Dunkle Wasser
alleine zu Hause war, so wenig Licht wie möglich anmachen und niemals den Fernseher anstellen, wenn Kitty oder Cal nicht mitsahen.
Die Liste der Anleitungen bestand aus vier Zetteln: ZU TUN
1. Täglich nach jeder Mahlzeit die Anrichte abwischen und die Spüle saubermachen.
2. Nach jeder Mahlzeit mit einem sauberen Schwamm die Eisschranktür abwischen und im Eisschrank alles sauber und ordentlich halten. Im Fleisch- und Gemüseabteil nachsehen, ob etwas weggeworfen werden muß. Es ist deine Aufgabe, alles aufzubrauchen, bevor es schlecht wird.
3. Benutze die Geschirrspülmaschine.
4. Entferne die Überreste aus dem Filter und vergiß niemals, den Hahn aufzudrehen, wenn die Maschine angestellt ist.
5. Das saubere Geschirr muß sofort aus der Maschine herausgeholt werden und in die Schränke auf seinen richtigen Platz geräumt werden. Tassen immer einzeln in den Schrank stellen.
6. Silberbesteck richtig in den Besteckkorb einordnen und nicht Gabeln, Messer und Löffel zu einem Haufen zusammenlegen.
7. Bevor die Wäsche gewaschen wird, muß sie aussortiert werden. Weiße Wäsche und dunkle Wäsche trennen. Meine Unterwäsche kommt zuerst in ein Netz – stell einen niedrigen Wasch gang dafür ein. Für meine andere Wäsche nimm kaltes Wasser und flüssige Seife. Cals Socken werden extra gewaschen. Leintücher, Kopfkissenbezüge und Handtücher werden separat gewaschen. Wasche deine Wäsche zuletzt.
8. Trockne die Wäsche im Trockner, wie ich es dir gezeigt habe.
9. Ordne die Wäsche in die Kleiderschränke ein. Meine Wäsche in meinen Schrank und Cals Wäsche in seinen. Deine kommt in die Besenkammer. Lege die Unterwäsche zusammen und ordne sie in die richtigen Schubladen ein. Falte die Bettücher und Überzüge zusammen und lege sie in den Wäscheschrank. Halte alles ordentlich.
10. Wische täglich Küche und Bad mit warmem Wasser und Desinfektionsmittel.
11. REINIGE EINMAL WÖCHENTLICH DEN KÜCHENBODEN MIT
DEM PUTZ MITTEL, DAS ICH DIR GEZEIGT HABE, UND ENTFERNE
EINMAL IM MONAT DAS WACHS UND ERNEUERE ES. SCHRUBBE
EINMAL DIE WOCHE DIE BA DEZIMMERBÖDEN UND SÄUBERE
DEN ABFLUß IN DER DUSCHKABINE. MACH DIE BADEWANNE
NACH JEDEM BAD, DAS DU, CAL ODER ICH GENOMMEN HABEN, WIEDER SAUBER.
12. Geh jeden zweiten Tag mit dem Staubsauger über alle Teppiche. Fege einmal die Woche unter allen Möbeln.
Entferne unter allen Stühlen und Tischen die Spinnennetze.
13. Wische jeden Tag Staub. Räume alles auf.
14. Wenn Cal und ich außer Haus gegangen sind, räume als erstes die Küche auf. Mache die Betten und wechsle regelmäßig die Bettwäsche und die Handtücher im Badezimmer.
Die Zettel fielen mir aus der Hand. Ich saß völlig verdattert da.
Kitty brauchte keine Tochter, sie wollte eine Sklavin! Dabei war ich bereit, ihr jeden Gefallen zu tun, wenn sie mich nur lieben und mich wie eine Mutter behandeln würde. Das Schicksal war ungerecht, daß es mir immer dann eine Mutter nahm, wenn ich glaubte, eine zu bekommen.
Heiße, bittere Tränen liefen mir die Wangen herab, als ich mir der Vergeblichkeit, Kittys Liebe zu erringen, bewußt wurde. Wie sollte ich hier oder sonstwo auf der Welt leben können, ohne jemanden, der mich liebte? Ich wischte mir die Tränen fort und kämpfte gegen sie an, aber sie stürzten mir aus den Augen wie aus geöffneten Schleusen. War es wirklich anmaßend zu verlangen, daß mich jemand brauchte und liebte?
Wenn Kitty wie eine richtige Mutter zu mir sein könnte, dann würde ich alles auf ihrer Liste – und noch mehr – mit Freuden tun. Aber sie stellte Forderungen, erteilte Befehle und gab mir das Gefühl, daß ich rücksichtslos ausgenutzt wurde. Nicht einmal bitte hatte sie gesagt. Sogar Sarah war freundlicher zu mir gewesen.
Ich saß tatenlos da und fühlte mich betrogen. Vater muß gewußt haben, was für ein Mensch Kitty war, und er hatte mich trotzdem an sie verkauft, herzlos, gefühllos. Immer schon hatte er mich für etwas bestraft, für das ich nichts konnte und das nicht rückgängig zu machen war.
Bitterkeit stieg in mir hoch und trocknete mir die Tränen. Ich würde so lange bleiben, bis sich die Gelegenheit bot davonzulaufen und Kitty den Tag bereuen würde, an dem sie mir mehr Arbeit an einem Tag aufgebürdet hatte, als es Sarah je in einem Monat getan hatte.
Hier hatte ich zehnmal soviel Arbeit wie in der Hütte, trotz der ganzen Maschinen und Putzmittel. Ich befand mich in einem eigenartigen Zustand, ich fühlte mich schwach und starrte auf die Zettel, die
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