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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Sachen, hätte Fanny dazu gesagt. Damals konnte ich noch nicht zwischen echtem Reichtum und dem vulgären Geschmack der Neureichen unterscheiden.
    Ich kam mir in meinem formlosen Gewand überhaupt nicht wie ein menschliches Wesen vor, eine Schulter hing herunter, der Halsausschnitt war zu weit, und der Saum hatte Zacken.
    Ich hatte immer schon vorgehabt, ihn zu richten, aber nie Zeit dazu gefunden. Als ich so dastand, kitzelte eine unbändige Locke meine Stirn, und ich strich sie mit einer automatischen Bewegung wieder nach hinten. Das lenkte die Aufmerksamkeit auf meine roten, rissigen Hände mit den kurzen abgebrochenen Fingernägeln. Schnell versuchte ich, meine Hände, die jeden Tag Wäsche wuschen und Geschirr spülten, zu verbergen, denn wer wollte mich schon in einem so verwahrlosten Zustand haben?
    Bestimmt keines der beiden Paare.
    Bei Fanny hatte man schnell und begeistert die Wahl getroffen.
    Fanny hatte ihre Hände nicht ruiniert, und ihre langen, glatten Haare waren schwer genug, um nicht herumzufliegen. Ich war zu unscheinbar, häßlich und unansehnlich – wer würde mich schon wollen, wenn selbst Logan mir nicht mehr in die Augen sehen konnte? Wie hatte ich nur die Hoffnung hegen können, daß er mich vielleicht eines Tages lieben würde?
    »Was ist, Mädchen«, sagte Vater stirnrunzelnd und zeigte deutlich seine Mißbilligung, weil ich so lange zögerte. »Ich sagte dir schon, daß du wählen kannst. Wenn du’s nicht bald tust, tu’ ich’s.«
    Verstört fühlte ich unterschwellig etwas, was ich nicht verstand. Ich versuchte, dahinter zu kommen, warum das ältere Paar so kalt und zurückhaltend war und warum sie mich zwar ansahen, aber eigentlich gar nicht richtig sehen wollten. Ich bekam den Eindruck, daß sie langweilige, gesetzte und vielleicht sogar gefühllose Leute waren; die Frau mit den roten Haaren und den farblosen Augen dagegen lächelte mich die ganze Zeit an. Sarah hatte auch rote Haare gehabt und war so liebevoll gewesen – zumindest bis das Baby starb.
    Ja, das jüngere Paar war gewiß unterhaltsamer und weniger streng. So fällte ich meine unüberlegte, hastige Entscheidung.
    »Die«, sagte ich und zeigte auf die Rothaarige und ihren gutaussehenden Mann. Die Frau schien etwas älter zu sein, aber das machte nichts, sie war jung genug, und je länger ich sie mir ansah, um so hübscher kam sie mir vor.
    Die farblosen Meeraugen mit den runden, schwarzen Fischen in der Mitte bekamen einen eigenartigen Glanz – war es vor Freude? Sie eilte auf mich zu, schlang die Arme um mich und drückte mich gegen ihren üppigen Busen, daß ich beinahe erstickte. »Wirst es nich’ bereuen«, sagte sie halb lachend und warf zuerst Vater und dann ihrem Mann einen triumphierenden Blick zu. »Werd’ die beste Mutter sein für dich, die aller-, allerbeste…«
    Auf einmal, so als hätte sie glühende Kohlen angefaßt, ließ sie ihre Arme jedoch sinken und trat einen Schritt zurück. Sie sah an sich herab, ob ich nicht ihren pinkfarbenen Hosenanzug beschmutzt hätte, und fuhr mit einer heftigen Handbewegung darüber.
    Aus der Nähe sah sie eigentlich nicht mehr so hübsch aus.
    Ihre schwarzumrandeten Augen standen etwas zu nah beieinander, und ihre Ohren waren so klein und lagen so eng an ihrem Kopf, daß man sie beinahe nicht sah. Aber wenn man sie nicht gerade Stück für Stück auseinandernahm, war der Gesamteindruck doch der einer wunderschönen Frau.
    Ehrlich gesagt, hatte ich noch nie eine Frau von so aufdringlicher Weiblichkeit gesehen. Sie signalisierte Sexualität, mit ihrem wogenden Busen, ihren vollen Gesäßbacken und der schmalen Taille – die als Stütze für den Torso bestimmt überfordert war. Ihr gestricktes Oberkleid war so eng, daß es über den Wölbungen dünner wurde. Ihre Hose betonte das große V ihres Schritts – was Vater dazu veranlaßte, sie seltsam anzulächeln, weniger bewundernd als verächtlich.
    Warum lächelte er so? Wieso konnte er eine Frau verachten, die er gar nicht kannte? Allerdings mußte er sie ja schon einmal gesehen haben, sonst wäre er nie mit ihr ins Geschäft gekommen.
    Jetzt sah ich – zu spät – verzweifelt zu dem älteren Paar hinüber. Sie hatten sich schon abgewandt und gingen auf die Tür zu. Ich hatte das Gefühl, als versänke ich.
    »Vielen Dank, Mr. Casteel«, sagte der ältere Gentleman, als er hinaustrat und seiner Frau über die Türschwelle half. Sie schienen erleichtert, als sie auf ihren schwarzen Wagen zugingen. Vater eilte ihnen nach

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