Dunkle Visionen
Schlafzimmer zurück.
„Was für eine Frau“, sagte Jimmy und rollte theatralisch die Augen. „Fachdiskussionen über Körperteile, Bier und Chips – alles im Bett. Wie konnte ich nur so lange leben ohne dich?“
„Das darfst du mich nicht fragen“, gab Jassy zurück, schüttelte das Kissen auf und lehnte sich zurück. Dann riss sie die Chipstüte auf. „Willst du auch was?“
„Klingt wie im Himmel.“
Er saß neben ihr, aß eine Hand voll Chips und klickte auf die Fernbedienung. Ein Lokalsender brachte eine Wiederholung der Elf-Uhr-Nachrichten. Er hörte einen Moment schweigend zu, dann schüttelte er den Kopf. „Herrgott, wir müssen diesen Burschen endlich schnappen.“ Er warf Jassy einen unglücklichen Blick zu. „Du weißt, wie sehr ich deine Schwester schätze und dass ich immer versucht habe, sie nicht überzustrapazieren, wenn ich ihre Hilfe in Anspruch genommen habe, aber Kyle hat mir jetzt doch einen ganz gehörigen Schrecken eingejagt.“
„Wie das?“
„Na ja, hauptsächlich wohl, weil er ständig auf der Tatsache herumreitet, dass alle Frauen rote Haare hatten.“
„Es ist immer irgendetwas, das bei Mördern wie diesem hier den Stein ins Rollen bringt. Ich weiß von einem Fall in Kalifornien, wo ein Verrückter nur hinter Brünetten her war. Dieser Mann hier scheint auf Rothaarige zu stehen. Aber ich … oh, jetzt verstehe ich erst. Madison ist rothaarig.“ Sie war einen Moment lang still. „Aber ich wüsste nicht, warum sich Kyle um Madison besondere Sorgen machen sollte. Kaila ist auch rothaarig.“
„Nun, ich bin mir sicher, dass er sich um Kaila ebenfalls Sorgen macht, aber sie ist immerhin verheiratet, und es ist kaum anzunehmen, dass sie auf die Idee kommt, mit irgendeinem fremden Mann ein Wochenende zu verbringen.“
„Kyle ist wegen Madison runtergefahren?“
Jimmy nickte und nahm einen langen Schluck von seinem Bier.
„Nun, das ist eine Erleichterung.“
Jimmy runzelte die Stirn. „Das klingt ja fast, als würdest du dir auch Sorgen um sie machen.“
„Ab morgen wird jeder in der Stadt hier ein komisches Gefühl haben. Nicht, dass wir nicht schon längst an Mord und Totschlag gewöhnt wären. Aber ein Serienkiller … ja, ich bin wirklich froh, dass er bei meiner Schwester ist. Er wird auf sie aufpassen.“ Jassy starrte ihn an. „Warum schaust du denn immer noch so unglücklich?“
„Dein Stiefbruder hat mir auch einen Schrecken eingejagt. Und weißt du was?“
„Nein, was?“
„Ich habe noch mal nachgedacht.“
„Worüber?“
„Über Lainie Adair.“
„Über Lainie?“ fragte Jassy verdutzt.
Er nickte. „Sie war definitiv rothaarig.“
Jassy atmete aus. „Eine temperamentvolle Rothaarige, ganz recht.“
„Du bist nicht besonders gut mit ihr ausgekommen?“
„Doch! Klar. Aber nur, weil ich meine Nase immer in irgendeinem Buch hatte und keine Bedrohung für sie war. Und nachdem sie und mein Vater geschieden waren … na ja, ich lebte bei Dad und sah sie nur noch selten. Aber sie machte mich trotzdem manchmal wütend, weil …“
„Weil?“ Jimmy lehnte sich zurück und schaute sie neugierig an.
„Du willst die Wahrheit wissen?“
„Sicher.“
„Sie war ein Biest. Mein Vater war ihr nicht genug. Roger war ihr nicht genug. Sie haben sie beide verzweifelt geliebt. Sie hatte irgendetwas Besonderes an sich. Natürlich war sie sehr sexy. Und sie war ein Star. Das Problem mit ihr war, dass sie entweder alles zu einem Drama hochstilisierte oder es war nur ein Spiel. Sie liebte es, Roger und meinen Vater gegeneinander auszuspielen. Sie wollte, dass jeder Mann in ihrem Leben glaubte, dass sie die einzige Frau wäre, die er je lieben könnte. Mein Dad ist nie über sie hinweggekommen. Wenn sie sauer auf Roger war, rannte sie wieder zu Dad. Ich weiß nicht, ob sie noch miteinander geschlafen haben, nachdem sie mit Roger verheiratet war, aber wenn sie es nicht getan haben, dann ganz bestimmt nicht deshalb, weil sie es nicht wollte. Oh, Lainie konnte sehr charmant sein. Sie vergötterte ihre Töchter, und ich muss zugeben, dass sie zu Trent und mir immer ganz toll war. Aber die Art, wie sie Männer manipulierte, war einfach schrecklich.“
„Allerdings kann man wohl kaum behaupten, dass Roger Montgomery oder dein Vater keusche Waisenknaben gewesen wären“, erinnerte Jimmy sie.
„Nein, das vermutlich nicht. Dad hat einmal – als Lainie noch am Leben war – zu mir gesagt, dass sie wahrscheinlich die Strafe Gottes wäre für all die
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