Dunkle Visionen
erwachte, war er weg. Peggy wuselte bereits im Haus herum und sang „Danny Boy“.
Madison blieb noch im Bett, ließ ihre Finger dort, wo er gelegen hatte, über das Laken gleiten und atmete genüsslich den zarten Moschusduft ein, den ihr Liebesspiel hinterlassen hatte.
Schließlich stand sie auf, duschte und ging, eingehüllt in ihren Bademantel, nach draußen.
Peggy lächelte sie breit an. „Gott sei gelobt!“ sagte sie und schaute gen Himmel. Dann umarmte sie Madison. „Sie haben den Jungen also geheiratet! Er ist wirklich ein wunderbarer Mann, wenn Sie mich fragen. Oh, ist das
herrlich
. Das ist ja ein richtiger Familienzusammenschluss, stimmt’s? Jetzt sind sämtliche Stiefgeschwister miteinander verschwägert, oder?“
„Hmmm, ich schätze schon“, murmelte Madison.
„Aber jetzt sind nur Sie wichtig. Und ich habe die Anweisung, das Haus heute nicht zu verlassen.“
„Tatsächlich?“
„Sie sollen nicht allein bleiben.“
„Wirklich? In meinem eigenen Haus?“
„Es kann nichts schaden, wenn andere wissen, dass ein Adlerauge über Sie wacht“, erklärte Peggy feierlich. „Ihr Mann wollte zum Abendessen zurück sein, und ich dachte mir, wir könnten am Nachmittag gemeinsam Carrie Anne abholen, und dann sollten Sie tun, was Sie für richtig halten. Entweder erzählen Sie ihr die Neuigkeit gleich oder Sie warten auf Ihren Mann und sagen es ihr dann zusammen. Sie wird sehr glücklich sein, sie mag ihn nämlich sehr – genau wie ich. Ich bin begeistert. Jetzt wird alles gut werden!“
„Wird es?“ fragte Madison trocken.
„Und Ihr Vater wird auch bald hier sein, Liebes.“
„Was
? Mein Vater kommt hierher?“
„Er hat vor ein paar Minuten angerufen. Er ist auf dem Weg nach Key West, aber er wollte vorher noch kurz bei Ihnen reinschauen. Ich sagte ihm, dass Sie noch schlafen, doch er hat sich trotzdem auf den Weg gemacht. Wenn Sie möchten, kann ich das Frühstück für Sie beide warm halten, dann können Sie sich erst schnell anziehen.“
„Das werde ich tun. Sagen Sie Dad, dass ich gleich da bin, falls er in der Zwischenzeit kommt, okay?“
„Mach ich.“
Madison nickte Peggy zu und ging dann in ihr Schlafzimmer, um sich anzuziehen, wobei sie sich fragte, was wohl ihr Vater zu ihrer überstürzten Heirat sagen würde.
Kyle saß in einem Auto der Zivilfahndung am Rand einer Straße, die nach Key Largo führte, und überflog die Liste der Restaurants, die er gerade erhalten hatte. Jake Ramone, der junge Polizist neben ihm, räusperte sich. „Tut mir Leid, dass es so viele sind.“
„Tja … wer hätte gedacht, dass so viele Restaurants an ein und demselben Wochenende einen Shrimps Étouffée Spezial anbieten?“ murmelte Kyle.
„Muss ein guter Krabbenfang gewesen sein an diesem Tag.“
„Scheint so. Ich denke, als Nächstes nehmen wir uns dieses Rusty Rumhouse vor. Vielleicht haben wir ja Glück.“
„Ja, Sir.“
Der junge Polizist legte den Gang ein, dann fuhren sie los.
Gott, was für ein öder Morgen. Trotz der Tatsache, dass sich eine junge Kriminalbeamtin die Mühe gemacht hatte, nur jene Restaurants herauszufiltern, die auf der Karte die Speisen stehen hatten, die Holly Tyler zuletzt zu sich genommen hatte, war die Liste länger geworden, als sich irgendjemand hätte vorstellen können. Kyle war bereits in zehn Lokalen gewesen, wo er Fragen gestellt und Holly Tylers Foto herumgezeigt hatte.
Es wäre nicht nötig gewesen, das selbst in die Hand zu nehmen. Er hätte ein halbes Dutzend Grünschnäbel auf den Job ansetzen können. Aber er wollte sich ablenken, und es juckte ihn in den Fingern, irgendetwas zu tun, ganz gleich was.
Er war sogar in Kailas Tennisclub gewesen und hatte den Kellner befragt, der Kaila das Päckchen mit dem essbaren Höschen an den Tisch gebracht hatte. Der Mann berichtete, er hätte das in Geschenkpapier eingewickelte Päckchen auf seinem Tablett vorgefunden und hätte es in der Annahme, dass es der Geschäftsführer oder die Empfangsdame dort hingelegt hätten, an Kailas Tisch gebracht, da ein kleines Schild mit ihrem Namen daran befestigt war. Kyles Nachfragen ergaben jedoch, dass weder der eine noch die andere das Päckchen je zu Gesicht bekommen hatten. Mit einer Namensliste der Angestellten und der Mitglieder des Clubs ausgestattet, verließ er den Tennisclub.
Unter anderem gehörte seine gesamte Familie – und Madisons – dem Club an. Er hatte die Liste sofort Ricky im Hauptbüro zugefaxt in der Hoffnung, er würde irgendetwas
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