegzufahren. Irgendwohin, ohne Ziel.
Auf der neunundsiebzigsten Straße fand er sich wieder. Am Nuttenlaufsteg, wie er es gern nannte. Ein Mädchen fiel ihm besonders auf. Das Miststück hatte sich das Haar in einem schauerlichen Lilarot gefärbt. Er fand es zum Kotzen, aber das spielte keine Rolle. Nicht heute Nacht.
Er sammelte sie ein und bezahlte sie.
In einem schäbigen Stundenhotel, wo er sie an die Rezeption schickte, um zu bezahlen, damit niemand ihn sah, schlug er sie zusammen.
Und schnitt ihr die Kehle durch.
Danach stellte er fest, dass das scheußliche Haar eine Perücke war. Er fing an zu lachen. Er hatte einen Fehler gemacht.
Nein.
Sie
hatte einen Fehler gemacht.
Er beschloss, sie einfach liegen zu lassen. Er machte sich nicht die Mühe, seine Signatur auf ihrem Körper zu hinterlassen. Sollten die Cops denken, dass irgendein geldgeiler Zuhälter einen Tobsuchtsanfall bekommen hatte.
Killer fuhr lachend davon.
Eine Perücke. Eine gottverdammte Perücke. Ihr Fehler.
Der Traum schmuggelte sich fast unmerklich in Madisons Schlaf. Zuerst sah sie nur Nebelschwaden, die sich nach und nach langsam auflösten, dann hörte sie Stimmen. Einen Streit.
Einen Moment lang glaubte sie, wieder das kleine Mädchen in Roger Montgomerys großem Haus am
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