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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Augen neben der Tür des Drugstores. Vater machte eine leichte Verbeugung vor Miß Deale. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Miß Deale.« Er neigte sich herunter, nahm Unsere-Jane in einen Arm, hob Keith mit dem anderen hoch und schritt hinaus. Er hatte auf alle Leute im Drugstore wie der kultivierteste, charmanteste Casteel der Welt gewirkt. Die Münder standen offen, als wäre gerade ein Wunder geschehen.
    Obwohl ich, um Miß Deale zu warnen, alles über Vater erzählt hatte, leuchtete so etwas wie Bewunderung in ihren himmelblauen, naiven Augen.
    Es war ein besonders schöner Tag, die Vögel flogen hoch am Himmel, und die Herbstblätter segelten sanft zu Boden. Mir ging es ebenso wie Keith, der ganz von der Schönheit der Natur gefangengenommen wurde. Ich hörte daher nur halb, was Tom gerade zu mir gesagt hatte, bis ich die vor Überraschung geweiteten Augen Fannys sah. »Nein! Stimmt nicht! Der gutaussehende Junge hat nicht Heaven angeschaut!
    Mich hat er angeschaut!«
    »Welcher Junge denn?«
    »Der Sohn des neuen Apothekers, der den Drugstore übernommen hat«, erklärte Tom. »Hast du nicht den Namen Stonewall auf dem neuen Schild im Laden bemerkt? Meine Güte, der war ja schon in der Kirche total hingerissen von dir, Heaven, das muß man wirklich sagen.«
    »Lügner!« kreischte Fanny. »Kein Mensch starrt Heaven an, wenn ich in der Nähe bin!«
    Tom und ich ignorierten die zeternde Fanny. »Hab’ gehört, er soll morgen in die Schule kommen«, fuhr Tom fort.
    »Komisches Gefühl, wie der dich so angestarrt hat«, fügte er leicht verlegen hinzu. »Ist mir schon mulmig vor dem Tag, an dem du heiratest und wir nicht mehr so zusammen sind.«
    »Wir werden immer zusammenbleiben«, warf ich hastig ein.
    »Kein Junge wird mich davon überzeugen, daß ich ihn dringender nötig habe als eine Ausbildung.«
    3. KAPITEL

    LOGAN STONEWALL

    Kaum hatten Tom, Fanny, Unsere-Jane, Keith und ich am Montagmorgen den Schulhof betreten, als Tom mir den neuen Jungen zeigte, der mich am Sonntag in der Kirche dauernd angestarrt hatte. Dieser neue Junge, der besser gekleidet war als die Jungen aus dem Tal, fiel aus dem Rahmen. Er stand im Gegenlicht der Morgensonne, die eine Art feurigen Glorienschein um seine dunklen Haare bildete, so daß ich sein Gesicht, das im Schatten lag, nicht richtig erkennen konnte.
    Aber so, wie er dastand, nicht so vornübergebeugt wie manche Burschen aus den Bergen, die sich wegen ihrer Größe genierten, wußte ich sofort, daß ich ihn mochte. Natürlich war es dumm von mir, einen mir vollkommen Fremden zu mögen, nur weil er Sicherheit ausstrahlte, die nichts mit Arroganz zu tun hatte, sondern Stärke und Selbstbewußtsein verriet. Ich sah zu Tom hinüber, und mir wurde klar, warum ich diesen Jungen, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, sofort mochte. Logan und Tom hatten die gleiche natürliche Anmut und Ungezwungenheit, die daher rührte, daß beide wußten, wer und was sie waren. Wieder betrachtete ich Tom.
    Wie konnte er nur als ein Casteel so stolz neben mir hergehen?
    Ich hatte den sehnlichen Wunsch, auch über eine sichere Haltung und über die Fähigkeit, mit mir selbst zufrieden zu sein, zu verfügen, was wahrscheinlich möglich gewesen wäre, wenn mich Vater geliebt hätte – so wie er Tom liebte.
    »Schon wieder starrt er dich an«, flüsterte mir Tom zu und versetzte mir einen Rippenstoß, worauf Fanny sofort mit ihrer lauten Stimme zu plärren anfing. »Er starrt nicht auf Heaven!
    Er starrt nur mich an!«
    Fanny hatte mich wieder einmal in Verlegenheit gebracht.
    Selbst wenn der neue Junge etwas gehört hatte, so zeigte er es nicht. Mit seiner gebügelten grauen Flanellhose, seiner grünen Strickjacke, die er über einem weißen Hemd mit einer grüngrau gestreiften Krawatte trug, fiel er auf wie ein Weihnachtsbaum. Er hatte richtige Sonntagsschuhe aus Leder an, die auf Hochglanz poliert waren. Die Jungen aus dem Tal trugen alle Jeans, Pullover und Turnschuhe. Noch nie war jemand in solchen Kleidern, wie Logan Stonewall sie trug, in die Schule gekommen.
    Hatte er gemerkt, wie wir ihn anstarrten? Es muß wohl so gewesen sein, denn auf einmal kam er zu meinem großen Schrecken auf uns zu. Was sollte ich jemandem, der so vornehm aussah, nur sagen? Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Jeder Schritt, den er näher kam, versetzte mich in Panik. Ich wollte mit Keith und Unserer-Jane davonlaufen, bevor er mein schäbiges, verwaschenes Kleid, bei dem zudem noch

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