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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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ein eigenartiges Gesicht, es war teils traurig, teils zufrieden, während sein Blick von mir zu Kitty und Cal Dennison hinüberglitt. »Hast ‘ne gute Wahl getroffen«, sagte er feierlich. Dann drehte er sich um – vielleicht um ein Lachen oder ein Weinen zu unterdrücken.
    Bei der Vorstellung, daß er lachen mußte, packte mich unbändige Angst, wie ich sie nie zuvor empfunden hatte. Ich schluchzte auf, und die Tränen kullerten mir die Wangen herab. Aber ich ging wortlos an Vater vorbei. Und er sagte auch nichts.
    An der Tür drehte ich mich um. Etwas Süßes und zugleich Bitteres steckte mir im Hals; es tat weh, die ärmliche Hütte zu verlassen, in der ich, Tom und Fanny unsere ersten Schritte gemacht hatten… an Keith und Unsere-Jane wagte ich nicht einmal zu denken.
    »O Herr, gib mir, daß meine Zeit kommen wird«, flüsterte ich, bevor ich mich endgültig abwandte und die Treppen hinunterging.
    Die späte Wintersonne schien mir heiß auf den Kopf, als ich zu dem hübschen Wagen mit den roten Sitzen ging. Vater schlenderte auf die Terrasse; Schweine wühlten grunzend in der Erde; Hühner flatterten frei umher, ein Hahn jagte gerade einer Henne hinterher, mit der eindeutigen Absicht, sich zu vermehren. Ich war verdutzt. Woher kamen die Tiere? Waren sie überhaupt wirklich da? Oder erträumte ich sie nur in meiner Phantasie? Ich rieb mir die tränenverschmierten Augen. Es war schon so lange her, daß ich Jagdhunde, Katzen, Schweine und Hühner gesehen hatte. Hätte Vater sie alle in seinem Lieferwagen hierher transportiert, in der Absicht, eine Weile zu bleiben und sich um seinen Vater zu kümmern?
    Der Himmel war mit langen dünnen Wolken bedeckt, die sich langsam zu großen dicken Wolken rundeten. Es waren solche Gebilde, die man auf Bildern stets als Symbol für Glück und Zufriedenheit sieht.
    Cal und Kitty stiegen vorne in das Auto und erklärten mir, ich könne den Hintersitz ganz für mich alleine haben.
    Verkrampft und aufgeregt wandte ich mich zurück, um das alles, was ich eigentlich so schnell wie möglich vergessen wollte, noch einmal sehen zu können.
    Sag Adieu der Armut und den knurrenden Mägen, die niemals richtig satt wurden.
    Sag Adieu dem stinkenden Aborthäuschen, dem spuckenden Küchenofen, den abgenutzten und zerschlissenen Schlafdecken auf dem Boden.
    Sag Adieu zu all den Entbehrungen, aber auch der Schönheit der Berge; den wilden Beeren, den flammenden Herbstblättern, dem plätschernden Fluß und den Bächen, in denen die Forellen springen und wohin ich mit Tom und Logan zum Angeln gegangen war.
    Sag Adieu den Erinnerungen an Keith und Unsere-Jane, Tom und Fanny.
    Sag Adieu all dem Lachen und Weinen. Ich fahr’ dorthin, wo man es besser hat, man reicher und glücklicher ist.
    Es bestand eigentlich überhaupt kein Grund zu weinen.
    Warum tat ich es nur?
    Vater, der auf der Veranda stand, weinte jedenfalls nicht und starrte mit ausdruckslosem Gesicht ins Leere.
    Cal drehte den Zündschlüssel um, der Motor sprang an, und wir brausten mit einem Ruck davon. Kitty quietschte und plumpste gegen die Rückenlehne. »Langsamer, du Idiot«, schrie sie. »Weiß schon, daß es dort schrecklich war, der Gestank wird noch wochenlang an uns kleben, aber dafür haben wir ‘ne Tochter. Deshalb sind wir ja auch gekommen.«
    Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter.
    Es war alles in Ordnung, alles in Ordnung.
    Ich war auf dem Weg dorthin, wo es besser als hier sein würde, redete ich mir unentwegt ein.
    Aber ich mußte immer wieder daran denken, was Vater gesagt hatte: Er hatte seine Kinder verkauft, das Stück für fünfhundert Dollar. Bei seinem letzten Handel hatte ich jedoch weder unterschriebene Papiere gesehen noch die Erwähnung eines Kaufpreises gehört. Sicherlich würde Vaters Seele in der Hölle schmoren. Daran zweifelte ich keinen Augenblick.
    Wie ich von Kitty und ihrem Mann gehört hatte, waren wir auf dem Weg nach Winnerrow, wo ich schon immer in einem hübschen, geweißelten Haus in der Nähe der Stonewall-Apotheke leben wollte. Ich würde wohl die High School abschließen und dann das College besuchen. Und ich könnte Fanny oft sehen und Großvater, wenn er in die Kirche ging.
    Aber was war das?
    Warum bog Cal rechts ein und fuhr an Winnerrow vorbei?
    Wieder hatte ich einen dicken Kloß im Hals und mußte heftig schlucken.
    »Hat Vater nicht gesagt, daß du aus dem Tal kommst?« fragte ich leise und verängstigt.
    »Stimmt, Kind«, sagte Kitty und drehte sich lächelnd zu

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