Dunkle Wasser
hätte anders gewählt.
Als hätte Unsere-Jane endlich die paradiesischen Genüsse des Essens entdeckt, löffelte sie ihren Pudding so schnell auf, daß sie vor Keith fertig war. Sie setzte ihr bezauberndstes Lächeln für Miß Deale auf. »Das war aber guuut!« Einige Leute in unserer Nähe lachten.
Bis jetzt war alles gut gelaufen, wenn man davon absah, daß Keith seinen Teller abgeleckt hatte.
Aber ich hätte wissen müssen, daß unser Glück nicht von Dauer sein konnte.
Plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, fing Unsere-Jane zu würgen an, ihr Gesicht verfärbte sich grünlich, und sie erbrach sich direkt auf Miß Deales rostbraunen Wollrock! Einiges bekam das gestärkte Tischtuch, einiges ich ab.
Die Augen Unserer-Jane wurden dunkel und weiteten sich vor Entsetzen; dann heulte sie los. Sie vergrub ihr Gesicht in meinem Schoß, während ich mich entschuldigte und dabei versuchte, den Schmutz von Miß Deales Rock mit meiner großen Serviette zu entfernen.
»Heaven, schau nicht so verzweifelt«, sagte Miß Deale ruhig, wischte sich das übelriechende Erbrochene von ihrem Rock ab und schien sich überhaupt nicht aufzuregen. »Ich werde den Rock in die Reinigung geben, und er wird wieder so gut wie neu. Also, ihr braucht wirklich nicht so verschreckt dreinzusehen, beruhigt euch nur. Während ich jetzt zahle, zieht ihr euch wieder an. Dann fahre ich euch nach Hause.«
Auch die anderen Gäste versuchten, den Vorfall zu übergehen. Sogar die Kellner machten kein Aufsehen, als hätten sie es gleich bei unserem Kommen geahnt, daß so etwas passieren mußte.
»War böse«, wimmerte Unsere-Jane, während Miß Deale die Rechnung beglich. »Wollt’s nicht tun, Hevlee. Kann nichts dafür, Hevlee.«
»Sag Miß Deale, daß es dir leid tut.«
Aber Unsere-Jane war zu schüchtern dazu, und sie weinte wieder leise vor sich hin.
»Schon gut, Jane, Liebes. Ich weiß noch, wie mir einmal dasselbe passiert ist, da war ich genauso alt wie du. So etwas kommt bei jedem einmal vor, nicht wahr, Heaven?«
»Ja, natürlich«, sagte ich, dankbar für jeden Strohhalm, den man mir zuwarf. »Besonders, wenn man einen so winzigen Magen hat, der nicht viel gewöhnt ist.«
»Ich hab’ noch nie jemanden angekotzt!« verkündete Fanny.
»Mein Magen weiß sich zu benehmen.«
»Aber deine Zunge nicht«, erwiderte Tom.
Ich trug Unsere-Jane in Miß Deales teuren, schwarzen Wagen. Als wir langsam den nebelverhangenen Berg hinauffuhren, fing es leicht zu schneien an. Die ganze Fahrt über fürchtete ich, daß Unserer-Janes empfindlicher Magen wieder rebellieren würde und sie auch noch die gepflegten Sitze verschmutzen würde. Aber es gelang ihr, den Rest der Mahlzeit bei sich zu behalten. Und wir kamen schließlich ohne einen weiteren Zwischenfall wohlbehalten zu Hause an.
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte ich verlegen, während ich auf der schiefen Veranda stand und meine kleine Schwester im Arm hielt. »Es tut mir leid wegen Ihres Kostüms. Ich hoffe sehr, daß die Flecken rausgehen.«
»Ganz bestimmt.«
»Bitte, laden Sie uns nächsten Sonntag wieder ein«, bettelte Fanny. Dann machte sie die Tür auf, schlüpfte hindurch und war verschwunden. Nach einer Sekunde öffnete sich die Tür wieder einen Spaltbreit, und Fanny schnarrte heraus: »Tausend Dank, Miß Deale. Sie verstehen es mächtig gut, ‘ne Party zu schmeißen.«
Peng! Wieder hatte sie die Tür hinter sich zugeknallt.
»Sie sind ganz prima«, sagte Tom etwas linkisch, beugte sich herab und küßte ihre Wange. »Danke für alles. Und wenn ich hundertzehn werd’, mein Lebtag vergess’ ich den heutigen Tag nicht, und Sie nicht und Ihre Einladung nicht. Es war das beste Essen, das ich je gegessen hab’, nichts für ungut, Heavenly.«
Jetzt war der Augenblick da, wo wir als Beweis unserer Gastfreundschaft Miß Deale hätten hereinbitten sollen. Aber wenn sie hereingekommen wäre, dann hätte sie zuviel über uns erfahren – und das konnte ich einfach nicht zulassen. Ich spürte, daß sie eine Einladung von uns erwartete, um endlich zu sehen, wie wir lebten. Schon von außen war die Hütte sehr armselig, aber der Anblick innen hätte ihr bestimmt schlaflose Nächte bereitet.
»Vielen Dank, Miß Deale, für alles, was Sie für uns getan haben. Bitte, entschuldigen Sie, daß Fanny so frech ist, und Unserer-Jane tut es sehr leid, auch wenn sie es nicht sagen kann. Ich würde Sie gerne hereinbitten, aber ich habe die Zimmer ganz unordentlich
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