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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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zusehen konnte, wie ich mich umzog. Ich schlüpfte in ein wunderschönes, kornblumenblaues Georgette-Kleid. Die Puppe, stellte für mich meine Mutter dar; durch die Glasaugen blickte meine Mutter mich an, voller Liebe, Bewunderung und Verständnis. Ich bemerkte, daß ich zu meiner Puppe sprach, während ich mir die Haare bürstete und mich auf eine erwachsenere Art frisierte. Das Kleid sowie die hübschen Schuhe und Strümpfe waren ein
    Geburtstagsgeschenk von Cal gewesen.
    Um sechs Uhr war ich fertig. Ich kam mir dumm vor, daß ich es wie ein aufgeregtes Kind nicht erwarten konnte, die neuen Sachen anzuziehen. Ich sah noch einmal nach, ob alles in Ordnung war. Ich hatte Papierschlangen an den Lüster im Eßzimmer gehängt, und Cal hatte ihn mit Luftballons dekoriert. Das Haus sah sehr festlich aus; es war ermüdend, nur herumzusitzen und auf die Gäste zu warten. Ich ging wieder in mein Zimmer und starrte aus dem Fenster. Es wurde rasch dunkel draußen, da sich Sturmwolken zusammengeballt hatten, die den Himmel schwärzten. Ein leiser Regen fiel.
    Wenn es regnete, wurde ich immer schläfrig. Vorsichtig legte ich mich auf mein Bett, breitete aber zuvor meinen Rock aus, damit er nicht zerknitterte. Dann drückte ich meine Puppenbraut ans Herz und bald träumte ich von meiner Mutter.
    Sie und ich liefen auf den Bergwiesen; sie mit ihrem glänzend hellen Haar und ich mit meinen langen dunklen Locken – dann hatte sie meine und ich ihre Haare, und ich wußte nicht mehr, wer ich war. Wir lachten leise, wie man es im Traum tut… Und dann…
    Ich wachte schlagartig auf. Zuerst blickte ich erstaunt in die Glubschaugen eines grünen Frosches, der zu einem Blumentopf umgewandelt worden war. Was hatte mich aufgeweckt? Ohne den Kopf zu heben, sah ich mich um. War es der Goldfisch gewesen? Oder der Elefanten-Tisch, der nicht ganz so perfekt gelungen war, wie die, die unten im Erdgeschoß standen? Alle Töpferarbeiten Kittys, die nicht so gut waren, daß sie verkauft werden konnten, und die keiner sehen durfte, landeten in meinem Zimmer. Warum glotzten mich alle so aus starren Glasaugen an?
    Der Donner grollte. Im gleichen Augenblick wurde das Zimmer von einem Blitz erhellt. Ich drückte meine Puppe fester an mich. Der Himmel öffnete sich, und was da herunterkam, war alles andere als ein erfrischender Sommerregen. Ich setzte mich auf und spähte durch das Fenster, an dem das Wasser eimerweise herunterlief; die Straße unten war überschwemmt, man konnte die Häuser kaum erkennen, sie schienen weit weg zu sein, wie aus einer anderen Welt. Wieder kuschelte ich mich ins Bett, ohne auf mein schönes Georgette-Kleid zu achten. Mit meiner »Mutter«-
    Puppe im Arm schlief ich wieder ein.
    Der Regen trommelte so laut ans Fenster, daß alle anderen Geräusche übertönt wurden. Der krachende Donner verursachte einen so ohrenbetäubenden Lärm wie Riesen in Irvings Sage von Rip van Winkle, die ihre Kugeln alle gleichzeitig rollen ließen, daß sie dröhnend aufeinanderprallten und fürchterliche Blitze abgaben, die alle paar Sekunden durch die Dunkelheit zuckten. Wie ein Regisseur baute ich alle Geräusche der Außenwelt in meine Traumszenen ein. In einem nebeldurchwallten Traum, schöner, als es die Wirklichkeit je sein könnte, schwebten Logan und ich durch einen Wald voller grüner Schatten. Er war älter geworden, ich auch – und es lag eine knisternde Spannung zwischen uns, eine Erregung, die mein Herz lauter und heftiger pochen ließ…
    Aus der Dunkelheit ragte eine Gestalt heraus; sie war nicht in weiß gekleidet, sondern in einem grellen Pink. Kitty! Ich setzte auf und rieb mir die Augen.
    »Na…«, sagte Kitty mit gedehnter, tonloser Stimme, »schau mal einer an, was macht denn das Hillbilly-Flittchen? Hat sich fein rausputzt und lungert auf dem Bett herum.«
    Was hatte ich den Schlimmes getan, daß Kitty nun wie ein Racheengel Gottes kurz vor dem Weltuntergang vor mir stand?
    »Hörst du mich, du Miststück?«
    Diesmal zuckte ich zusammen, als hätte man mich geschlagen. Wie konnte sie so gemein sein, wo ich mich den ganzen Tag mit Vorbereitungen für ihre Party abgerackert hatte? Genug! Ich hatte genug! Ich war es leid, mit Schimpfworten überschüttet zu werden, ich hatte es endgültig satt. Ich wollte mich diesmal nicht mehr einschüchtern lassen.
    Ich war kein Flittchen und schon gar kein Miststück!
    Mein Zorn gegen sie flammte auf wie ein Riesenfeuer, vielleicht weil sie mich so haßerfüllt anstarrte. Es erinnerte

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