Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
…«
»Behandeln Sie ihn gut, den brauche ich, um über die Dächer zu fliegen.«
»Keine Angst, ich habe großen Respekt vor Hexen.« Casini war überrascht, dass ihm die Worte so locker aus dem Mund kamen. Die Verkäuferin warf ihm einen amüsierten Blick zu.
»Ich gehe kurz in meine Wohnung hinauf«, sagte sie und verließ ihn. Casini blieb bei den beiden jungen Männern zurück. Er kehrte weiter und entfernte sich ein Stück. Von dort hörte er, wie sie sich leise unterhielten, und spitzte die Ohren. Sie machten ziemlich gewagte Bemerkungen über dieses wunderschöne Mädchen. Er tat so, als habe er nichts gehört, und ging etwas weiter. Von weitem winkte er Don Baldesi zu, der mit zwei anderen Männern ein Souterrain mit Eimern freiräumte. An einer Hauswand hing ein Schild, auf das jemand mit der Hand geschrieben hatte: Rheumakranke, probiert den Schlamm von San Niccolò für eure Fangopackungen, heute besonders günstig.
Die Verkäuferin kam nach fünf Minuten, die sich für Casini wie eine Ewigkeit angefühlt hatten, mit einem zweiten Besen in der Hand zurück. Sie beachtete die beiden jungen Männer nicht weiter und kehrte nun Seite an Seite mit ihm den Schlamm weg.
»Ist die Bluse gut angekommen?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen.
»Ja, sehr, aber leider habe ich mich in der Größe vertan.«
»Zu groß?«
»Zu klein.«
»Wenn der Laden wieder geöffnet ist, können Sie kommen und sie umtauschen.«
»Danke.«
»Frauen sind nicht leicht zufriedenzustellen.«
»Das habe ich von klein auf gelernt, aber ich falle jedes Mal von Neuem herein.«
»War sie für Ihre Angebetete?«
»Für eine Freundin.«
»Eine ganz besondere Freundin?«
»Nein, nur eine Freundin …« Sie unterhielten sich weiter über Nichtigkeiten, scherzten, ohne die Arbeit zu vernachlässigen. Casini ließ sich zu törichten Witzen hinreißen, die die junge Frau zum Lachen brachten, und fühlte sich immer attraktiver und jünger, aber er spürte auch das Prickeln der Gefahr. Vielleicht bildete er sich das alles nur ein, und sie hatte einfach Lust, sich mit jemandem zu unterhalten.
Als sie leises Wimmern hörten, drehten sie sich um. Zwei Männer transportierten eine alte Frau auf einer Schranktür, die sie als Trage benutzten. Die Frau stöhnte vor Schmerzen, die von einer bösen Wunde am Schienbein herrührten, und Blut tropfte in den Schlamm. Um sie die Steigung hinaufzubringen, traten andere Leute hinzu und griffen nach der improvisierten Trage. Casini lehnte den Besen an die Mauer und ging näher heran, um sich die Wunde anzusehen.
»Halten Sie mal kurz«, sagte er und zog ein sauberes Taschentuch aus seiner Jackentasche.
»Sind Sie Arzt?«, fragte einer der Träger.
»Von der Polizei.« Er knotete das Taschentuch eine Handbreit oberhalb der Wunde fest um das Bein, um den Blutfluss zu stoppen. Ohne dass die Frau es sah, gab er den anderen zu verstehen, dass der Knochen gebrochen war.
»Was ist passiert?«, fragte er die Frau.
»Ich bin ausgerutscht und gegen eine Eisenkante gestoßen …«
»Sie muss sofort in ein Krankenhaus, bei dem Schmutz hier besteht die Gefahr, dass das Bein sich entzündet.« Casini suchte nach seinen Wagenschlüsseln.
»Werde ich das Bein verlieren?«, fragte die Frau voller Panik.
»Na, Sie haben doch zwei …«, meinte Casini scherzhaft.
»Wird man es mir wirklich abnehmen?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden besser laufen können als vorher«, beruhigte sie der Kommissar überzeugend. Er sagte den Männern, sie sollten vor der Osteria auf ihn warten, warf der schönen Verkäuferin zum Abschied einen Blick zu und lief los, um den Fiat 1100 zu holen. Sie betteten die Frau auf den Rücksitz und legten eine Decke über sie. Als Casini hinter dem Steuer Platz nahm, öffnete sich die Beifahrertür, und die junge Frau stieg ein.
»Ich komme mit.«
»Wie Sie wollen«, sagte Casini, zeigte jedoch nicht, wie sehr er sich darüber freute. Sie fuhren die Steigung hinauf und bogen oben in die Via dei Bastioni ein. Bei jedem Ruckeln des Wagens stöhnte die Frau auf. Die Verkäuferin drehte sich um und redete mit ihr, um sie abzulenken, brachte sie sogar zum Lachen.
Sie fuhren den Alleenring bis zur Fortezza da Basso, dort fuhren sie abwärts über die Via Statuto. Casini drehte den Kopf, um das geschlossene Haushaltswarengeschäft des Wucherers zu betrachten, und ihm ging ein Sprichwort durch den Kopf, das seine Mutter immer benutzt hatte: Wer zu viel will, erreicht gar nichts. Er musste
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