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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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ganze Nacht mit herabgesunkenem Kopf geschlafen hatte und jetzt wie ein Häufchen Elend aussah. Ich nahm seine Hand und half ihm aufstehen. »Tom, sieh zu, daß Großvater aufs Klo geht, während ich Frühstück mache. Wenn er gegessen hat, gib ihm wieder Holz zum Schnitzen; ich halt’s nicht aus, wenn er nur dasitzt und nichts tut.«
    Das wohlschmeckende Frühstück hat uns damals den Tag bestimmt erträglicher gemacht. Wir aßen heiße Würstchen, gebratene Äpfel und Kartoffeln, dazu Brot mit Margarine, die uns so gut wie Butter schmeckte.
    »Wär’ schön, wenn wir ‘ne Kuh hätten«, bemerkte Tom, der sich immer darum sorgte, daß wir alle nicht genügend Milch tranken. »Wenn Vater die doch bloß nicht verspielt hätte.«
    »Skeeter Burl hat ‘ne Kuh, die uns mal gehört hat. Vater hat nicht das Recht, unsere Kuh zu verspielen. Stehl sie doch einfach zurück, Tom«, schlug Fanny vor, die sich mit Stehlen auskannte.
    Ich fühlte mich wie ausgehöhlt, und die Sorgen, die ich in meinem Alter kaum bewältigen konnte, lasteten schwer auf mir; als ich darüber nachdachte, fiel mir ein, daß es ja viele Mädchen in meinem Alter gab, die schon eine eigene Familie zu versorgen hatten. Aber diese Mädchen besaßen nicht den Ehrgeiz, auf ein College zu gehen. Sie gaben sich damit zufrieden, als Frau und Mutter ihr Leben zu fristen und in Hütten zu wohnen. Wenn sie von ihren Männern einmal in der Woche verprügelt wurden, dann nahmen sie es gleichmütig als eine Selbstverständlichkeit hin.
    »Heaven, kommst du nicht?« fragte mich Tom, der sich gerade für die Schule fertig machte.
    Ich sah zu Großvater hinüber und dann zu Unserer-Jane, der es nicht gutging. Sie hatte das Frühstück – das beste seit Wochen – kaum angerührt.
    »Geh du schon vor, Tom, mit Fanny und Keith. Ich kann Unsere-Jane nicht alleine lassen, wenn es ihr so schlecht geht.
    Außerdem möchte ich nicht, daß Großvater nur dasitzt und schaukelt und dabei vergißt, etwas herumzugehen.«
    »Ihm geht es gut. Er kann doch auf Unsere-Jane aufpassen.«
    In dem Augenblick, als er es ausgesprochen hatte, war mir klar, daß er es nicht so meinte; er wurde rot, senkte den Kopf und sah so bedrückt aus, daß ich am liebsten wieder geweint hätte. »In ein paar Tagen werden wir uns daran gewöhnt haben, Tom. Es wird schon weitergehen, du wirst sehen.«
    »Ich bleib’ zu Hause«, bot Fanny an. »Ich pass’ auf Unsere-Jane und Großvater auf.«
    »Die beste Lösung«, stimmte ihr Tom glücklich zu. »Fanny wird die High School sowieso nie beenden. Sie ist alt genug, leichte Arbeit zu machen.«
    »Gut«, stimmte ich probeweise zu. »Fanny, zuerst mußt du Unsere-Jane baden. Du mußt zusehen, daß sie den Tag über acht Gläser Wasser trinkt und zwischendurch immer etwas ißt.
    Dann muß Großvater immer wieder zum Klo geführt werden, und du solltest darauf achten, daß hier alles sauber und aufgeräumt ist.«
    »Geh’ lieber doch zur Schule«, seufzte Fanny. »Bin nicht Großvaters Sklavin und nicht die Mutter von Unserer-Jane. Ich bin lieber bei den Jungs.«
    Ich hätte es wissen müssen.
    Tom ging widerstrebend zur Tür. »Was soll ich Miß Deale sagen?«
    »Erzähl ihr nicht, daß Sarah uns verlassen hat«, stieß ich hervor. »Sag ihr nur, ich bin zu Hause geblieben, weil es so viel zu tun gibt; Großvater fühlt sich nicht wohl und Unsere-Jane ist krank. Das ist alles, hast du mich verstanden?«
    »Aber sie könnte uns vielleicht helfen?«
    »Wie?«
    »Weiß ich nicht, aber ihr fällt bestimmt etwas ein.«
    »Thomas Luke, wenn du deine Ziele, die du dir gesetzt hast, erreichen willst, dann kannst du nicht herumgehen und um Hilfe betteln. Du mußt alle Schwierigkeiten überwinden und deine eigenen Lösungen finden. Wir beide werden zusammen versuchen, die Familie gesund durchzubringen. Sag Miß Deale und Logan, was du willst, sie sollen nur nicht merken, daß Sarah uns verlassen hat. Sie kann jede Minute zurückkommen, wenn sie einsieht, was sie falsch gemacht hat. Wir wollen sie doch nicht beschämen, oder?«
    »Nein«, sagte er und atmete erleichtert auf. »Sie kommt bestimmt wieder, wenn ihr klarwird, daß es falsch war, uns zu verlassen.«
    Er nahm Keith an die rechte Hand, und Fanny nahm seine linke Hand, und so stapften sie los in die Schule. Ich blieb mit Unserer-Jane im Arm zurück auf der Veranda. Sie weinte, als sie Keith in die Schule gehen sah, und ich wünschte mir, ich hätte mit ihnen gehen können.
    Das erste, was ich tat, nachdem

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