Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
gehabt, mit einer wunderschönen jungen Frau zu reden … und er würde gut daran tun, sie sich sofort aus dem Kopf zu schlagen, wenn er nicht wieder einen Reinfall erleben wollte. Einmal richtig ausschlafen, und morgen war ein neuer Tag.
Casini seufzte tief, dann kehrte er zum Lagerplatz der Flutopfer zurück. Er war wie betäubt, aber das lag nicht nur an seiner Erschöpfung. Nein, er musste gegen diese absurden Hoffnungen ankämpfen, die sich in seinen Kopf schlichen. So alt wie jetzt hatte er sich noch nie gefühlt. Und unbeholfen, plump, sogar ein wenig lächerlich. Er kam sich vor wie ein Bär, der einem bunten kleinen Schmetterling nachjagte. Das Beste wäre, sich von der Runde zu verabschieden und schlafen zu gehen.
Als er unten angekommen war, sah er erneut den Grund für seine Qualen und biss sich auf die Lippe. Die Gitarre war verstummt. Einige Leute hatten sich zum Schlafen hingelegt, andere saßen in Grüppchen um die qualmende Glut und unterhielten sich leise. Don Baldesi hatte sich in eine Decke gewickelt und schnarchte. Eleonora trug die Haare jetzt offen, und sie war ganz ohne Zweifel die schönste Frau der Welt. Ziemlich gelangweilt hörte sie dem Geplauder der beiden Studenten zu, die sie mit den Augen verschlangen. Als sie Casini bemerkte, sah sie ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an.
»Haben Sie den bösen Wolf getroffen?«, fragte sie leise.
»Nein, nur die gute Fee.«
»Vielleicht war es ja eine Hexe.«
»Ich hatte schon immer ein Faible für Hexen.« Den Studenten schien es überhaupt nicht zu gefallen, dass dieser alte Knacker ihnen in die Quere kam, und sie ließen deutlich erkennen, dass sie es kaum abwarten konnten, dass er verschwand. Doch die junge Frau achtete nicht auf sie und unterhielt sich weiter mit dem alten Knacker.
»Stimmt es, dass Sie Polizeikommissar sind?«
»Wer hat Ihnen das verraten?«
»Dann stimmt es also wirklich … Das hätte ich nie gedacht.« Sie sah ihn aufmerksam an. Den Studenten gefiel dies überhaupt nicht. Casini steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
»Dabei heißt es doch, dass man einen Bullen schon von weitem erkennt.«
»So etwas merke ich nie.«
»Sie haben viele andere gute Eigenschaften«, sagte Casini und ließ seine Stimme väterlich klingen. Er wollte nicht wie ein hoffnungsloser Verehrer wirken und sich genauso aufführen wie diese beiden armseligen Studenten.
»Womit befassen Sie sich genau?«, fragte die junge Frau weiter.
»Mit Mord.«
»Ach wirklich? Und wenn jemand umgebracht wird, gehen Sie hin und sehen sich die Leiche an?«
»Ich kann nicht anders, es ist stärker als ich«, antwortete Casini, gleichermaßen erstaunt und glücklich über so viel Interesse. Die junge Frau stand auf und kam zu ihm, ohne auf den enttäuschten leisen Protest der beiden Galane zu achten.
»Das ist ja schrecklich.«
»Jemand muss es tun, wenn man den Mörder fassen will.« Seite an Seite gingen sie den abschüssigen Weg hinunter.
»Macht Ihnen das nichts aus?«, fragte sie, und auf ihrer Stirn erschien eine nachdenkliche Falte.
»Der Krieg war eine ausgezeichnete Übung.« Casini brachte bewusst ins Spiel, dass er ein erfahrener Mann war. Wie sollten zwei kleine Studenten mit ihm, einem Soldaten der Legion San Marco, mithalten?
»Ich bin im Krieg geboren und erinnere mich an nichts«, erklärte Eleonora.
»Da haben Sie Glück«, sagte Casini leise. Die junge Frau blieb vor ihrer Haustür stehen. Im fahlen Mondlicht hob sich ihr Gesicht kaum von der Dunkelheit ab.
»Sind Sie verheiratet?«, fragte sie unvermittelt.
»Nein.«
»Waren Sie es?«
»Nein.«
»Dann sind Sie also ein Frauenheld?« Sie lachte.
»Das wäre ich gern, aber leider verliebe ich mich jedes Mal«, antwortete Casini mutig und sah ihr in die Augen. Sie schauten einander einen schier endlos scheinenden Moment lang stumm an, dann zuckte die junge Frau kaum merklich mit den Schultern und sagte: »Ich glaube, ich gehe jetzt schlafen.«
»In der überschwemmten Wohnung?«
»Ich übernachte im dritten Stock, bei einem alten Ehepaar.«
»Und Ihr Bruder?« Casini wollte sie nur noch einen Augenblick zurückhalten.
»Antonio ist bei meinen Eltern, aber ich bleibe lieber hier allein … Jetzt gehe ich aber, ich bin todmüde.«
»Gute Nacht.«
»Kommen Sie morgen wieder zu uns?«, fragte sie zu seiner Überraschung.
»Wenn ich die Zeit dazu finde.«
»Gute Nacht«, meinte sie und verschwand im Hausflur, wobei sie sich den Weg mit einer Taschenlampe
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